Gesundheit Gesundheit: Ist das Ende der Praxisgebühr eine Erleichterung?
sangerhausen/MZ. - Für Patienten dürfte es eine willkommene und langerwartete Änderung sein. Seit Jahresbeginn ist für gesetzlich Versicherte beim Arztbesuch keine Praxisgebühr von zehn Euro pro Quartal mehr fällig. Überweisungen wurden im Zuge dessen allerdings nicht abgeschafft. Doch ist der Wegfall der Praxisgebühr auch eine Erleichterung für Ärzte und Personal der Praxen und kommen zu Beginn des Quartals weniger Leute? Und warum benötigt man weiterhin Überweisungen?
"Es ist ein sinnloser Verwaltungsakt weniger. Es war schon ein hoher Aufwand für zehn Euro, der nicht erreicht hat, was er sollte", sagt Allgemeinmediziner Christian Hussels aus Allstedt. Das Kassieren hat laut Hussels Aussage pro Patient etwa zwei Minuten in Anspruch genommen. Bei rund 1 000 Patienten pro Quartal seien das immerhin gut 33 Stunden zusätzlicher Aufwand gewesen, so der Mediziner. Auch wenn die Gebühr einen "leichten Bremseffekt" gehabt habe, die "teuren Patienten" seien trotzdem regelmäßig gekommen. Auffällig sei, dass man zu Beginn des Jahres nun aber auch wieder Menschen in der Praxis habe, die lange nicht dagewesen seien. Bisher halte es sich bei den Patientenzahlen daher die Waage.
Allerdings herrsche große Unsicherheit wegen der Überweisungen, haben die Arztpraxen festgestellt. "Viele fragen, warum sie Überweisungen benötigen, obwohl die Gebühr weggefallen ist", heißt es beispielsweise aus der Sangerhäuser Orthopädiepraxis von Arzt Klaus Herrling. Zum Wohle der Patienten - um den Überblick zu behalten, wo dieser überall in Behandlung ist und welche Medikamente verordnet wurden - wird weiterhin dazu geraten, sich vom Hausarzt die Überweisungen zu holen. Sonst seien dessen Koordinierungsfunktion und Überwachungsfunktion hinfällig, gehe der Patient eine Woche dorthin, die nächste Woche woanders hin, heißt es sowohl aus der Praxis Hussels' als auch Herrlings. Hussels: "Wir haben sogar erlebt, dass Leute von Fachärzten zu uns zurückgeschickt wurden, um sich die Überweisung zu holen."
Bei Klaus Herrling werde indes zwar niemand weggeschickt, aber ausdrücklich auf das Mitbringen einer Überweisung hingewiesen. Auch hier geht man mit dem Wegfall der Praxisgebühr von einem geringeren Aufwand aus. Allgemeinmedizinerin Anne Jansch sagt hingegen: "Bisher hat sich nichts verbessert, es ist genau so ein Aufkommen wie bisher." Das liege auch am eher älteren Patientenstamm, den man betreue. Man müsse trotzdem fragen, ob jemand im Hausarztmodell ist oder zuzahlungsbefreit. Aber auch hier habe man die Unsicherheit beim Thema Überweisungen gemerkt. "Die Leute brauchen die Überweisungen, sonst erhalten wir keine Befunde", nennt Jansch einen weiteren wichtigen Aspekt.
Der Allgemeinarzt und Kreisstellensprecher der Kassenärztlichen Vereinigung in Sachsen-Anhalt, Matthias Wätzel aus Blankenheim, sagt dazu: "Das war überfällig. Es sind eigentlich alle Kollegen sehr dankbar, dass die Praxisgebühr abgeschafft wurde." Das sei die Rückmeldung, die er bisher erhalten habe. Im Altkreis Sangerhausen sind seinen Angaben zufolge rund 55 bis 60 Ärzte (die auch im Notdienstbereich arbeiten) aktiv.