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Kein Gegenwind für Windräder

Von Ingrid Ehrhardt 01.09.2006, 15:28

Holdenstedt/MZ. - Waren über viele Jahrhunderte die Kirchtürme die markanten Punkte in der Landschaft rund um Sangerhausen, sind es heute die Windräder. Wie viele zurzeit im Landkreis in Betrieb sind, vermag Günter Meyer, Fachdienstleiter Kreisplanung in der Kreisverwaltung, nicht zu sagen. "Aber es sind ganz schön viele", äußert er spontan und verweist auf Standorte bei Allstedt, Niederröblingen, Blankenheim, Schwenda oder Roßla. Ein großer Teil schoss in den 90er Jahren in die Höhe, als die Regionalplanung des Landes Sachsen-Anhalt noch keine Windeignungsgebiete festgesetzt hatte.

Flächen sind belegt

Für den Landkreis Sangerhausen sind nunmehr zwei solcher Flächen ausgewiesen. Die beiden Gebiete bei Holdenstedt / Bornstedt und Riethnordhausen sind nach Auskunft des Planers "aber inzwischen voll". Der Wettbewerb zwischen den Windräder-Investoren sei hart, weiß Meyer aus zahlreichen Voranfragen. Weitere Antragsverfahren würden derzeit laufen. Einen Antrag auf Errichtung eines Windrades könne nach wie vor jedermann stellen. Das sei gesetzlich geregelt. Ob dieser genehmigt werde, hänge an vielen Faktoren. Ab zwei Windrädern sei ohnehin das Landesverwaltungsamt für das Genehmigungsverfahren zuständig.

Die Anlage zwischen Holdenstedt und Bornstedt stellt nicht nur die ortseigenen Kirchtürme in den Schatten, sondern auch die der Nachbargemeinden in eine völlig neue Optik. 138,5 Meter hoch sind diese Windräder, 77 Meter beträgt der Durchmesser der Rotoren. Die gerade in Betrieb gegangene Anlage gehört zur 1,5 Megawatt-Klasse. "Das ist ein ausgereifter Anlagentyp, der sich vielerorts bewährt", preist Carsten Schurwanz, Abteilungsleiter und Projektmanager der Gamesa Energie Deutschland GmbH aus Oldenburg die Vorteile dieser acht Strom erzeugenden Giganten. Deren Propeller sind für den Tag rot-weiß gekennzeichnet, nachts dämmert über den Rotorblättern ein leichtes Licht. Diese Sicherheitsmaßnahmen schreibt das Gesetz zur Sicherheit des Flugverkehrs bei Windrädern ab 100 Meter Höhe vor.

Zügige Bearbeitung

Als Projektentwickler hat Schurwanz Planung und Bau der Anlage von Anfang an vor Ort betreut und wünscht sich, dass "jede Windpark-Errichtung so angenehm positiv vonstatten gehen möge wie diese. Die Politiker vor Ort haben rechtzeitig Aufklärungsarbeit geleistet. Die Zusammenarbeit mit den Behörden lief ausgezeichnet. Landeigentümer stellten Flächen zur Verfügung, weil sie Energiegewinnung aus natürlichen Ressourcen unterstützen wollten. Die Einigung mit ihnen verlief zügig. Und es gab keine Bürgerinitiativen gegen die Windräder."

Gut zwei Jahre habe es von der Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt Halle bis zur Inbetriebnahme gedauert, informiert der norddeutsche Projektmanager. Im Verfahren hätten die Bürger Gelegenheit gehabt, Einfluss zu nehmen. Natürlich ist, wie anderswo auch, die Meinung zu den neuen Wahrzeichen in den betroffenen Orten geteilt.

Anfangs Aufregung

"Anfangs gab es enorme Aufregung im Dorf, und auch ich habe dem Windpark äußerst skeptisch gegenüber gestanden", erklärt Holdenstedts Bürgermeisterin Gerda Siebenhüner. "Jetzt ist mein Verhältnis zu den erneuerbaren Energien ein völlig anderes. Ich meine, es ist wichtig, dass wir diesen Weg gehen." Und obendrein sei sie noch aus ganz anderem Grund richtig froh, dass die Anlage zum großen Teil in der Holdenstedter Flur gebaut wurde. "Denn diese garantiert unserer Gemeinde ständige Einnahmen über 15 Jahre hinweg. Außerdem profitiert unser Ort auch noch vom Straßen- und Wegebau, den die Oldenburger Firma weitgehend finanziert."

Ausgelegt sei der Windpark auf eine Betreibung von 20 bis 25 Jahren, lässt Carsten Schurwanz wissen. Bei der Errichtung der Anlage sei seine Firma natürlich bestrebt gewesen, möglichst viele Aufträge an Betriebe des Ortes bzw. der Region zu vergeben.

Gute Perspektiven

Derzeitiger Betreiber der Anlage ist noch die Gamesa Energie Deutschland GmbH. Der Strom werde in das Netz des hiesigen Energieunternehmens EnviaM eingespeist. Mit diesem sei ein langfristiger Vertrag abgeschlossen worden. Für die Zukunft der Windkraft-Anlagen sei er optimistisch, so der Oldenburger Experte: "Wir schätzen die Perspektive gut ein." Weitere Binnenlandstandorte seien möglich, aber das hänge natürlich von Politik, Bevölkerung und Behörden ab. Seine Firma, die zu den größeren der Branche gehöre und bundesweit agiere, werde sich auch bei Abstrichen in der Förderung nicht zurückziehen. Im Gesetz zu den Erneurbaren Energien sei ohnehin geregelt, dass die Einspeisevergütung pro Jahr um 1,5 Prozent abgesenkt werde. Die Frage, ob es weitere Pläne für eine Anlage im Landkreis gibt, ließ Schurwanz offen.