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Ohrenbetäubende Premiere auf dem Truppenübungsplatz

Von SUSANNE BERNSTEIN 14.06.2010, 16:21

SONDERSHAUSEN/ROSSLA/MZ. - Schwarzpulver. Dieser Explosivstoff eint die Freien Landsknechte Goldene Aue um Gernot Ganß. "Wir sind alle ein paar Verrückte. Und unser Hobby ist ganz einfach das Schwarzpulver", sagt Ganß. Der mehrfache Deutsche Meister aus Roßla ist mit seinen Freien Landsknechten eine von 56 historischen Gruppen, die an der offenen Internationalen Meisterschaft der Großgeschütze in Sondershausen teilnahmen. An zwei Tagen haben die Hobbykanoniere Wettkämpfe mit ihren selbst gebauten Kanonen durchgeführt. Es war eine Ohren betäubende Premiere.

Organisiert hat dieses Großereignis der Verband Deutscher Schwarzpulver-Kanoniere (VDSK) aus Allstedt. Der abgelegene Truppenübungsplatz des Raketenartilleriebataillons 132 der Bundeswehr in Sondershausen bot für das Spektakel die besten Voraussetzungen.

"Das Gelände ist weitläufig", sagt VDSK-Präsident Volker Grabow. So dass auch Zuschauer die Wettkämpfe verfolgen konnten. Auf gut 600 Gäste schätzt Grabow die Besucherzahl an beiden Tagen. "Mit der Resonanz bin ich sehr zufrieden", so der Sangerhäuser. Und den Besuchern wurde eine ganze Menge geboten. Denn neben den sportlichen Wettkämpfen pflegen die Hobbykanoniere das Brauchtum und die Jahrhunderte alte Tradition. Die Männer und Frauen kleiden sich entsprechend historisch und mimen in einem Feldlager das Leben von vor hunderten Jahren.

Uniformiert sind sie alle, nicht kostümiert - darauf legt man unter den Feldlager-Bewohnern großen Wert. Uniformen vom 15. Jahrhundert bis zum Jahr 1871 tummeln sich auf dem Lagerplatz. Und während die eine oder andere Gruppe in stilechten Zeltlagern haust, machen es sich die Landknechte vor ihren Wohnwagen gemütlich. "Früher habe ich auch in Zelten geschlafen. Doch mit 71 Jahren muss ich mir das nicht mehr antun", sagt Otto Henning aus Borxleben. Er hat sich für das internationale Lager den Roßlaer Landsknechten angeschlossen. Denn der Kanonier aus Thüringen hat für seine Kanone nur Bleikugeln und die dürfen aus Umweltschützgründen auf dem Truppenübungsplatz nicht verwendet werden. Zum Wettkampf zugelassen waren Kanonen mit gültigem Beschuss. Das heißt, dass die Geräte von einem Beschussamt geeicht worden sind.

Das Amt legt in Tests fest, mit wie viel Schwarzpulver die Kanonen maximal geladen werden dürfen. Im Fall der Landsknechte aus der Goldenen Aue darf die 54-Kaliber-Kanone mit maximal 120 Gramm Schwarzpulver betrieben werden. Die verwendeten Kugeln bis zum Kaliber 100 Millimeter mussten aus Stahl oder Beton sein. "Unsere Geschosse sind Kugellagerkugeln", erklärt Gernot Ganß. Geschossen wurde auf eine einmal ein Meter große Scheibe aus 100 Meter oder 200 Meter Distanz. Bis zu einem halben Meter graben sich die Kugeln, nachdem sie das Schwarzpulver aus dem Rohr schießt, in die Erde. Geschossen wurden sieben Schuss, davon zwei zur Probe. Die Geschützbesatzung durfte aus zwei bis vier Mann bestehen. Die Wettkampfzeit betrug 60 Minuten.

Für die Landknechte und ihre Stolberger Kanone ist es am Wochenende nicht ganz so gut gelaufen. Platz 21 wurde es am Ende für den Kanonier Ganß. Die Kanone hat immer etwas verzogen, sagt er. "Doch der Spaß steht bei uns allen erster Stelle", so der 69-jährige Geschützführer ganz zufrieden. Im nächsten Jahr gibt es für die Landknechte immerhin eine neue Chance. Dann treffen sich die Hobbykanoniere wieder in Sondershausen. Das Okay für die zweite internationale Meisterschaft hat Volker Grabow vom zuständigen Bundeswehrkommandanten am Samstag bereits bekommen.