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Wiedereinrichter in Bösenburg Wiedereinrichter in Bösenburg: "Bin aus Liebe Bäuerin geworden"

Von Kornelia Privenau 14.10.2002, 17:59

Bösenburg/MZ. - "Bäuerin bin ich aus Liebe zu meinem Mann geworden", sagt Gudrun Scheffler, streicht sich durchs kurze dunkle Haar und lacht. Sie ist der weibliche Teil der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Ehemann Wolfgang und Sohn Carsten Scheffler gegründet haben. Nur Tochter Katja geht beruflich eigene Wege. Die Schefflers sind seit 1. Juli 1991 Wiedereinrichter in Bösenburg.

"Das Wort Wiedereinrichter sagt nicht viel", meint die Bäuerin und beugt sich, die Hände ineinander verschränkt, über den großen Küchentisch. In ihrem Rücken räkelt sich ein schwarz-weißer Mischlingshund auf einem ausgedienten Kanapee. Und auf die Familie Scheffler treffe das ebenso wenig zu wie auf ihre eigene. In der Seele, im Herzen, waren sie immer Bauern und nichts anderes.

Verstehen kann das nur, wer weiß: Der Schwiegervater saß im Stasi-Knast, ihre Eltern sind enteignet worden. Beide Familien mussten aus den gleichen Gründen Haus, Hof und Boden hergeben. Sie stellten sich gegen die Zwangskollektivierung in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG), verweigerten den Beitritt. Gudrun Scheffler hat das nicht weggesteckt, obwohl sie damals noch ein Kind war. Die heute 51-Jährige erinnert sich: "Wir wohnten auf einmal bei den Großeltern." Die Rückgabe des enteigneten Hab und Guts nach so vielen Jahren sei nur gerecht gewesen. Den verlorenen Lebensinhalt habe das den Betroffenen nicht wieder geben können, meint sie.

Auch deshalb war es für Schefflers nach der Wende überhaupt keine Frage, ob die Familie wieder Landwirtschaft betreiben wolle. Inzwischen wurde Land dazu gepachtet. In den Ställen stehen 70 Milchkühe und das dazugehörige Jungvieh. Außerdem werden zwei Haflinger gehalten, auf denen Kinder und Jugendliche reiten können. Wie es sich für einen richtigen Bauernhof gehört tummeln sich Hunde, Katzen und jede Menge Geflügel.

Gudrun Scheffler hat Handelskaufmann gelernt. Heute kommt ihr "die Rechnerei" zugute. "Ich erledige die Büroarbeiten", sagt sie, "und den Haushalt." Das bedeutet auch: Gudrun Scheffler macht das Essen für alle, die auf dem Hof arbeiten. Jeden Tag. Ihre Arbeit hat es in sich, auch wenn sie längst nicht mehr jede Kuh selber melken kann. Aber: "Wird ein Kalb geboren, bin ich glücklich, gebe ihm einen Namen." Die Stunden auf dem Hof zählt sie nicht. Arbeit habe eine Bäuerin Tag und Nacht, sonn- und feiertags. Wird das nicht auf die Dauer langweilig, immer nur Kuhmist und Hühnereier? Die Bäuerin lacht. "Meine Abwechslung ist die Arbeit im Landfrauenverband Mansfelder Land", sagt sie. Die Zeit dafür nimmt sie sich. Eben, um mal den Hof zu verlassen, mit anderen Frauen ins Gespräch zu kommen, etwas anderes zu sehen und zu hören. Aber dann will sie wieder auf ihren Hof. "Wir verkaufen Eier, Milch, selbst gemachten Quark und Butter, schlachten und verkaufen vor Weihnachten Geflügel", sagt sie. Packt diese Frau alles? Sie schüttelt den Kopf: "Traktor fahren kann ich nicht."