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Radsport als Passion und Beruf Sina Päske und ihr Weg zur Managerin einer Frauen-Bundesligamannschaft

Von Ralf Kandel Aktualisiert: 26.06.2021, 17:04
Sina Päske bei einem Familienbesuch in Martinsrieth. Sie ist Managerin bei dem „Wheel Divas“, einer Mannschaft der Frauen-Radsport-Bundesliga.
Sina Päske bei einem Familienbesuch in Martinsrieth. Sie ist Managerin bei dem „Wheel Divas“, einer Mannschaft der Frauen-Radsport-Bundesliga. ( Foto: Ralf Kandel)

Martinsrieth - Am Sonnabend startet in Brest die „Tour de France.“ Sina Päske „hängt“ dann so oft es geht am Fernseher, verfolgt gespannt Etappe für Etappe, drückt ganz besonders Emanuel Buchmann und Nils Politt die Daumen. Der Radsport und dessen Helden haben es der 40-Jährigen schließlich angetan. Und das auf besondere Art und Weise. Nicht etwa nur am Fernsehgerät oder als gelegentliche Straßenradlerin. Nein, Sina Päske gehört zu den glücklichen Menschen, für die ihr Hobby, eben der Radsport, gleichzeitig Passion und Beruf ist. Sie ist Teammanagerin bei den Wheel Divas, einer Frauen-Mannschaft, die zu den insgesamt elf in der Radsport-Bundesliga fahrenden Teams zählt.

Zunächst erst Fußballerin bei Fortuna Brücken

Doch der Reihe nach: Die gebürtige Sangerhäuserin wächst beschaulich in dörflicher Umgebung in Riethnordhausen und Brücken auf. Mit Radsport hat sie nichts am Hut, spielt bei der Fortuna aus Brücken in der Frauenfußballmannschaft. „Mit 16 bin ich abgehauen nach Berlin. Da habe ich ein Studium angefangen, später dann Ernährungsberaterin und Trainerin gemacht“, geht der Blick zurück. Und schließlich gemeinsam mit ihrem Mann im Jahr 2016 ein Bundesliga-Team im Radsport gegründet.

„Unsere Tochter Lotta war vom Radsport besessen, sie wollte Rennen fahren. In einer Mannschaft, in der Bundesliga. Die gab es in Berlin aber die letzten 20 Jahre nicht. Wir haben sie unterstützt. So einfach war das“, erzählt die 40-Jährige. Und weiter: „Meine Güte, waren wir blauäugig. Wenn ich gewusst hätte, auf was wir uns da einlassen, gegen was für Widerstände wir kämpfen müssen, um in der Sportmetropole Berlin einen Platz zu finden ...“, lässt sie den Satz unbeendet.

„Wir sind ein reines Amateurteam, das im Leistungssport zu Hause ist“

Fakt ist, vor fünf Jahren entstand das Team „Wheel Divas.“ 13 talentierte Fahrerinnen im Alter zwischen 18 und 33 Jahren aus ganz Deutschland zählen mittlerweile dazu. Den angestrebten Platz in der Bundesliga hat die Vertretung aus der Hauptstadt, ist bei Rennen in Deutschland und im Ausland dabei, startet bei Rundfahrten. „Wir sind ein reines Amateurteam, das im Leistungssport zu Hause ist. Alles unter einem Hut zu bekommen, also Beruf, Privatleben, Schule und Leistungssport, ist dabei garantiert nicht einfach. Der Aufwand jedenfalls ist genau so hoch wie bei den Profis.“

