Helios-Klinik Helios-Klinik: Chirugin für einen Tag

Sangerhausen - „Kinder und Jugendliche sind bei der Laparoskopie klar im Vorteil“, sagt Oberarzt Peter Louis Derst. „Sie haben beim Spielen an der Playstation gelernt, auf einen Bildschirm zu sehen, während sie mit den Händen agieren. Und sie denken problemlos von drei Dimensionen auf den zweidimensionalen Monitor um.“
Hat der Filius also doch noch eine echte Chance, als Chirurg seine Brötchen zu verdienen, denke ich, während mir Oberarzt Derst die Instrumente erklärt, denn heute soll ich operieren. Normalerweise arbeitet der 37-jährige Unfallchirurg und Orthopäde, der Anfang des Jahres aus der Uniklinik Halle nach Sangerhausen wechselte, mit diesen Instrumenten.
In der Orthopädie wird die Schlüssellochchirurgie häufig angewendet, weil sie schonender für den Patienten ist. Ob das auf meine Patienten auch zutrifft? Das wird sich gleich zeigen.
Es sieht ganz einfach aus
Auf dem Tisch vor mir liegt eine grüne Wassermelone, gleich dahinter wartet eine gelbe Paprika. Es ist besser, erstmal an Gemüse seine Fähigkeiten als Operateur zu verfeinern, ehe man auf echte Patienten losgelassen wird.
Das weiß ich aus einer Arztserie. Die Schauspieler haben dort auch erstmal einer Tomate eine piekfeine Naht mit ihrem neuen OP-Roboter verpasst.
Aber das soll ich gar nicht, ich soll mit einer beleuchteten Kamera und einer Zange einfach ein paar Kerne extrahieren. Klingt ganz einfach.
Aber ich habe keine Playstation-Erfahrung in die Waagschale zu werfen. Meine Computerspielfähigkeiten bewegen sich auf einem Null-Level. In einem Spiel, zu dem mich meine Kinder überredet hatten, irrt mein Avatar seit Monaten ziellos in einer Wüstenei umher.
Oberarzt Derst assistiert aber, so dass ich den Profi fragen könnte, falls ich mich in der Melone verirre. Und nicht lachen, das kann tatsächlich passieren. Das Laparoskop, so heißt das Instrument mit Kamera und Lampe, hat eine 30-Grad-Optik.
Man blickt also eigentlich nicht direkt auf das, was man am Monitor sieht. Und wenn einem Assistent Derst dann auch noch eine gebogene Zange in die Hand drückt, um damit in meinem Melonenpatienten herumzustochern, wird es ganz schön tricky.
Aber erstmal heißt es, den Greifer der Zange überhaupt im Operationsgebiet zu finden. Ich ziehe das Laparoskop dazu ein wenig zurück. Irgendwo muss das Instrument doch abgeblieben sein. Ich sehe von außen doch, dass Zange und Laparoskop in der Melone stecken.
Also muss die Zange irgendwann auch mal auf dem Monitor zu sehen sein. Übrigens machen das auch die Profis, nur viel, viel schneller und zielsicherer als ich. Dann ist es aber auch eine echte Arthroskopie, die bei einer Schulter zum Beispiel dann eingesetzt wird, wenn eine Sehne verletzt ist.
Schonend und komfortabel
Als kleinen Gag haben die Experten eine Playmobilärztin in die Melone gesetzt. Sie beobachtet also auch noch von innen, was ich da laienhaft rumfriemele in meinem Patienten.
Normalerweise geht es in einem Schultergelenk viel, viel enger zu, sagt Oberarzt Derst. Aber das Meloneninnere sei durchaus realistisch was die Farben angehe. Mhm, ich sehe also in mir drin aus wie eine Wassermelone.
Das Bild wird mir jetzt wahrscheinlich bei jeder Melone, die ich aufschneide, wieder einfallen. Warum nicht der Patient einfach aufgeschnitten wird, sondern so eine bei dieser Hitze schweißtreibende Fummelei besser sein soll, erklärt der Oberarzt, während er mir assistiert: „Um die feinen Instrumente einzuführen, sind nur kleine Schnitte nötig. Das senkt beispielsweise das Risiko einer Infektion. Gleichzeitig ist auch die Gefahr geringer, dass Nerven und Gefäße verletzt werden.“ Es ist also ein erhöhter Komfort für die Patienten.
Lob vom Oberarzt
Kliniksprecherin Anett Brommund-Schnabel hat sich bisher dezent im Hintergrund gehalten. Nun soll sie aber auch zeigen, ob ihr täglicher Aufenthalt in den Fluren der Sangerhäuser Klinik ihr einen Vorteil verschafft.
Neidlos gebe ich zu, dass sie den Melonenkern viel schneller erwischt als ich. Wahrscheinlich hat sie heimlich geübt. Aber in der gelben Paprika ist es dann auch für sie nicht so einfach sich zu orientieren und den Kern zu erwischen, den sie erwischen soll.
Nacht der Museen am 14. Juni
„Ich hasse eigentlich solche Fummelarbeiten“, sagt sie lachend. Beinahe hat sie schon wieder den Kern eher mit dem Greifer der Zange geschnappt als ich. Aber er entwischt ihr. Lob bekommen schließlich beide Laien am Laparoskop von Oberarzt Derst. „Das hat super geklappt“, findet er. Dann wird der Unfallchirurg im OP gebraucht. Eine Oberarmfraktur muss versorgt werden. Diesmal mit einem großen Schnitt.
Ob wir Presseleute nach dem Lob des Mediziners umschulen sollen? Wir verwerfen die Idee. Aber vielleicht findet ja ein anderer Gefallen an der „Fummelarbeit“.
Zur Nacht der Medizin am 14. Juni in der Helios-Klinik Sangerhausen kann jeder selbst ausprobieren, wie geschickt er mit den Instrumenten hantieren kann. Wer üben will: Computer spielen soll helfen. Sagt der Oberarzt. (mz)
