Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Schutzmaske gegen Pilzgefahr
GOSECK/MZ. - Mit einem Stukkateureisen entfernt Heike Waletzko die Erde von den Knochen der rechten Hand. Ein schwarzer Punkt wird sichtbar, wenig später ist ein Ring freigelegt. Es ist ein spannender Moment für die 40-Jährige, die bei den archäologischen Ausgrabungen im Gosecker Schloss immer mal wieder als Ein-Euro-Jobberin dabei ist. "Wir haben schon vorher wegen des breiteren Beckens gewusst, dass es sich um ein Frauenskelett handelt. Dass ich nun sogar einen Ring gefunden habe, das ist schon was."
Die Goseckerin ist seit 2005 arbeitslos und sagt, das man sich natürlich mehr für Geschichte interessiere, wenn faktisch vor der Haustür Ausgrabungen stattfinden. Geht für sie im April das halbe Maßnahmejahr zu Ende, ist sie wieder auf die Arge angewiesen. "Aber ohne Fahrerlaubnis und mit dem Älterwerden wird es immer schwieriger, etwas zu finden."
Inzwischen säubert sie mit dem Staubsauger ein anderes Skelett, trägt wieder Schutzanzug und eine Maske vor dem Mund. "Das ist jetzt Pflicht", sagt Grabungsleiter Serge Reich. "Als wir auf das orangen gefärbte Skelett der Frau stießen, dachten wir erst an den Fluch des Tutanchamun." Dessen Mumie sah ähnlich aus, raffte der "aspergillus flavus", ein gefährlicher Pilz, jene dahin, die in seine Nähe gekommen waren. In Goseck gab es deshalb einen dreiwöchigen Grabungsstopp, ehe feststand, dass es sich um eine ungefährlichere Pilzart handelt, die laut Reich in der Gruft, den Mauern oder im Holz der Kirche nistet.
Die Entdeckung von inzwischen vier Bestattungen im südlichen Querhaus ist auch für den 34-Jährigen etwas Besonderes. Denn einerseits ist dieser Ort, den die Mönche auf ihrem Weg vom Kreuzgang zur Klosterkirche durchschritten haben, ein ganz besonderer: Hier konnten sie in Ruhe der Toten gedenken. Andererseits wurde der Ort aber nicht in jeder Klosteranlage für Bestattungen genutzt.
Wer die Toten sind, wird wahrscheinlich ein Geheimnis bleiben. Bei der Frau könnte es sich um die Gattin des Bernhard von Pöllnitz handeln, der hier in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts umfangreiche Umbauten vornehmen ließ. Der etwas abgenutzte schwarze Ring als Zeichen der Trauer könnte dafür laut Serge Reich ein Indiz sein, hatte die Frau vor ihrem eigenen Tod doch Mann und Söhne verloren. Für Reich ist ein solcher Fund ein absoluter Glücksfall.
In einem weiteren Grab fanden sich nur noch Oberschenkelknochen und der Deckel eines Abtgefäßes. Der Grabungsleiter verweist auf eine alte Chronik, in der die Umbettung eines der ersten Äbte festgehalten ist. Das könnte passen, muss es aber nicht. Derzeit wird Stück für Stück ein weiteres Skelett freigelegt. Es ist in einem Steinkistengrab mit Kopfnische bestattet und war einst mit einem hölzernen Sargdeckel geschlossen. "Diese Art der Bestattung passt ins 11. Jahrhundert, könnte es sich hier um einen der Gosecker Pfalzgrafen handeln." Ob sich das noch anhand von Grabbeigaben beweisen lasse, müsse man abwarten.
Läuft die derzeitige Maßnahme mit acht Ein-Euro-Jobbern Ende April aus, gibt es bei den Ausgrabungen erst einmal eine Pause. Im Juli wird Serge Reich dann mit Studenten die Außenmauern des nördlichen Querschiffs freilegen. Die sollen trockengelegt, zuvor aber soll das Erdreich archäologisch untersucht werden.