Ein Aufwand, den auch Sina Päske und ihr Mann betreiben. „Manchmal frage ich mich schon, warum wir uns das antun. Wir hatten seit Jahren keinen Familienurlaub. Dazu kommt, dass vieles von Außen in Frage gestellt wird. Es ist hier in Berlin leider nicht so, dass nur die Leistung zählt, um nach vorn zu kommen, um Sponsoren für sich zu gewinnen. Man muss bekannt sein, persönliche Kontakte haben, auf Instagram, Facebook oder Youtube präsent sein. Es geht längst nicht nur um den Sport.“ Im Allgemeinen und vor allem jetzt in Corona-Zeiten sind da Nerven, Ideen und Durchhaltevermögen gefragt. „Logistik, Verpflegung, Unterkunft, die Einhaltung der Corona-Regeln. Wir sind an den Kapazitätsgrenzen gelandet.“

Mittendrin im Kampfgetümmel immer Sina Päske. Omnipräsent, Trainerin, Managerin, immer für das Team da. „Das ist ein Vollzeit-Job. Die Leute wissen oft nicht, was für Arbeit dahinter steckt. Eigentlich muss man verrückt sein, wenn man sich das antut“, sagt sie bei einem ihrer regelmäßigen Besuche bei ihren Eltern in Martinsrieth im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung. Und fügt, angesprochen auf die Doppelrolle als Trainerin und Mutter ihrer Tochter Lotta hinzu: „Sie fährt jetzt seit über zehn Jahren und hat sich enorm verbessert. Als Trainerin kann sie ihre Mutter wahrscheinlich manchmal nicht leiden.“

Mit dabei bei der Dubai-Womens-Tour

Im Februar letzten Jahres war das letzte große Rennen, das Team „Wheel Divas“ startete bei der Dubai-Womens-Tour, und das als einzige Mannschaft aus Deutschland. „Wir machen ein gutes Marketing, deshalb sind wir auch im Ausland oft dabei“, sagt Sina Päske. Jetzt aber gilt der Blick einem Rennen, das den Männern vorbehalten ist. Vom 26. bis 29. August rollt die Deutschland-Tour. Viele der weltbesten Radrennfahrer sind bei der einzigen Profi-Tour im Land am Start.

Was das Ganze mit Sina Päske und ihrem Team zu tun hat? „Es gibt eine Radsport-Challenge. Nur zwei Stunden vor den Männern kann man die komplette Renndistanz bewältigen. Zehn Zweier-Mannschaften sind dabei. Man muss mindestens 20 Minuten vor den Profis im Ziel sein, das muss man irgendwie schaffen“, sagt die Managerin des Berliner Frauenteams. Dann fügt sie hinzu: „Wir sind bei zwei Etappen dabei. Über einen Podcast, über Beziehungen, haben wir es geschafft. Wir fahren zwischen Stralsund und Berlin. Und was noch schöner ist, die Strecke zwischen Sangerhausen und Ilmenau. 185 Kilometer sind das. Zwei Mädels von uns fahren in meiner alten Heimat, über den Kyffhäuser, Wahnsinn.“ Wer aus ihrem Team dafür in Frage kommt? Sina Päske lacht: „Das steht noch nicht ganz fest. Eins ist klar, Lotta fährt auf jeden Fall. Und genauso klar ist es, dass es für die Mädels gleichermaßen eine Herausforderung und ein Highlight wird.“ Auf familiäre Unterstützung kann das Team jedenfalls bauen. „Freilich suche ich mir einen Platz an der Strecke“, sagt Andreas Grottke, Sinas Vater.

Olympia als Ziel

Die Ziele, die Sina Päske für sich und das Team hat, gehen natürlich weit über die Rolle der „Mitfahrerinnen“ hinaus. „Wir wollen den Sprung schaffen, wir wollen eine Profimannschaft werden. Und wir wollen Erfolg haben“, sagt sie. Ein Platz auf dem Podest bei der Deutschen Meisterschaft im Vierer-Mannschaftsfahren wäre ein solcher Erfolg. Und vor allem das große Ziel, das über allen steht: Ein Start einer Fahrerin bei Olympia. Spätestens 2028. Dann wäre die Berliner Managerin aus den beschaulichen Helme-Orten Riethnordhausen, Martinsrieth und Brücken am Ziel der langen Reise angekommen. (mz)