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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Mehr «Vögel des Glücks»

Von STEFFI ROHLAND 23.10.2011, 16:46

KELBRA/MZ. - Nach einem ganztägigen Vortragsprogramm im Hotel "Kaiserhof" waren sie nun wieder in ihrem praktischen Element. Hartwig Prange, Präsident der Europäischen Kranicharbeitsgruppe, hatte die Kranichexperten in diesem Jahr zu ihrer traditionellen Herbsttagung an den Fuß den Kyffhäusers gelockt. Unter den Teilnehmern war auch George Archibald, Gründer der Internationalen Kranichstiftung (USA).

Mit sinkendem Sonnenstand flogen tausende Kraniche von ihren Fressplätzen, überwiegend aus nordwestlicher Richtung, ein. Parallel dazu kamen einige hundert Kraniche in geordneten Formationen über die Köpfe der Beobachter. Herbert Mahler (75) und Walter Ziege (70) aus Bitterfeld wissen ganz genau, dass letztere Neuankömmlinge sind.

"Neuzugänge fliegen ganz geordnet und noch bevor man sie sieht, hört man sie rufen", erklärt Herbert Mahler, der das Hobby Ornithologie vor 70 Jahren für sich entdeckte. Seit 35 Jahren kommen die Vogelkundler jedes Jahr im Herbst zur Beobachtung an die Numburg. Auch in diesem Jahr sind sie seit Beginn des Kranichzuges vor drei Wochen am Zählen. "Es begann am ersten Tag mit 70 Kranichen", erklärte Walter Ziege. "Die Anzahl der Ankömmlinge verdoppelte sich jeden Tag. Bis zu 1 500 Kranichen." Ein Beispiel ihres Könnens zeigen sie an einem großen Schwarm, der über dem Stausee kreist. Ein Blick durch das Fernglas und schon fällt die Zahl: 1 500. "Von allen Kranichrastplätzen ist dies derjenige, der am Besten einsehbar ist - natürlich von der Numburg, bzw. vom Campingplatz aus", sagt Herbert Mahler.

Neben diesem purem Naturerlebnis, waren sie natürlich auch sehr gern zur Tagung gekommen, die in diesem Jahr unter dem Thema "Kraniche und Landwirtschaft" stand. Bei dem geringer werdenden Maisanbau in einigen Bundesländern, frühere Einsaat und die EU-Förderpolitik für Raps, sieht man schon einige Nahrungsprobleme für die "Vögel des Glücks", wie die Kraniche auch genannt werden.

Das Treffen der Arbeitsgruppe "Kranichschutz Deutschland", deren Träger der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der World Wide Found for Nature (WWF) sind, ist aber auch ein wichtiger Platz für den Austausch der Arbeitsergebnisse, wie Zählungen und Beobachtungen der Rast- und Brutplätze. Außerdem blickten die Teilnehmer in diesem Jahr auf das Jubiläum 20 Jahre Kranichschutz Deutschland zurück.

Dabei konnte eine gute Bilanz gezogen werden: Der Schutz und die Renaturierung von Feuchtgebieten ist ein Grund des Bestandszuwachses.

Im Zusammenbruch der Landwirtschaft in der ehemaligen Sowjetunion vermuten die Experten eine Ursache für das neue Zugverhalten der Kraniche. Im Jahr 2009 schätzte man für Deutschland 240 000 Kraniche auf Durchzug und 7 500 Brutpaare. Der steigende Trend widerspiegele sich auch am Helme-Stausee Berga-Kelbra, am inzwischen drittgrößten Binnenrastplatz Deutschlands. Nach Prange stieg die Anzahl der rastenden Vögel von 250 (1987) über 6 070 (1999 / 2000) auf 39820 (2008). Dabei zollte Hartwig Prange den Kranichzählern vor Ort Respekt.

"Das hier täglich gezählt wird, ist wohl einmalig in Europa", stellt er fest. Ähnliches musste man schon bei der Betreuung der rund 280 Brutpaare in Sachsen-Anhalt feststellen. "Bei rund 100 Beobachtern kennt man hier jedes Nest persönlich", sagte er. In anderen Bundesländern, wie Mecklenburg-Vorpommern muss man aus Mangel an Betreuern die Anzahl der Brutpaare schätzen. Die Herbstrast der Kraniche lockt auch viele Tagestouristen an. Sowohl die Mitglieder des Naturparks Kyffhäuser, als auch des Biosphärenreservates Karstlandschaft Südharz führen in der Hauptsaison zahlreiche große Gruppen. Eine Zählung der Kranichtouristen in der Saison 2010 ergab 6 000 Besucher. Dabei hat man am Stausee weniger Parkplatzprobleme, wie an anderen gezeigten Rastplätzen im Norden der Republik.

Die nächste Tagung der Arbeitsgruppe findet im Oktober 2012 in der Bergbaufolgelandschaft um Lauchhammer statt.