Bewertungen im Internet Bewertungen im Internet: Schlechte Noten für Ärzte bei Jameda

Weißenfels - Verärgerte Patienten haben mit Bewertungsportalen für Ärzte ein Ablassventil gefunden. Mit Titeln wie „Nie wieder“ oder „Total inkompetent“ berichten sie von negativen Erlebnissen in der Sprechstunde. Mit Noten wie Behandlung 5, Aufklärung 5, Vertrauen 6, genommene Zeit 6 und Freundlichkeit 6 geht die Bewertung meist weiter.
Doch die könnte für den Mediziner verheerende Folgen haben. Auf der Suche nach einem Arzt sind im Netz eine Reihe von Bewertungsportalen zu finden, die alle eins garantieren: Qualität und echte Bewertungen. Gerade wenn eine Person noch nicht lange an einem Ort lebt, können solche Plattformen hilfreich sein. Eine davon ist Jameda. Sie bezeichnet sich selbst als größtes Ärzteportal in Deutschland. Bewertet sind die Mediziner mit einer Note, die aus verschiedenen Teilnoten berechnet wird. In Weißenfels spuckt das Internet 249 Treffer aus. Allerdings ist die Bandbreite sehr groß, reicht vom Hausarzt bis zum Facharzt, von der Hebamme bis zur Physiotherapie.
Die Bewertung ist vielfältig und reicht von 1,0 bis zu einer glatten 6,0
Die Bewertung ist vielfältig. Sie reicht von 1,0 bis zu einer glatten 6,0. Die Bewertungen erfolgen anonym und können auch bei ein und demselben Arzt recht unterschiedlich sein.
Für die MZ war es schwierig, einen Arzt zu finden, der dazu Stellung nimmt. Gründe dafür waren die Behandlung von Patienten in der Sprechstunde oder volle Wartezimmer. Zwei Mediziner äußerten sich, wollten aber namentlich nicht genannt werden. Sie würden sich nicht mit diesen Bewertungsportalen beschäftigen, sagen sie. Die Bewertungen haben somit auch keinen Einfluss auf ihre Arbeit. Wichtig ist, dass der Patient richtig und gut behandelt wird.
Die Anzahl der Bewertungen schwankt in Kleinstädten
„Unfreundliche Praxis, angefangen von den Schwestern bis hin zur Ärztin“, heißt es beispielsweise bei schlecht bewerteten Ärzten. „Einfach ein zuverlässiges Praxisteam“, „Freundliche und humane Art, nimmt sich Zeit für ein Gespräch und hinterfragt Symptome genau, Mitgefühl, kompetente Hilfe, weiterführende Empfehlungen, für mich meine erste Wahl, wenn ich ärztliche Hilfe brauche“, steht neben vielen weiteren Kommentaren bei den für gut befundenen Fachleuten geschrieben.
Die Anzahl der Bewertungen schwankt in Kleinstädten wie Weißenfels zwischen einer und 20 pro Arzt. In Leipzig liegen diese aber schon längst im dreistelligen Bereich.
Ob man auch wirklich der Patient des Arztes ist, muss nicht nachgewiesen werden
Um den Arzt oder die Klinik in dem Portal bewerten zu können, muss nur eine E-Mail-Adresse angegeben werden. Ob man auch wirklich der Patient des Arztes ist, muss nicht nachgewiesen werden. „Die Patienten können alles Mögliche schreiben. Niemand kann überprüfen, ob die Anschuldigungen übertrieben oder ausgedacht sind“, sagt Tobias Brehme, Sprecher der Ärztekammer in Sachsen-Anhalt. Die Plattformen werden deswegen häufig als Raum zum Luftmachen genutzt. Sich dagegen zu wehren ist aus der Sicht des Arztes aber schwierig.
„Sie unterstehen der Schweigepflicht und können sich deswegen kaum bei den Portalbetreibern dazu äußern“, so Brehme weiter. Doch um die Bewertung zu löschen, muss der Arzt sich vor dem Betreiber rechtfertigen. „Der Arzt muss also abwägen, wie viel Informationen er über den Patienten überhaupt preisgeben darf.“ Anonyme Beschwerden können nur schwer zugeordnet werden.
Negative Bewertungen können die Existenz der Praxis bedrohen
„So könnte sich ein Arzt positive Bewertungen ausdenken, aber auch vermeintliche Patienten negative“, erklärt Brehme weiter. Auch, dass Ärzte oftmals gar nicht wissen, dass sie in dem Portal gelistet und bewertet werden, bemängelt die Ärztekammer. „Viele werden erst durch Patienten darauf hingewiesen“, erklärt Brehme. Doch negative Bewertungen können die Existenz der Praxis bedrohen. Denn wer will schon zu einem Arzt, der viele schlechte Noten hat? Die Ärztekammer empfiehlt besonders Plattformen wie die Weiße Liste oder den AOK-Arztnavigator. Beide wurden geprüft und für zuverlässig empfunden.
„Was Online-Bewertungsportale angeht, haben wir hierfür kein eigenes Monitoring, reagieren aber anlassbezogen auf Lob und Kritik“, sagt Mathias Eberenz, Pressesprecher Asklepios-Klinik in Hamburg.
Die auf diesen Portalen geäußerte Kritik ist in der Regel nicht gut strukturiert und stellt zudem fast immer eine rein persönliche Meinungsäußerung dar, kritisiert er. Das gilt gleichermaßen für Kommentare per Facebook oder Twitter. Sie werden gerne anonym vorgenommen, was die Hemmschwelle zur Unsachlichkeit senkt. Grundsätzlich werden bei Asklepios Patientenbeschwerden ernst genommen. Lob und Kritik sollten schon in der Klinik geäußert werden. Auf Beschwerden kann dann schon während des Klinikaufenthaltes eingegangen werden, so Eberenz. (mz)