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Uranfreies Trinkwasser Uranfreies Trinkwasser: Fernwasser fließt in Sangerhausen ab Donnerstag

Von Helga Koch 06.09.2018, 10:51
Die Rappbodetalsperre im Harz hat ein Fassungsvermögen von 109 Millionen Kubikmetern Wasser. Zurzeit ist sie noch zu drei Vierteln gefüllt.
Die Rappbodetalsperre im Harz hat ein Fassungsvermögen von 109 Millionen Kubikmetern Wasser. Zurzeit ist sie noch zu drei Vierteln gefüllt. Schumann

Sangerhausen - Am Ende sollte die Geschäftsführerin des Wasserverbands Südharz recht behalten, als sie zum Baustart der neuen Fernwasserleitung im November 2017 die Fertigstellung für den September dieses Jahres ankündigte. Zu langsam, zu spät, schimpften die Vertreter der Sangerhäuser Bürgeraktion für uranfreies Trinkwasser und machten immer wieder Druck.

Jetzt  ist der Maßnahme-Zeitplan umgesetzt - trotz umfangreicherer Grabungen durch die Archäologen, trotz eines späten Winters, eines überaus verregneten Frühjahrs und eines staubtrockenen Sommers, der alle Menschen den Umgang mit dem Lebensmittel Wasser zu überdenken zwingt.

29.000 Menschen werden schrittweise Fernwasser erhalten

Ab diesem Donnerstag werden schrittweise rund 29.000 Menschen in Sangerhausen und Umgebung das Wasser aus dem Harz erhalten. Zuerst werden ein kleiner Bereich der Stadt Sangerhausen, Othal, Beyernaumburg, Holdenstedt, Liedersdorf und Sotterhausen beliefert. Am Montag folgen das restliche Stadtgebiet, Oberröblingen und Riestedt.

August 1996 - Leitung wird eingeweiht: Am 1. August  geht die neun Kilometer lange und 2,6 Millionen Euro teure Fernwasserleitung Osterhausen - Nienstedt in Betrieb. Die Midewa erwägt, sie in westlicher Richtung bis Sondershausen und Nordhausen weiterzuführen. Der Trinkwasserzweckverband des Kreises Sangerhausen plädiert für Fernwasser.

2004 - Hohe Uranbelastung: Es wird bekannt, dass im Südharz manche Tiefbrunnen zu hoch mit Uran belastet sind. 2009 lässt der Zweckverband Filteranlagen einbauen.

Oktober 2009 - Stadtgespräch: Im Glashaus des Sangerhäuser Europa-Rosariums prallen kontroverse Meinungen zur künftigen Wasserversorgung aufeinander. Dabei stellt sich heraus, dass der erste erhöhte Uranwert schon Ende 2004 gemessen und die Öffentlichkeit erst viel später informiert worden ist. Die große Mehrheit fordert Fernwasser.

März 2013 - Für Fernwasser: Eine Studie des Erfurter Ingenieurbüros Prowa empfiehlt die künftige Versorgung des Raumes Sangerhausen mit Fernwasser. Im Oktober ringt sich der Sangerhäuser Stadtrat dazu durch, Fernwasser zu beziehen. Im Dezember fällt der Trinkwasserzweckverband ebenfalls seinen Beschluss - pro Fernwasser.

August 2016 - Eklat und Frust: Ein Arbeitsgespräch im Neuen Rathaus zeigt die Diskrepanz zwischen Planungsrecht und den Erwartungen der Bürger.

September 2017 - Genehmigt: Das Landesverwaltungsamt in Halle erteilt die Plangenehmigung für den Fernwasseranschluss der Sangerhäuser Region. Die Fördermittel für das Vorhaben stehen längst bereit. Die Arbeiten werden ausgeschrieben. Der Wasserverband Südharz vergibt den Auftrag an die Firma Mütze & Rätzel aus Wohlmirstedt.

November 2017 - Zehn Monate: Archäologen und  Bagger rücken im November 2017 auf der Baustelle bei Einzingen an.  An mehreren Stellen wird zehn Monate lang gebaut, im  September 2018 ist es geschafft. (mz/hko)

Nach dem Einbau eines Schieberkreuzes ist es für Wallhausen, Hohlstedt, Martinsrieth, Brücken, Riethnordhausen und Hackpfüffel soweit. Das Fernwasser stammt aus dem Umfeld der Rappbodetalsperre, wo es weder Kläranlagen noch spürbare menschliche Einflüsse gibt.

Wasser aus Rappbodetalsperre wird im Wasserwerk Wienrode aufbereitet

Im Wasserwerk Wienrode aufbereitet, fließt es durch eine Rohrleitung von 40 Zentimetern Durchmesser nach Nienstedt und weiter nach Sangerhausen, wo es in zwei Hochbehältern gespeichert und nach Bedarf ins Netz abgegeben wird. 5.300 Kubikmeter kann die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz täglich liefern, ist vertraglich vereinbart.

Das Uran, das den Verantwortlichen des Wasserverbands, den Kommunalpolitikern und Behörden seit 2004 zunehmend größeres Kopfzerbrechen bereitet hat, kommt im Talsperrenwasser, falls überhaupt, nur in einer so winzigen Konzentration vor, dass es nicht nachweisbar ist. Der  Nitratgehalt, der im Grundwasser teils nah am Grenzwert liegt oder ihn überschreitet, ist verschwindend gering. Ähnlich ist es mit Sulfat.

Fernwasser aus Rappbodetalsperre kaum mit Calcium oder Magnesium versetzt

Aber auch Calcium und Magnesium, die bisher für arg verkrustete Leitungsrohre und dicke Kalkbeläge in Waschmaschinen und Wasserkesseln gesorgt haben, werden nur noch in deutlich niedrigerer Konzentration vorkommen - und sogar zugesetzt.

Anfangs könne es zu Beeinträchtigungen kommen, sagt die Geschäftsführerin, das Wasser kann eingetrübt oder verfärbt sein, doch „das beeinträchtigt die Qualität nicht“. Dann werde das Leitungsnetz öfter gespült. Private Enthärtungsanlagen werden überflüssig, der Verbrauch von Duschbad,  Waschmittel und Elektroenergie sinkt. Fürs neue Wasser, sagt Parnieske-Pasterkamp, könne es eine moderate Preiserhöhung geben.

Auskunft: [email protected] oder kostenlose Hotline 080 02 77 19 00 (montags bis freitags, 7 bis 18 Uhr)