10-jähriges Jubiläum in Weißenfels 10-jähriges Jubiläum in Weißenfels: Lebensmittelausgabe für sozial Schwache

Weißenfels - Wie alles begann, daran kann sich Mathias Gröbner noch gut erinnern. Es war im Februar 2005, da wurden er und die Weißenfelserin Marlis Trommer in Chemnitz als Botschafter des Verbundnetzes Wärme, ein Netzwerk zur Förderung gemeinnützigen Engagements, ausgezeichnet.
Das zehnjährige Bestehen der Weißenfelser Tafel wird am Freitag, 19. Juni, mit einer Veranstaltung in der Tafelstube in der Kleinen Burgstraße 5 gewürdigt. Um 18 Uhr beginnt ein buntes Programm, zu dem kommunale Politiker und weitere Unterstützer der Tafel eingeladen wurden. Moderiert wird das Programm von Siggi Trzoß vom Berliner Rundfunk. Die Rotarier, die die Tafel seit vielen Jahren unterstützen und in diesem Jahr ebenfalls ihr Zehnjähriges begehen, sorgen für die Verpflegung der Gäste.
Am Rande der Veranstaltung begegnete Gröbner dem damaligen Weißenfelser Oberbürgermeister Manfred Rauner. Und bald sollte die Sprache darauf kommen, dass Weißenfels ebenso wie Naumburg eine Lebensmittelausgabestelle für sozial Schwache bräuchte.
Gröbner war zuerst skeptisch
„Ich war damals sehr skeptisch“, gibt Gröbner heute zu. Doch Rauner habe nicht lockergelassen und zahlreiche Unterstützer des Projekts gefunden. Und schließlich wurde am 7. Juni desselben Jahres in der Merseburger Straße 17 in Weißenfels, einem Gebäude der Wohnungsbau Wohnungsverwaltung Weißenfels GmbH, eine Lebensmittelausgabestelle für Bedürftige eröffnet. Noch heute ist Gröbner dankbar dafür, dass viele Sponsoren und Unterstützer das Projekt getragen haben und bis heute mittragen. „Es ist traurig, dass wir eine solche Einrichtung überhaupt brauchen. Doch das ist die Realität. Und deshalb stehe ich bis heute zur Tafel in Weißenfels“, erklärt der heutige Stadtrat Rauner zehn Jahre später.
Umzug in die Kleine Burgstraße
Wenn die Aktivisten der Tafel jetzt auf ein Jahrzehnt in Weißenfels zurückblicken, dann gehört als Einschnitt dazu auch der Umzug in die Kleine Burgstraße 5. Man habe bald gemerkt, dass der Standort in der Neustadt, an dem sich regelmäßig Schlangen Bedürftiger an einer verkehrsreichen Straße bildeten, nicht optimal ist, blickt Gröbner zurück. Und so ergab es sich, dass drei Jahre später eine Tafelstube in den zentral und zugleich etwas abseits gelegenen Räumen einer ehemaligen Buchdruckerei eröffnet wurde. Die Tafel musste das Objekt kaufen, und so begann ein zäher Kampf um die Finanzierung. Schließlich habe die Volks- und Raiffeisenbank - im Gegensatz zu einem anderen ortsansässigen Kreditinstitut - das Projekt mit einem zinslosen Kredit großzügig unterstützt, so Gröbner.
„Das waren damals turbulente Tage“, erinnert sich auch Heidrun Köhler. Die heutige Leiterin der Weißenfelser Tafelstube hat die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre von Anfang an miterlebt. Der Mitteldeutsche Rundfunk unterstützte seinerzeit das Projekt mit seiner Sendung „Mach dich ran“. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer und spendable Weißenfelser Firmen machten schließlich die Eröffnung der neuen Tafelstube am 13. März 2008 möglich. „Das ist mein Geburtstag. Und in jenem Jahr war es mein schönstes Geschenk“, sagt Mathias Gröbner.
Schwere Zeiten musste die Weißenfelser Tafel im vergangenen Jahr überstehen. Nach einer Tiefenprüfung des Finanzamtes wurden ihr unter anderem mangelhafte Buchführung vorgeworfen und Steuer-Nachzahlungen gefordert. „Wir haben das Ganze als großes Unrecht empfunden“, sagt Gröbner heute und ist zufrieden, dass die Tafel die folgenden Auseinandersetzungen erfolgreich bestehen konnte. „Wir haben gekämpft“, sagt Heidrun Köhler. Protest der Bedürftigen, Petition an den Bundestag - das sind hier nur zwei Stichworte. Selbst an Bundeskanzlerin Angela Merkel ging ein Brief. Immerhin hat sich ein persönlicher Mitarbeiter gemeldet.
Angebote mussten runtergefahren werden
Während der Nerven aufreibenden Monate musste die Tafel ihre Angebote runterfahren und die Öffnungszeiten einschränken. Ganz so wie in den ersten Jahren ist es noch immer nicht. Waren früher Lebensmittelausgabe und Tafelstube täglich geöffnet, so ist es heute von Montag bis Freitag. Das Kidscafé, Anlaufpunkt für Schulkinder, gibt es nur noch in abgespeckter Form. Erhalten geblieben ist der 2010 gegründete Tafelchor.
Wenn jetzt das zehnjährige Bestehen der Tafel begangen wird, dann ist das auch für Adelheid Hoffmann eine Zäsur. „Ende Juni ziehe ich mich zurück“, sagt die 68-Jährige, die in den zehn Jahren nahezu täglich bei der Ausgabe der Lebensmittel geholfen hat. „Ich war lange genug dabei. Die körperlich schwere Arbeit geht nicht spurlos an mir vorüber“, meint sie. Mathias Gröbner allerdings hofft, dass sie es nicht ganz so ernst meint mit ihrem Rückzug. „Die Weißenfelser Tafel ohne Adelheid Hoffmann ist eigentlich undenkbar“, sagt er und setzt darauf, dass er auch im zweiten Jahrzehnt auf ihren Rat und ihre Erfahrung bauen kann wie auf viele andere, die der Tafel wohlgesonnen sind. (mz)
