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Bestattungsgesetz Bestattungsgesetz: Grab im Garten ist vorstellbar

Von Andrea Hamann 15.05.2014, 18:48
Die letzte Ruhestätte im eigenen Garten ist für viele Menschen vorstellbar. Es könnt ein intimer Ort der Erinnerungen werden.
Die letzte Ruhestätte im eigenen Garten ist für viele Menschen vorstellbar. Es könnt ein intimer Ort der Erinnerungen werden. Peter Lisker Lizenz

Weissenfels/MZ - Das Grab im Garten soll nicht mehr verboten sein. Darüber diskutieren derzeit nicht nur die Grünen und die Linken im sachsen-anhaltischen Landtag. Die eventuelle Änderung des Bestattungsgesetzes ist auch ein Thema unter den Menschen in der Region. Das erfuhr die MZ während einer Umfrage.

„Ich würde sie alle mit nach Hause nehmen“, ist sich Ulrike Baetz aus Stößen sicher. Für sie ist der Friedhof kein geeigneter Ort zum Trauern. Zu Hause könnte sie mit ihrem Schmerz besser umgehen, sich die 34-Jährige sicher.

„Ich fände es gut, wenn das Gesetz gelockert würde“, sagt Sandra Zwirnmann aus Gröbitz. Hinter dieser Aussage stünde jedoch ein großes „Aber“, macht sie klar. „Es ist absolut zu bedenken, was mit den Gräbern im eigenen Garten wird, wenn dieser verkauft werden sollte.“ Außerdem sei in der hochwassergefährdeten Gegend der Grundwasserspiegel zu bedenken. „Es ist schon ein schwieriges Thema“, sagt die Gröbitzerin. Dabei dürfe auch nicht vergessen werden, dass der Friedhof einen psychologischen Hintergrund als ein Ort der Trauer habe. Sie würde sich interessieren, wie hoch der Bedarf von Menschen ist, ihre letzte Ruhestätte außerhalb der Friedhofsmauern zu wählen.

Familien haben oft keine Zeit

„Also ich fände es ganz in Ordnung, in eine Schmuckurne zu kommen“, sagt Hiltrud Otto. Ihr Mann Wolfgang nickt. Mit einem Bild von ihr daneben, das könne er sich für seine Frau als letzte Ruhestätte in den eigenen vier Wänden schon vorstellen. Heutzutage habe doch nur noch selten jemand Zeit, sich um die Gräber seiner verstorbenen Lieben zu kümmern, so die beiden Reichardtswerbener.

„Ich hätte nichts dagegen, wenn das Gesetz gelockert wird“, sagt auch Helga Strunk. Sie selber versorgt mit ihrer Tochter in Gröst die Gräber der Familie auf dem Friedhof. Das sei für sie ein Ort, an dem sie an die Angehörigen denken könne, so die Frau.

Gerhard Müller hat ein Bestattungsunternehmen in Hohenmölsen und in Zeitz. Er verfolgt die Diskussion interessiert. Er als Bestatter habe keine großen finanziellen Einbußen, wenn die Beisetzung als Leistung entfällt. Allerdings, so befürchtet er, könnten Menschen die Urnenbeisetzung zu Hause als kostensparend sehen. Dann würde vielleicht auch am Sarg und seiner Ausstattung gespart. „Dann müssten wir die Kalkulation so neu aufstellen, dass wir wieder hinkommen“, macht er klar. Es müsste vor einer Änderung des Gesetzes aber auch geklärt werden, ob die letzte Ruhestätte in einem privaten Garten frei zugänglich sein muss. Denn es gäbe ja oft mehrere Angehörige und nicht nur die Personen denen der Garten gehöre. Denn schlecht könne die Asche des Verstorbenen auf die Hinterbliebenen aufgeteilt werden.

