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Nach Buna in die Landwirtschaft Nach Buna in die Landwirtschaft: Komisch, gemeckert wird überhaupt nicht

Horbeck/MZ. - "Das ist der Vorführeffekt." Beate Thomann lacht. Sie wollte Erna die Saugbecher der Melkanlage auf die Zitzen schieben. Doch das Gerät streikt. Trotz des Brummens des Motors kommt der erforderliche Unterdruck nicht zustande. Zuvor ließ sich Erna zwar anstandslos zwischen die Beine greifen, und mit raschen Handbewegungen konnte die Bäuerin der Ziege ein paar Spritzer Milch aus dem Euter in einen grünen Topf drücken. Doch nun, da es richtig zur Sache gehen soll, klappt es nicht. Für Frau Thomann kein Grund zu verdrießen. Gelassen macht sie sich daran, die Anlage zu ...

Von Roman Haeusgen 08.11.2001, 18:39

"Das ist der Vorführeffekt." Beate Thomann lacht. Sie wollte Erna die Saugbecher der Melkanlage auf die Zitzen schieben. Doch das Gerät streikt. Trotz des Brummens des Motors kommt der erforderliche Unterdruck nicht zustande. Zuvor ließ sich Erna zwar anstandslos zwischen die Beine greifen, und mit raschen Handbewegungen konnte die Bäuerin der Ziege ein paar Spritzer Milch aus dem Euter in einen grünen Topf drücken. Doch nun, da es richtig zur Sache gehen soll, klappt es nicht. Für Frau Thomann kein Grund zu verdrießen. Gelassen macht sie sich daran, die Anlage zu untersuchen.

Die heitere Art scheint der Frau, die die Mitte des Lebens überschritten hat, angeboren zu sein. In ihren Darlegungen ist viel Leichtigkeit. So sprechen Menschen, die Freude haben an ihrem Tun und für die der Erfolg gänzlich außer Frage steht. Dabei ist die Aufgabe, der sich Beate Thomann gemeinsam mit ihrem Partner, Hans Fähnrich, gestellt hat, mit Sicherheit kein Kinderspiel. Beide haben vor etwas mehr als einem Jahr auf dem alten Gut in Horbeck mit ihrer eigenen Wirtschaft begonnen: Ziegenhaltung mit Käseproduktion. "Wir gehen davon aus, dass wir davon auch leben können", so Frau Thomann lächelnd.

Freilich verfügen beide über alles andere als über gewachsene Erfahrungen in der Landwirtschaft. Denn vor der Wende hieß ihr Wirkungsfeld noch Buna. Die Frau ist Chemikerin, ihr Mann Physiker - beide studiert, beide diplomiert, gelebt haben sie in Merseburg. Nach der Wende gab es für die Chemikerin einen Platz im Landtag als Abgeordnete der Grünen. Nach ausbleibender Wiederwahl folgte eine Tätigkeit als Unternehmensberaterin, Fähnrich ist inzwischen berentet. Dass beide schließlich zu "Zickenbauern" wurden, wie Frau Thomann selbst scherzhaft sagt, sei einer Reihe glücklicher Umstände zu verdanken. Als Beraterin sollte sie im Auftrage eines Landwirtes ein ähnliches ökologisches Projekt leiten, weshalb sie sich intensiv mit den theoretischen Grundlagen beschäftigt habe. "Das Projekt selbst platzte, das Wissen aber blieb", sagt die Frau und hält einen der Saugbecher an die Wange, um zu prüfen, ob sich der erforderliche Unterdruck endlich aufbaut. Doch den Gefallen tut ihr die Technik nicht.

Was für Erna und die zehn anderen Vierbeiner oben auf dem Melkpodest aber kein Grund ist ungeduldig zu werden. Unbekümmert und mit gleichbleibendem Geräusch kauen sie das Kraftfutter, das in einer Rinne vor ihren gesenkten Köpfen liegt.

Das Futter ist wohl auch das Geheimnis dafür, dass es keine Probleme gab, die Tiere in den Melkstand zu bringen. Im Gegenteil: Als die Klappe ihres Verschlages geöffnet wurde, stürmten sie geradezu heraus, rasten die Schräge zum Podest hinauf und reihten sich passend nebeneinander. Bereit zur Milchabnahme, Chefin!

Nur mit Dagmar gab es Schwierigkeiten. Der Vertreter der so genannten Bunten Deutschen Edelziege verfehlte die Rampe und sprang erst einmal drum herum und drunter durch, bis ihm Fähnrich mit sanften Nachdruck auf den rechten Weg verhalf. Aber als sich das Tier oben mit eingereiht hatte, gab es eine Belohnung. Mit seinem Taschenmesser zerschnitt Fähnrich - ein stiller Mann mit klugen braunen Augen - einen Apfel und reichte die Stücken dem begierigen Ziegenmaul.

Jedes Tier hat seinen eigenen Namen? "Na klar, jede hat doch ein sehr individuelles Gesicht", bestätigt Frau Thomann. Und wieder lacht sie: "Ich erkenne sie am Euter." Inzwischen hat sie begonnen, den chromblitzenden Behälter zu zerlegen, an den die Melkschläuche angeschlossen sind. "Vielleicht ist es die Dichtung?"

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