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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Sangerhausens «Gutes Buch» bleibt in der Familie

Von HELGA KOCH 30.07.2010, 17:40

SANGERHAUSEN/MZ. - Ein klitzekleines bisschen Wehmut war gewiss dabei, als Gertraut Thurm am Freitag zum Feierabend ihre Buchhandlung in der Sangerhäuser Göpen-straße abgeschlossen hat. Denn am Montag wird die Riestedterin nicht mehr wie bisher im Geschäft stehen, Bücher in langen Regalreihen zurechtrücken oder einsortieren, Kunden beraten, im Computer nach gewünschter Literatur "fahnden" oder kassieren. Die 63-Jährige geht in den Ruhestand.

Ihre Mitarbeiterinnen, Stammkunden und Sangerhäuser Autoren wie Hildrun Hauthal, Rosel Sättler oder Thilo Ziegler sind sich einig: "Sie war immer mit Leib und Seele Buchhändlerin". Grund genug, klammheimlich eine Überraschungsabschiedsfeier für sie zu organisieren.

Innerlich, sagt Gertraut Thurm, hat sie sich lange auf diesen Schritt vorbereitet. Vielleicht fällt er ihr auch deshalb etwas leichter, weil "Das Gute Buch" in der Familie bleibt. Tochter Cornelia Herbst, Ende 30, führt ab Sonntag die Buchhandlung weiter. So wie ihre Mutter ist sie im Buchhandel groß geworden und freut sich, "ein so etabliertes Geschäft zu übernehmen".

"Das Gute Buch" gab es schon zu DDR-Zeiten in Sangerhausen, damals noch auf der anderen Seite der Göpenstraße. 1984, nachdem Gertraut Thurm in Leipzig ihr vierjähriges Fernstudium als Buchhändlerin abgeschlossen hatte, übernahm sie dort die Leitung. Als 1991 der Volksbuchhandel aufgelöst wurde und die Zusammenarbeit mit großen Buchhandelsketten eher ernüchternd endete, entschied sie sich für einen Neuanfang. Sie kaufte von der Stadt das Haus schräg gegenüber, schmiedete zwei Jahre lang Umbaupläne und konnte nach einem weiteren Jahr Bauzeit mit zwei Angestellten ins neue Geschäft umziehen. Ihr Traum von der eigenen Buchhandlung erfüllte sich, den Namen "Gutes Buch" behielt sie bei.

Eigentlich stammt Gertraut Thurm aus Schwerin. Nach der Schule erlernte sie ihren Traumberuf, nämlich Buchhändlerin, lernte in Leipzig ihren Mann Jürgen kennen und zog 1970 nach Riestedt. Vorübergehend arbeitete sie in der Lohnbuchhaltung im Riestedter Landwirtschaftsbetrieb und erwarb dafür sogar noch einen zweiten Facharbeiterbrief. Doch es zog sie in ihren angestammten Beruf zurück.

Inzwischen gehören außer den Kindern Cornelia und Heiko fünf Enkelsöhne zur Familie. Auch das macht den Abschied vom Berufsleben etwas leichter, bekennt die 63-Jährige. Weiß sie doch, dass es außer ihrem Mann auch die drei Enkel im nahen Beyernaumburg genießen werden, wenn sie künftig viel mehr Zeit für sie hat.

Außerdem freut sich Gertraut Thurm auf den Garten, in dem sie sich gern beschäftigt, und auf die Reisen, die sie mit ihrem Mann antreten möchte. "Im nächsten Frühjahr soll es mal richtig weit weg gehen, vielleicht nach Thailand oder auf die Seychellen, dorthin, wo es warm ist, Palmen und Wasser gibt." Freilich hat sie auch noch ein paar "ungelesene Bücher", etwa historische Romane, die aber richtig gut recherchiert sein müssten, Sachbücher zum Thema Garten oder Floristik. Spätestens, wenn die "ausgelesen" sind, muss sie dann wohl wieder öfter bei ihrer Tochter reinschauen.