Mario Kießling vom Bestattungsunternehmen „My Way“ in Weißenfels und Bad Dürrenberg ist sich sicher, dass sich bei den Liegezeiten etwas ändern muss. Sie würden für die Verstorbenen mittlerweile ja schon bis zu 30 Jahre betragen. So eine lange Zeit könnten sich Angehörige kaum richtig um das Grab kümmern, vermutet er. Würde diese Totenruhe verkürzt, würde sich die ganze Thematik wahrscheinlich schon entspannen. Prinzipiell ist er aber der Meinung, dass es jedem selbst überlassen werden sollte, was mit seinen sterblichen Überresten passiert.

Er selber konnte in seinen Geschäften feststellen, dass die Anfragen nach letzten Ruhestätten außerhalb eines Friedhofes verschwindend gering ist. Vielleicht würden weniger gut betuchte Menschen überlegen, so Geld zu sparen, aber im Allgemeinen werde schon Wert auf dieses Brauchtum gelegt, so Kießling. Es habe etwas mit Würde und Pietät zu tun, und das liege den Menschen für ihre Angehörigen am Herzen.

Martin Schmelzer ist der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Weißenfels und Burgwerben. „Womit befassen sich die Parteien Grüne und Linke eigentlich, wenn es doch dringendere Probleme gibt“, kann er die aktuelle Diskussion im Landtag nicht nachvollziehen.

Seiner Meinung nach sind Friedhöfe wunderbare Orte, Kerne von Dörfern und Städten in parkähnlicher Gestaltung. Dieser Ort der Ruhe könne ein Angehöriger in seinem eigenen Garten nur schwer finden, vermutet er. Außerdem sei der Prozess des Abschiednehmens während einer Bestattung unglaublich wichtig. Ebenso sei es wichtig, dass sich die Menschen Zeit nehmen, Zeit, um eine würdevolle Bestattung vorzubereiten, Zeit, um sie mitzuerleben und letztendlich auch Zeit, um anschließend an der gemeinsamen Kaffeetafel um den Verstorbenen zu trauern, an ihn zu denken und über ihn zu reden.

Ein Verfall dieser Rituale habe er in großen Städten beobachten können, so Pfarrer Schmelzer. Es sei aber wichtig, sie beizubehalten, nicht zuletzt, um mit diesem Lebensabschnitt in Ruhe abschließen zu können. Ob das im Garten möglich sei, sei jedoch fraglich.

„Ich bin da tolerant“, sagt der Weißenfelser Peter Blum. Allerdings sei für ihn auch eine Stele eine komfortable Möglichkeit der letzten Ruhestätte, so wie sie es immer häufiger auf Friedhöfen gäbe. Auf einer grünen Wiese beerdigt zu werden, könne er sich hingegen nicht vorstellen. Allerdings müsse auch bedacht werden, dass die Hinterbliebenen mit der Urne im Garten oder in der Wohnung immer daran erinnert werden, dass sie einen geliebten Menschen verloren haben.

In anderen Ländern sind Bestattungen im Garten üblich

„Wir haben das zwischen uns schon geklärt“, erzählt M. Wendler aus Weißenfels. Die Frau schaut zu ihrem Mann und er nickt bestätigend. Beide wollen sich in einer Stele beerdigen lassen. Die Kinder wohnen weit weg, hätten später kaum die Zeit, sich um die Gräber ihrer Eltern zu kümmern, vermuten sie und wollen es ihnen auch nicht zumuten. Ansonsten vertritt das Paar die Meinung, dass eine Urne in der Wohnung durchaus seinen Platz finden könnte, aber keinesfalls im Garten. „Was passiert denn damit, wenn er mal verkauft werden muss“, so das Paar.

„Ich finde das gut“, sagt hingegen Kerstin Ehret. Sie selber habe einen schönen Garten. Dort habe sich ihr Schwager gern aufgehalten. Als er tödlich verunglückte, hätte sie das Areal als Platz für seine Grabstelle gesehen. Es wäre ein Ort geworden, an dem man sich seiner hätte sehr gut erinnern können. In anderen Ländern sei das ja schon seit langem so üblich.

Stelen halte sie für eine gute Lösung. Allerdings kenne sie das Problem, dass der Platz davor mit Blumen vollgestellt werde und es leicht Streit darüber gibt, wenn ein Topf auf den anderen gestellt oder einem der Platz für seine Blumen streitig gemacht wird.