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„Was für eine wunderbare Stadt“ Mit Video: „Glühende Horizonte“ locken zur inspirierenden Entdeckungstour nach Allstedt

Kunstparcours „Glühende Horizonte“ ist eröffnet. Welche politische Lehre Haseloff aus dem Bauernaufstand zieht und was die Allstedter zur Kunst sagen.

Von Grit Pommer Aktualisiert: 18.05.2025, 15:42
Ein außergewöhnliches Musikerlebnis bot bei der Eröffnung des Kunstparcours Opernsängerin Vanessa Waldhart.
Ein außergewöhnliches Musikerlebnis bot bei der Eröffnung des Kunstparcours Opernsängerin Vanessa Waldhart. Foto: Maik Schumann

Allstedt/MZ. - Das kommt wohl davon, wenn man eine riesige Wolke auf eine Mauer baut: Als Samstagnachmittag vor der Kulisse des Vorwerks mit der riesigen Wolken-Installation von Julia Schleicher der Allstedter Kunstparcours eröffnet wird, steuert eine reale Wolkenformation vom Himmel aus ihren Teil bei und gießt einen kurzen Schauer über den Festakt. Wie um zu sagen: Hey, das hier ist Kunst unter freiem Himmel. Die gibt’s nicht nur im Sonnenschein!

Die besondere Stimmung in Allstedt kann der kurze Regen ohnehin nicht trüben. Die Stadt ist so quirlig und bunt wie selten und erlebt einen Ansturm von kunstinteressierten Besuchern wie wohl noch nie zuvor. Nicht zuletzt, weil die am Parcours beteiligten Künstler ihre Familien und Freunde zu der Eröffnung eingeladen haben.

Video: Feierliche Eröffnung des Kunstparcours zum Bauernkriegsjubiläum

(Video: Maik Schumann)
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Kunstparcours in Allstedt: Haseloff sieht Bauernkrieg auch als Mahnung an heute Regierende

Die ist prominent besetzt. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) würdigt den Kunstparcours „Glühende Horizonte“, den die Kunststiftung Sachsen-Anhalt in die Allstedter Innenstadt aufgebaut hat, als „wichtigen und originellen Beitrag“ zum Müntzer- und Bauernkriegsgedenken. Und er schlägt den Bogen zur aktuellen Politik. So wie sich damals die unzufriedene arbeitende Bevölkerung unter dem Zeichen des Bundschuhs erhob, wurden vor etwas mehr als einem Jahr die Gummistiefel als Zeichen der Bauernproteste an nahezu jedem Ort im ländlichen Raum aufgehängt.

Großer Andrang herrschte am Samstag bei der Eröffnung am Vorwerk.
Großer Andrang herrschte am Samstag bei der Eröffnung am Vorwerk.
Maik Schumann

„Wir müssen sehen, dass es gerecht zugeht“, stellt Haseloff für die Regierenden fest. „Wenn nicht, dann werden wir gesellschaftliche Auseinandersetzungen haben.“

An der großen Eröffnungsfeier jedenfalls haben alle ihren Spaß. Die einen am künstlerischen Programm, in dem beispielsweise Opernsängerin Vanessa Waldhart auf der kleinen Insel des neuen Treppenstegs im Vorwerksteich steht und italienische Arien schmettert. Ein wahrhaft außergewöhnliches musikalisches Erlebnis, bei dem sich mancher im Publikum gerührt ans Herz greift.

Eröffnung des Allstedter Kunstparcours: Haseloff im Bäckereicafé

Doch auch abseits der Hochkultur wird an diesem Nachmittag viel geboten. An verschiedenen Stellen entlang des Parcours gibt es Musik und Mitmachaktionen für Kinder und natürlich macht auch so ein Stück vom Rekord-Mohnkuchen der Bäckerei Meye glücklich.

„Mein Lieblingskuchen“, hatte Haseloff in seiner Rede verraten. Später wird er noch lange nach dem Ende des Festakts an einem kleinen Ecktisch im Bäckereicafé mit Landrat und Bürgermeister zusammensitzen und nicht nur über Kunst sprechen.

Ministerpräsident Reiner Haseloff - hier mit Kunststiftungsleiterin Manon Bursian (Mi) und Künstlerin Julia Scheicher - machte Erinnerungsfotos.
Ministerpräsident Reiner Haseloff - hier mit Kunststiftungsleiterin Manon Bursian (Mi) und Künstlerin Julia Scheicher - machte Erinnerungsfotos.
Foto: Maik Schumann

Zuvor hatte Allstedts Bürgermeister Daniel Kirchner (parteilos) den Parcours einen Quantensprung in der künstlerischen Bedeutung Allstedts genannt. „Unsere Stadt macht einen mutigen, inspirierenden Schritt in die Welt der zeitgenössischen Kunst“, sagt er. „Diese Kunst ist offen, zugänglich, sie gehört uns allen!“ Und sie sei „auf unser aller Schutz angewiesen“, merkt er in Erinnerung an den Akt des Vandalismus an, der sich nur eine Woche zuvor ereignet hatte. Wie die Menschen in der Stadt darauf reagiert haben, zeige aber, was Allstedt ausmache: „Ein Herz für das Gemeinsame!“, sagt Kirchner unter lautem Applaus.

Und wie gefällt die Kunst den Allstedtern? „Neindoch!“, kommt es bei Gerold Peetz wie aus der Pistole geschossen. Das 40 Meter lange, aussichtslose Streitgespräch auf den Garagendächern in der Fabrikstraße ist sein absoluter Favorit. Jan Mühlstädt kann sich gar nicht für ein Lieblingswerk entscheiden. „Ich find’ sie alle gut, jedes spricht einen auf seine ganz eigene Weise an“, meint er.

Kunstparcours eröffnet: Das sagen die Allstedter

Marlis Zornemann, die mit einer ganzen Frauentruppe aus Beyernaumburg herübergekommen ist, gefallen die Banner mit den Porträtfotografien besonders. „Wir haben auch schon Schwester Yvonne aus der Arztpraxis erkannt“, erzählen die Frauen und lachen.

Bernhard Schulze kann nicht so viel mit den Kunstwerken anfangen. Vor allem für die Riesenwolke am Vorwerk kann er sich so gar nicht erwärmen. „Wenn wenigstens ein Regenbogen drüber wäre“, hätte er sich einen deutlicheren Bezug zum Bauernkrieg gewünscht. Die Kapelle der Sehnsucht auf der Grünanlage an der Ecke Schloß- und Luisenstraße dagegen gefällt ihm eigentlich ganz gut, meint er.

Kunst in Allstedt: Das sind die Favoriten

Die Porträtfotos von Matthais Ritzmann sind unumstritten Vincent Richters Favorit. „Weil wir das von Anfang an so eng begleitet haben“, erzählt der Bäckermeister vom Pläneschmieden mit dem Fotografen. Der hatte sich ein Event gewünscht, bei dem man möglichst viele Allstedter fotografieren kann. Und man kam zu dem Schluss: „Kuchen geht immer!“

Dagmar Schwägers Lieblings-Kunstwerk ist die Figurengruppe „Justitia“ auf der Verkehrsinsel am Vorwerksteich. „Aber eigentlich gefällt mir alles!“, stellt sie fest.

Bleibenden Eindruck hat derweil auch die Stadt bei den Kunstmenschen hinterlassen. Von der Leiterin der Kunststiftung, Manon Bursian, gab es am Samstag eine Liebeserklärung: „Liebe Allstedter – was seid ihr doch für eine wunderbare Stadt!“

Der Kunstparcours „Glühende Horizonte“ kann nun mindestens bis 5. Oktober besichtigt werden.