Burgenlandkreis: Burgenlandkreis: Im Bad, beim Basteln und Basketball

PRITTITZ/WEISSENFELS/MZ. - Wenn Ines Koschnick malen möchte, sagt sie Birgit Papke bescheid. Auch für eine Runde im Park, fürs Waschen und zum Shoppen kommt Birgit Papke zu ihr - und zwar dann, wann Ines Koschnick Assistenz benötigt. Und das beste daran: Die schwerbehinderte Weißenfelserin kann Birgit Papke dafür bezahlen. Dank der Einführung des persönlichen Budgets ist sie Arbeitgeberin und kann bestimmen, wer sie wann und wobei unterstützt.

Seit 2008 haben Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung ein Recht darauf, ihnen zustehende Sachleistungen als Geldleistungen zu erhalten. Sie können die verschiedenen Leistungsarten auch kombinieren - so wie es für ihren persönlichen Lebensentwurf am besten passt.

Ines Koschnick lebt bei ihrer Mutter in Weißenfels. Morgens hilft ein Pflegedienst oder die Nachbarin beim Aufstehen. Sowohl der Institution als auch der Nachbarin zahlt Ines Koschnick dafür Geld. Ein wichtiger Punkt der Regelung: Menschen mit Handikap sollen selbst entscheiden, wer ihnen hilft.

Kai Frühwirth, Leiter der Integra-Beratungsstelle für Behinderte, sagt, die Leistungen zusammenzustellen und einzeln abzurechnen, sei aufwändig und mit vielen Formularen verbunden. "Man braucht Hilfe, um das System zu verstehen", gibt er zu, fügt aber gleich an: "Aber es ist eine tolle Idee." Als die Neuregelung vor drei Jahren kam, benötigte die Bearbeitung der Anträge noch drei Monate Zeit. Heute dauere es nur einen Monat. Außerdem habe sich die Zusammenarbeit besonders mit dem Sozialamt "sehr gut entwickelt", so Frühwirth. Ines Prassler, Behindertenbauftragte des Landkreises, bestätigt seinen Eindruck: "Das persönliche Budget ist bekannter geworden."

117 Anträge wurden zwischen 2008 und 2010 im Burgenlandkreis bewilligt. Wobei die Zahl der Anträge jährlich stieg: von 38 im ersten Jahr auf 40 im zweiten und 77 im Jahr 2010.

Ines Koschnick holte sich für ihren Antrag Hilfe bei der Integra. Sie leidet an Muskeldystrophie - ihre Muskulatur schwindet. Sie kann nicht laufen, nichts heben, nicht mehr schreiben. Aber ihr Kopf funktioniert prächtig - sie unterhält sich und flachst, lacht, macht gern Einkaufstouren. Und sie liebt es, die Spiele des Mitteldeutschen Basketball Clubs zu besuchen. "Ohne das persönliche Budget wäre ich entweder in stationärer Betreuung oder die ganze Zeit zu Hause", sagt sie.

Ines Koschnick hat persönliche Assistenz beantragt. Nach ihren Wünschen begleiten Birgit Papke und Monika Schlegel sie durch den Tag und die Wochen. "Ines ist der Kopf, ich bin die Hand", so erklärt Birgit Papke die Arbeitsteilung. Wenn Ines Koschnick malen möchte, holt sie Pinsel, Farben, Leinwand und führt der 45-Jährigen die Hand. Sie unterstützt dort, wo die Muskeln nicht mehr ausreichen.

Wochentags wird Ines Koschnick nach dem Aufstehen ins Tagesbetreuungszentrum Prittitz gefahren. Die Betreuung in dem bunten Haus, das ebenfalls zur Integra gehört, nimmt sie als Sachleistung wahr. Birgit Papke ist als persönliche Assistenz dabei, deren Arbeit entlohnt Ines Koschnick aus dem persönlichen Budget. Gemeinsam wird in Prittitz gekocht, gegessen, gebastelt und es gibt Spaziergänge.

Die Behindertenbeauftragte des Burgenlandkreises, Ines Prassler, betont, das Geld sei keine zusätzliche Leistung sondern die Umrechnung der Kosten, die eine vorgegebene Betreuung ohnehin verursacht hätte.

Ines Prassler setzt Hoffnungen in das persönliche Budget: "Die Leute unterhalten sich und geben ihre Erfahrungen weiter." Und Kai Frühwirth fügt hinzu: "Jeder muss das persönliche Budget für sich selbst entdecken - gute Beispiele helfen allerdings." Ines Koschnick ist jenes Beispiel. Sie ist zufrieden mit der Lösung für sie. Und hat sich ihr Leben nach den eigenen Wünschen eingerichtet.

Beratungsstelle Naumburger Straße 85, in 06667 Weißenfels, Telefon: 03443 / 23 71 52 46 , E- Mail: [email protected]