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Projekt zur Inklusion Projekt zur Inklusion: Neuntklässler sitzen für eine Schulstunde im Rollstuhl

Von Beate Thomashausen 22.03.2018, 15:22
Die Rollstuhlrampe hochzufahren ist ein Kraftakt für die Schüler.
Die Rollstuhlrampe hochzufahren ist ein Kraftakt für die Schüler. Schumann

Sangerhausen - „Kurze, schnelle Schübe.“ Volker Möws dirigiert die halbe 9 a des Sangerhäuser Schollgymnasiums eine Schräge hinauf. Die Strecke ist kurz, trotzdem geht es nichts sehr schnell voran. Ein kleiner Absatz kurz vor der Tür, der den Schülern noch nie zuvor ins Auge gefallen ist, stellt heute ein Riesenhindernis dar.

Klar, diesmal sind die jungen Leute nicht flott zu Fuß unterwegs, Möws und die Schüler sitzen für eine Schulstunde lang in Rollstühlen. Und es ist ganz schön kräftezehrend, auf Rädern unterwegs sein zu müssen. „Das ist einem gar nicht so bewusst, wie schwer es ist, sich mit dem Rollstuhl fortzubewegen und auf welche Hindernisse man da stößt“, sagte Chantal Lukat im Anschluss.

Projekt „Bewegung verbindet - Rollstuhlsport macht Schule“ am Schollgymnasium

Das Projekt, mit dem der Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Sachsen-Anhalt (BSSA) seit 2011 an die Schulen geht, heißt: „Bewegung verbindet - Rollstuhlsport macht Schule“. Dass Möws und seine Mitstreiter am Schollgymnasium Station machen, hat noch eine ganz besondere Bewandtnis: Am 25. August werden in Sangerhausen die 29. Landessportspiele für Behinderte und ihre Freunde stattfinden.

Und hier sind die Jugendlichen wieder gefragt - als Helfer und Begleiter für einen Tag. Wie Sportlehrer Chris Bergmann sagt, habe man bereits an der Schule dafür geworben, dass sich freiwillige Helfer finden: „Ich bin da ganz zuversichtlich. 85 Freiwillige haben sich bereits gemeldet. 150 brauchen wir.“

Schüler bei Landessportspielen im Sommer als Helfer im Einsatz

Leonie Haas aus der 9 a wird beispielsweise als Helferin mit im Einsatz sein. Sie ist schon ganz gespannt auf die Landessportspiele. Ein bisschen besser gewappnet, was auf sie zukommen wird, sei sie ja durch die Erfahrung, mit dem Rollstuhl zu fahren. „Ich kann mir jetzt besser vorstellen, wo vielleicht Unterstützung nötig ist.“

Das sei auch das Hauptanliegen des Projekt, Jugendliche zu sensibilisieren, so Sportwissenschaftler Möws, der seit 2010 Sport- und Projektkoordinator am Klinikum Bergmannstrost Halle ist. Er selbst setzt sich nur für das Projekt in den Rollstuhl. Er hofft, so Berührungsängste gegenüber behinderten Menschen abbauen zu helfen.

In der Sporthalle wird die andere Hälfte der 9 a inzwischen von Mathias Sinang (55) und Frank Semmler (58) im Rollstuhlbasketball angeleitet. Beide Männer sind seit Jahrzehnten auf den Rollstuhl angewiesen und aktive Sportler. Sinang zum Beispiel ist seit 1994 in Rennrollstuhl, Handbike und Triathlon aktiv. Er absolvierte zahlreiche Marathons und ist Triathlet. Sein Verein ist der USC Magdeburg.

Rollstuhlbasketballer trainieren mit Neuntklässlern

Semmler ist Mitbegründer des RBC 96 Halle und hat maßgeblichen Anteil am Aufbau der Sportart Rollstuhlbasketball in Sachsen-Anhalt. Er spielte Rollstuhlbasketball für Alba Berlin in der Regionalliga Nord und war zeitweise in der zweiten Bundesliga aktiv. Jetzt geht er für die Jena Caputs auf Körbejagd - zeitweise sogar in der ersten Bundesliga.

Wenn er jemals Berührungsängste gehabt hätte, heute hätte er sie gewiss verloren, ist sich Cedric Homann sicher. Der Neuntklässler war wie seine Klassenkameraden von der Erfahrung einer Sportstunde im Rollstuhl begeistert. Mit der Erklärung der beiden Profis sei es erstaunlich gut gegangen.

Sportlehrer Bergmann wusste schon von den Kelbraer Gymnasiasten, die am Montag mit den Rollstuhlbasketballern trainiert hatten, dass es den Jugendlichen außerordentlich gut gefallen habe. „Sie wollten das jetzt öfter machen, haben sie mir angekündigt.“ (mz)