Großes Fichtensterben im Südharz Großes Fichtensterben im Südharz: Borkenkäfer hat massenhaft Bäume befallen

Sangerhausen - Die Nadeln rieseln, die Äste verfärben sich rotbraun, die Rinde schält sich vom Stamm - der große, stattliche Baum stirbt. Winzig kleine Tierchen machen ihm den Garaus. Borkenkäfer haben die Fichte befallen. Ihre Larven zerfressen das Gewebe, in dem Wasser und Nährstoffe fließen.
Der sterbende Baum, den Forstbetriebsleiter Holger Koth im Südharz fotografiert hat, ist nur einer von unzähligen, die in diesen Tagen dem Tod geweiht sind. Die befürchtete Borkenkäferkatastrophe - im Südharz ist sie voll ausgebrochen.
Katastrophale Situation im Forst - Borkenkäfer wütet im Südharz
„Wir haben eine katastrophale Situation. Es ist beängstigend“, sagt Egbert Thiele, Leiter des Betreuungsforstamts Harz in Wippra. „Teilweise färben sich schon ganze Hänge rot.“ Vor allem Südhänge und andere stark von der Sonne beschienene Flächen sind betroffen.
Überall, wo Fichten stehen, schlägt der Käfer zu, bestätigt auch das Landes-Umweltministerium und verweist auf den Lagebericht der Forstlichen Versuchsanstalt (FVA) in Göttingen. „Aus allen Teilen des Zuständigkeitsbereichs laufen Meldungen über lokal massiv auftretenden frischen Stehendbefall durch Borkenkäfer ein“, heißt es von dort.
Die Nachkommen der ersten Käfergeneration, die nach „Friederike“ im Sturmholz reichlich Brutplätze gefunden hat, sind ausgeflogen und haben massenhaft stehende Bäume angegriffen. Und die sind zu allem Unglück in diesem Jahr durch Hitze und Trockenheit besonders geschwächt. Normalerweise wehrt ein Baum die Käfer mit Harzfluss ab. Dazu fehlt im Dürre-Sommer 2018 meist die Feuchtigkeit.
Vom Borkenkäfer befallene Bäume müssen sofort gefällt werden
Laut FVA sind die Bäume einem dramatischen Angriff ausgesetzt. Frühe Larvenstadien und fast schlupfbereite Jungkäfer des Buchdruckers siedeln oft zur gleichen Zeit unter der Rinde - und direkt daneben fast ausgewachsene Exemplare des Kupferstechers.
Für Förster und Waldbesitzer bedeutet der Borkenkäferbefall enormen Stress. Denn das einzige, was hilft, ist befallene Bäume sofort zu fällen und aus dem Wald zu schaffen, damit die Schädlinge sich nicht noch weiter ausbreiten. Eine Sisyphosarbeit. „Wir bearbeiten eine Fläche und wenige Tage später werden genau dort schon wieder die nächsten Bäume braun“, berichtet Thiele.
Seine Leute durchstreifen den Wald und nehmen auch auf privaten Grundstücken auf, wo es Käferschäden gibt. „Wir schreiben die Besitzer dann an“, sagt Thiele. Er appelliert an alle privaten Waldbesitzer, sich schnell um Bestände zu kümmern, in denen der Borkenkäfer wütet.
Schafft es auch eine dritte Borkenkäfer-Generation zu schlüpfen?
Das Aufstellen von Lockstoff-Fallen mache in diesem Jahr dagegen keinen Sinn mehr, heißt es aus der FVA. Die Käfer würden derzeit nur noch schwach auf künstliche Lockstoffe ansprechen. Man rät dazu, das gefällte und aus dem Wald geschaffte Käferholz mit der maximal zulässigen Konzentration von Pflanzenschutzmittel zu bearbeiten, um die darin steckenden Larven und Käfer abzutöten.
Wenn es ganz schlecht läuft und noch länger warm und trocken bleibt, dann schafft es auch die Brut der zweiten Generation zu schlüpfen und auszufliegen. Für dieses besonders gefürchtete Szenario einer dritten Käfer-Generation gebe es bisher noch keine Belege, heißt es von der Forstlichen Versuchsanstalt. Es könne aber vor allem in tieferen Lagen nicht ausgeschlossen werden.
Egbert Thiele geht schon fast sicher davon aus, dass es so weit kommen wird. Dann steht dem Wald 2019 das nächste Katastrophenjahr bevor. Denn je mehr Borkenkäfer überwintern, umso massiver wird die erste Generation im kommenden Frühjahr ausfliegen - und sich ihrerseits um ein Vielfaches vermehren.
Hat Egbert Thiele schon mal eine vergleichbare Situation in den Südharzer Wäldern erlebt? Er denkt kurz nach. „Während des Rekordhitzesommers 2003 und in den Folgejahren“, sagt er. „Aber selbst damals war es nicht ganz so schlimm wie jetzt.“ (mz)
