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Unwetterfolgen in Kelbra Unwetterfolgen in Kelbra: Eine große Gemeinschaft auf dem Campingplatz

Von Beate Lindner 12.07.2015, 18:26
Stellenweise sieht man auf dem Campingplatz noch, was das Unwetter angerichtet hat.
Stellenweise sieht man auf dem Campingplatz noch, was das Unwetter angerichtet hat. Maik Schumann Lizenz

Kelbra - Sinnbildlich für die Aufbruchstimmung am Samstag auf dem Campingplatz am Stausee Kelbra stellen Ute und Michael Menz probeweise ihren Fahnenmast mit der Thüringenfahne auf. Das Ehepaar aus Steinbach-Hallenberg im Thüringer Wald ist zuversichtlich, dass der Mast am Abend schon wieder fest verankert sein wird. Ihn hatte es beim verheerenden Unwetter am Dienstagabend wie nichts umgeworfen. Ihr Katamaran dagegen ist wohl nicht mehr zu gebrauchen. Doch Familie Menz hält es wie die meisten Dauercamper in Kelbra: Aufstehen und weitermachen.

So ähnlich sagt es auch Klaus-Dieter Bünger. Der 80-Jährige erinnert sich noch genau an die schrecklichen Minuten am Dienstagabend. „Hinter dem See stand eine schwarze Front und darin war eine breite weiße Wand. Ich saß gerade beim Abendbrot als es losging.“ Der Hettstedter ist natürlich froh, dass er selbst ziemlich glimpflich davongekommen ist. Bei ihm hat es am Wohnwagen ein paar Dachlaternen entschärft. Dafür hat es den Segelclub schlimmer getroffen und dort hat Bünger, der selbst auch segelt, dann auch mitgeholfen. Der Gedanke, dem Campingplatz nach diesem Ereignis den Rücken zu kehren, ist ihm nicht gekommen. „Ich bin ein Dauercamper der ersten Stunde, ich bin seit 1970 hier, warum sollte ich gehen?“ Klaus-Dieter Bünger hat 40 Jahre in der Gießerei des Mansfeld-Kombinates gearbeitet und in Kelbra immer seinen Ausgleich gefunden.

Jetzt als Rentner genießt er das alles erst recht. Besonders die Gemeinschaft auf dem Campingplatz, wie sie sich am Dienstag und in den Tagen danach besonders gezeigt habe. Findet auch Willem Egbertzen. Der Holländer ist seit 15 Jahren am Stausee und noch immer sehr bewegt, wenn er über die Geschehnisse am Dienstagabend spricht. Er kämpft sogar mit den Tränen als er erzählt, dass es seinen Wohnwagen verschoben hat. Worte wie „schrecklich“ gehen über seine Lippen. Und dann erzählt er von der Hilfsbereitschaft der Feuerwehr und der Mitcamper und lächelt wieder. Währenddessen untersucht er eine schon entsorgte Plane, ob man ihr nicht noch ein großflächiges unbeschädigtes Stück abtrotzen kann.

Man kann. Und Willem Egbertzen wird diese Plane gut gebrauchen können. Wenn nicht er, dann vielleicht ein Nachbar. Und immer wieder winkt er anderen Campern zu, grüßt freundlich oder spricht mit ihnen. „Wir helfen uns hier, wo es nur geht“, so der Holländer, den hier auf dem Platz jeder kennt und der sich jetzt erst einmal auf den Besuch der Kinder und der Enkeltochter freut, die jedes Jahr zwei Wochen am Stausee mit der Familie verbringen.

Es gibt noch gut zu tun auf dem Campingplatz. Manche Dauercamper waren noch gar nicht da, um die Schäden zu begutachten. Andere vermissen Bootsegel. Ein Ehepaar aus Bad Frankenhausen hat seinen Kroatienurlaub unterbrochen, um auf dem Campingplatz aufzuräumen. Den Geräteschuppen hat es völlig entschärft. Das Holz allerdings scheint ziemlich unversehrt, so dass man das Häuschen vielleicht sogar wieder aufbauen kann. „Das war mein erstes Haus, das ich gebaut habe“, nimmt es der Frankenhäuser mit Humor.

Auch Kelbraer Bürgermeister Lothar Bornkessel wird sich beim Lesen ein Schmunzeln nicht verkneifen können und froh sei, dass nicht nur die meisten Wohnwagen gehalten haben, sondern vor allem die Platzgemeinschaft. Denn die Camper gehören ganz einfach zu Kelbra und niemand möchte sie missen. Ein Camper versteht die ganze Fragerei ums Bleiben oder Gehen sowieso nicht. „Was hat denn der Standort mit dem Unwetter zu tun. Das hätte uns überall treffen können.“ (mz)