Drohendes Aus für Geburtshilfe Drohendes Aus für Geburtshilfe in Weißenfels: Klinik-Geschäftsführer spricht von "schwerem Schlag"

Weißenfels - Nachdem sechs Hebammen gekündigt haben, droht der Geburtshilfe an der Weißenfelser Asklepios-Klinik in einigen Monaten das Aus. Redakteur Andreas Richter sprach über die aktuelle Lage mit dem Geschäftsführer der Klinik, Christian Lorch.
In einer ersten Reaktion war davon die Rede, dass die Kündigung der Hebammen für die Klinikleitung überraschend gewesen sei. Können Sie das bitte erklären?
Lorch: Nachdem uns Anfang vergangener Woche drei unserer sieben Hebammen aus unterschiedlichsten Gründen ankündigten uns zu verlassen, haben wir Lösungsvorschläge unterbreitet, wie die vier verbleibenden Hebammen entlastet und die Dienste auch künftig sichergestellt werden können. Wir haben beispielsweise Gespräche mit zwei unserer Krankenschwestern aufgenommen, die ausgebildete Hebammen sind, um sie wieder für eine Tätigkeit als Geburtshelferinnen zu gewinnen.
Ohne dass diese Gespräche beendet sind oder andere von uns vorgeschlagene Lösungen konkretisiert werden konnten, haben uns am vergangenen Mittwoch sechs Hebammen gekündigt. Für uns kam dieser Schritt überraschend und ist zu diesem frühen Zeitpunkt für uns nicht nachvollziehbar.
Was konkret haben Sie vorgeschlagen?
Lorch: Weitere Möglichkeiten wären eine Anpassung des Dienstsystems, so dass künftig nur noch eine gebärende Frau zur selben Zeit betreut wird. Bislang konnten zwei gleichzeitig von einer Hebamme betreut werden. Denkbar ist auch, die Dienstzeiten etwa auf die Abend- und Nachtstunden zu begrenzen. Eine weitere Option wäre, einen Teil der Geburten an andere Kliniken abzugeben.
Die Geburtsstation in Weißenfels zu schließen, ist für Asklepios keine Option?
Lorch: Die Geburtshilfe in Weißenfels stand für uns zu keiner Zeit zur Disposition. Für uns steht aber auch die Sicherheit für Leib und Leben der werdenden Mütter an erster Stelle, und das bedeutet, dass jede Geburt durch eine Hebamme begleitet wird. Das schreibt auch der Gesetzgeber vor. Wir suchen nun mit aller Kraft nach neuen Hebammen, was aufgrund des bundesweiten Hebammenmangels nicht leicht ist. Deshalb ist die Tatsache, dass wir nun gänzlich ohne Hebammen dastehen, für uns ein schwerer Schlag.
Eine Schließung der Geburtsstation könnte ja durchaus weitere Konsequenzen für das Haus haben...
Lorch: Noch einmal: Wir wollen die Geburtshilfe in der Region aufrechterhalten. Frauen, bei denen eine Frühgeburt absehbar ist, wollen natürlich bei uns entbinden.
Kehren wir zurück zu den Hebammen. Deren Forderung nach einer Festanstellung wird von der Klinik abgelehnt.
Lorch: Soweit wir wissen haben die Hebammen gekündigt, weil sie sich aufgrund der Absicht dreier ihrer Kolleginnen uns zu verlassen, außerstande sehen, die Dienste aufrecht zu erhalten. Das Thema Festanstellung haben wir auch gemeinsam mit den Hebammen erörtert. Im Ergebnis räumten die Hebammen ein, dass eine Festanstellung mit einer fixen 40-Stunden-Woche ihren eigenen Ansprüchen entgegensteht.
Die Beleghebamme ist eine freiberuflich arbeitende Hebamme, die mit einer oder mehreren Geburtskliniken einen Belegvertrag abgeschlossen hat oder in einem Krankenhaus mit sogenanntem Belegsystem arbeitet. Die Beleghebamme arbeitet im Schichtdienst im Kreißsaal oder der Wochenstation einer Klinik.
Immer häufiger schließen sich Hebammen zu Praxisgemeinschaften zusammen. Diese bieten bereits vor der Geburt eine umfassende Schwangerschaftsvorsorge und Geburtsvorbereitung an. In Deutschland haben Frauen ab Feststellung der Schwangerschaft einen Anspruch auf eine Hebamme. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für alle Leistungen, die im Hebammenvergütungsvertrag geregelt sind. Die Leistungen der privaten Krankenversicherungen sind vom jeweiligen Vertrag abhängig. In Deutschland muss bei Geburten generell eine Hebamme anwesend sein. Die Betreuung der Frauen wird in der Regel auch nach der Geburt des Kindes fortgesetzt.
Denn dann bliebe den Hebammen kaum Zeit, sich um die Vor- und Nachsorge der Frauen in den Praxen und bei Hausbesuchen zu kümmern. Und darüber hinaus können vier Hebammen, die jeweils 40 Wochenstunden arbeiten, die Dienste in der Geburtenstation nicht rund um die Uhr abdecken. Zunächst bedarf es also weiterer Hebammen, um die Dienste zu sichern.
Es gibt aber Kliniken mit fest angestellten Hebammen.
Lorch: Das ist richtig. Doch hier handelt es sich in der Regel um deutlich größere Häuser mit erheblich mehr Geburten pro Jahr. Die Weißenfelser Klinik ist mit rund 500 Geburten im Jahr eher eine kleinere Einrichtung. Hier bietet das Beleghebammen-Modell für alle Beteiligten deutlich mehr Vorteile, insbesondere hinsichtlich der Flexibilität bei der Vor- und Nachsorge der Frauen.
Ein viel diskutiertes Thema sind die hohen Beiträge der Hebammen zur Haftpflichtversicherung. Wie steht die Asklepios-Klinik dazu?
Lorch: Hierzu muss ich klarstellen: Die Beleghebammen bei uns müssen ihre Haftpflichtversicherung nicht selbst tragen. Sie bekommen die Kosten erstattet, einen Teil übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung und den Rest tragen wir.
Die Fronten scheinen verhärtet. Wie soll es weitergehen?
Lorch: Zunächst einmal hoffen wir, dass unsere Hebammen hier noch nicht das letzte Wort gesprochen haben. Parallel bemühen wir uns mit Hochdruck um neue Hebammen. Gleichzeitig sprechen wir mit allen Partnern – kommunal und auf Landesebene. Ich bin sicher, dass wir Unterstützung erhalten und eine Lösung finden.
(mz)