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Polizeieinsatz in Stolberg Polizeieinsatz in Stolberg: 67 Urnen in leerstehenden Haus gefunden

12.12.2013, 15:56
Die Urnen, die in Stolberg gefunden wurden.
Die Urnen, die in Stolberg gefunden wurden. Ralf Kandel Lizenz

Stolberg/MZ/BL/BTH - Einen solchen Fall hat auch die Polizei nicht alle Tage: Sauber aufgereiht stehen 67 Urnen in einem leeren Zimmer im ersten Stock in Stolberg in der Rittergasse 9. In einer Ecke liegt ein Haufen leerer Pakete, in denen die Urnen offenbar verschickt wurden. Darunter häufen sich allerlei Papiere, Schriftstücke und Unterlage. Die Pakete sind adressiert an ein Seebestattungsunternehmen in Stolberg. „So etwas haben wir noch nie gesehen“, sagten die Sangerhäuser Kriminalisten, die am Donnerstagvormittag in dem leerstehenden Haus die Spuren sicherten, fotografierten und Unterlagen sicher stellten.

Das Haus gehört der Kommune und steht seit Jahren leer. Im September soll sich ein Kaufinteressent das Gebäude angesehen haben. Zu diesem Zeitpunkt sollen sich die Urnen noch nicht in dem Haus befunden haben. Oder man hat sie vielleicht nicht beachtet, weil sie noch in den Kartons verpackt gewesen sein könnten, vermutet ein Kriminalpolizist. Jetzt geht man erst einmal davon aus, dass die Urnen im Zeitraum von September bis 11. Dezember in das Haus in der Rittergasse gebracht wurden.

Anonyme Seebestattung gewünscht

Die Urnen sind aber schon viel länger in Stolberg. Krematorien aus Stendal, Cottbus und Lichtenfelde sandten sie nach der Einäscherung der Toten in den Jahren 2011 und 2012 nach Stolberg. Die Verstorbenen wünschten eine anonyme Seebestattung. Den Hinweis, dass in der Rittergasse Urnen stehen, gab nach MZ-Informationen der Ortsbürgermeister Ulrich Franke an das Ordnungsamt der Verwaltungsgemeinschaft in Rottleberode weiter. Dieses wiederum informierte die Kriminalpolizei. Franke war gestern nicht zu erreichen.

Verwaltungschefin Anja Wöbken: „Wir wissen bisher nur, dass gesetzliche Fristen in diesem Fall bei weitem überschritten worden sind. Wir klären jetzt gerade ab, wer welche Pflichten in diesem Falle zu erfüllen hat.“ Sprich, ob die Bestattung jetzt zur Sache der Kommune wird.

Empört gibt sich der ehemalige Inhaber des Bestattungsinstitutes gegenüber der MZ am Telefon, weil seinen Angaben zufolge der Raum, in dem sich die Urnen befinden, verschlossen war. Der Mann, der mittlerweile bei einem bundesweit agierenden Bestattungsunternehmen angestellt ist und nach eigenen Angaben aus dem Südharz stammt, behauptet: „Es gibt eine mündliche Absprache mit Bürgermeister Franke, dass ich den Raum kostenfrei nutzen kann. Niemand hatte Zutritt. Ich frage mich, wie man ihn geöffnet hat, wer und warum.“

Sturmperioden hätten Bestattung verhindert

Auch all diese Fragen wird die Polizei klären müssen, denn sie wird ermittelt. Wie Heiko Prull, Sprecher vom Polizeirevier Mansfeld-Südharz, informiert, bestehe der Verdacht, „dass der Beschuldigte die Aufträge zur Bestattung angenommen, diese aber nicht durchgeführt hat. Bisher wurden 67 Geschädigte ermittelt. Der entstandene Schaden beträgt mehrere Tausend Euro.“ Eine anonyme Seebestattung soll nach MZ-Informationen zwischen 1.000 und 1.500 Euro kosten. Der Beschuldigte selbst versteht die Aufregung nicht.

Unter den Urnen seien zwei, deren Bestattung noch nicht bezahlt wurde, sagt er gegenüber der MZ. Außerdem konnte aufgrund von „Sturmperioden“ nicht bestattet werden. Diesen Äußerungen steht Wolfgang Ruland, Obermeister der Bestatterinnung Sachsen-Anhalt, skeptisch gegenüber. „Es gibt vom Gesetzgeber geregelte Fristen für Bestattungen, die grundsätzlich erst einmal bindend sind.“ Seiner Meinung nach bedarf es für die Ausnahme behördliche Genehmigungen.