Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Ein Traum von Technik
MARKRÖHLITZ/MZ. - Vom Hirschberg hat Dirk Glotz den Blick über das kleine Tal hinüber zur Zeuchfelder Straße. Die Ferienidylle am Rande von Markröhlitz ist aber nicht der Grund, warum der 43-Jährige in DDR-Zeiten kaum in den Urlaub gefahren ist. Immerhin war er Traktorist bei der "Pflanze", wie die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft genannt wurde. Da war im Sommer Erntezeit und er konnte Fahrten nach Bulgarien und in die Hohe Tatra in Tschechien erst nach der Wende nachholen.
Eigentlich hatte er Gärtner werden wollen. Immerhin hat er als Junge der Großmutter oft auf dem Stück Land am Haus helfen müssen. Dem Großvater, der die letzten 20 Jahre seines Lebens blind war, holte er Pflaumen und Äpfel von den Bäumen. Aber als Dirk Glotz aus der Schule kam, war gerade keine Lehrstelle frei. Also wurde er Traktorist und obwohl er als damals 23-Jähriger als einer der ersten mit entlassen wurde, spricht er von seinem Traumberuf. Unter freiem Himmel und in der Natur zu arbeiten, das sei sein Ding gewesen. Für die Technik entwickelte er zeitig eine Leidenschaft. Sein S-51-Moped, das er sich vom Jugendweihegeld gekauft hat, steht noch immer in der Scheune, fährt er auf ihm durchs Dorf. Als 16-Jähriger machte er die Motorradprüfung und kaufte sich eine 150er ETZ. Da ging es oft in die Müchelner Eisdiele, nach Roßbach zum Baden oder zu Motocross-Veranstaltungen. Sogar einen Traktor besitzt Glotz, der diesen im Mai beim ersten Schlepppertreffen, das er mit organisiert hat, den Besuchern präsentierte.
Der 43-Jährige bereut zwar, dass er in der Schule nicht besser als Durchschnitt gewesen sei, doch sein Auskommen habe er immer gehabt: als Friedhofsarbeiter, als Maurer, Putzer, im Straßen- und Gerüstbau. Nach einem Arbeitsunfall schulte er zum Kaufmann im Großhandel um und sucht derzeit einen Job. Doch zu tun hat er daheim immer: Dirk Glotz baut Kartoffeln, Tomaten, Gurken und Bohnen an, füttert aber auch Kaninchen. Es sind nur noch wenige. In DDR-Zeiten waren es sogar mal an die 150. "Wenn man die verkauft hat, kam man zu mehr Geld, als monatlich in der Lohntüte steckte."
Von Markröhlitz wegziehen? Glotz, der mit seinem Bruder und dessen Frau in einem Haus wohnt, schüttelt den Kopf. "Hier bin ich aufgewachsen und kenne jeden." Viel habe sich verändert im Dorf. Fast alle Straßen, die früher schlechte Feldwege waren, seien saniert. Nicht geändert habe sich aber das Miteinander der Leute. In seinem Partyraum, in dem früher, Kühe, Schweine, Kaninchen und Pferde standen, treffen sich die Eierbettler, zu denen er seit 1989 gehört. Hier kommen mitunter außerdem die Kumpel zum sonntäglichen Frühschoppen zusammen. "Und sie helfen, wenn ich jemanden brauche, und genauso gebe ich gern Unterstützung."
Das begründet auch, warum sich Dirk Glotz neben vielen anderen für die Erhaltung der Dorfkirche engagiert. Seit zehn Jahren hat er bei der Dachsanierung geholfen, die Bretter der Tonnendecke mit abgenommen, Wände verputzt, den Fußboden erneuert sowie Bänke gestrichen. Der Markröhlitzer erzählt: "Meine Eltern waren mit die letzten, die in der Kirche getraut wurden, und mein Bruder und seine Frau die ersten, die im Vorjahr wieder vor dem Altar gestanden haben." Man habe die Kirche vor dem Verfall bewahrt. Und fürs Gotteshaus will sich nun auch der neu gegründete Kultur- und Sportverein mit engagieren, in dem Dirk Glotz mitmischt. Bei einem Konzert mit dem Sänger Carly Peran seien im Sommer 1 000 Euro eingenommen worden. Damit wird der Glockenturm nun mit Schweißbahnen abgedeckt und der Anschluss zur Kirchenwand so hergestellt, dass kein Wasser mehr eindringen kann. Neben dem Förderverein der Kirche will man weitere Konzerte organisieren. Das Leben im Dorf soll weiter mit einem jährlichen Fußballturnier bereichert werden und die Neuauflage eines Schleppertreffens ist geplant. Es ist Dirk Glotz' Traum von Technik.