Feuerwehr in Reichardtswerben Feuerwehr in Reichardtswerben: Bei Hartmut Franke gilt: Einer für alle, alle für einen

Reichardtswerben/MZ - Hartmut Franke weiß, was er an seinen Kameraden hat und umgekehrt. Deshalb haben sie nach einem gemeinsamen Dienst mit einem Bier auf die Ehrennadel der Stadt angestoßen, die dem 58-Jährigen verliehen wurde. Denn bei der Feuerwehr in Reichardtswerben zählt er noch etwas, der alte Wahlspruch der Musketiere: Einer für alle, alle für einen.
Das ist vor allem beim Einsatz wichtig. Da könne man nicht lange überlegen, sagt Franke und verweist auf einen Unfall vor Jahren im Ort. Damals brannte ein Auto, weil der Fahrer bei einem Herzanfall das Gaspedal solange durchgetreten hat, bis der übertourte Motor in Flammen stand. Tür auf, die verkrampften Hände vom Lenkrad gelöst, den Mann nach draußen gezogen und mit Herzdruckmassage Wiederbelebungsversuche gestartet: vergeblich. „Da darf man den Kopf nicht in den Sand stecken und muss vor allem miteinander reden.“ Denn solche Einsätze gehen an die Nieren und das steckt nicht jeder so leicht weg.
Oder beim Brand in einem Wengelsdorfer Wohnhaus vor gut fünf Monaten. Der Blitz hatte eingeschlagen, die Energieleitung war nicht abgeschaltet, so dass Feuerwehrleute nach einem Stromschlag ins Krankenhaus mussten. Und die Löschwasserbereitstellung war so miserabel, dass eine Schlauchleitung zu einem benachbarten Pool gelegt werden musste. Franke sagt, dass man sich und andere nie in Gefahr bringen dürfe. Oberstes Gebot sei deshalb, beim Eintreffen vor Ort die Lage zu sondieren und alles im Blick zu haben.
Der Mann hat ein Helfersyndrom, seitdem er mit 16 Jahren in die Kriechauer Wehr eingetreten ist. Heute sagt er, dass dort die Gemeinschaft schon immer gestimmt habe, bereits die Jugendlichen mit zufassen durften, wenn die gestandenen Feuerwehrleute zum Dienst zusammenkamen. Er habe einen Mühlenbrand in Schkortleben erlebt und wie ein junger Kamerad aus reinem Geltungsdrang Feuer gelegt hat, um als erster vor Ort zu löschen. Das hat Franke geprägt.
Als er dann nach Reichardtswerben in ein schmuckes Eigenheim gezogen ist, fuhr er weiter nach Kriechau. Denn dort stimmte ja die Chemie, während in seinem neuen Heimatort die Wehrleute auseinanderliefen. Hartmut Franke wurde schließlich gebeten zu wechseln, und dass sich die Situation besserte, daran hat er einen Anteil. Er nennt nur einen Punkt: Der Umzug aus der Kneipe in die Gemeinderäume, damit die wichtigen Schulungen nicht länger zu Bierabenden verkamen. Seit 1991 ist er in Reichardtswerben am Ball, wurde 1996 Wehrleiter und ist seit mehr als fünf Jahren Stellvertreter von Christian Bernecke.
In diese Zeit fielen die Einweihung eines Gerätehauses und die Vorbereitung zur Anschaffung eines neuen Löschfahrzeuges, das 2010 mit Unterstützung durch die Gemeinde in Dienst gestellt werden konnte. Vorher hat Franke als Maschinen- und Traktorenschlosser am 30 Jahre alten W 50 undichte Leitungen oder Stopfen am Zylinder gewechselt, damit das Auto einsatzbereit blieb. Heute verfügt die Wehr über 25 aktive Kameraden. Vier Frauen mischen mit und bei elf Jugendlichen, die man auch mit Freizeitaktivitäten bei der Stange hält, muss niemandem um den Nachwuchs bange sein. Doch nicht nur bei Hilfeleistungen wie dem Juni-Hochwasser stehen die Kameraden füreinander ein. „Braucht mal jemand privat Unterstützung, findet sich bei uns immer eine Lösung“, wie Franke sagt.