Gehbehinderung Gehbehinderung: Ohne ärztliches Gutachten darf Junge die Fahrschule nicht fortsetzen

Allstedt - Konstantin Hussels wird wohl nicht um ein ärztliches Gutachten herumkommen, das ihm ausdrücklich seine Fahreignung bescheinigt, bevor er seine Ausbildung an der Fahrschule fortsetzen kann. Zu dieser Einschätzung kommt ein Experte der Dekra. Zur Erinnerung: Seine Mutter Friederike Hussels befürchtet, dass ihr Sohn wegen seiner Gehbehinderung diskriminiert werde. Der 17-jährige Allstedter will trotz oder gerade deswegen die Fahrerlaubnis machen. Allerdings fordert der Landkreis dazu ein ärztliches Gutachten.
Ärztliches Gutachten für Führerschein muss bei körperlicher Einschränkung vorgelegt werden
Thomas Wagner, Fachbereichsleiter Begutachtungsstellen und Fahreignung bei der Dekra, attestiert der Kreisbehörde richtiges Verhalten. „Wenn der Behörde Tatsachen bekanntwerden, die auf einen Eignungsmangel schließen lassen, ist das unbedingt ein Grund, tätig zu werden“, sagt er. „Und sie darf auch nicht auf ein ärztliches Gutachten verzichten.“ Wer genau ein ärztliches Gutachten beibringen müsse, sei genau geregelt. Eine Gehbehinderung sei auf jeden Fall ein solcher Punkt, so der Dekra-Experte.
Normalerweise müsse der Betroffene beim Antrag für den Führerschein eine Selbstauskunft ausfüllen, so Wagner. Darin müsse er die Behörde auf etwaige körperliche Einschränkungen hinweisen. Daraufhin würde ein ärztliches Gutachten die Fahreignung feststellen sowie Auflagen und Beschränkungen festlegen, erläutert Wagner. „Aus Gründen der Befangenheit kann das nicht ein Elternteil übernehmen, auch wenn Vater oder Mutter selbst Arzt sind und auch bereits andere Menschen begutachtet haben.“
Nur ein verkehrsmedizinisch geschulter Gutachter darf Beurteilung vornehmen
Es müsse sich in jedem Falle um einen verkehrsmedizinisch geschulten Gutachter handeln. Im geschilderten Fall würde Wagner für einen Facharzt für Orthopädie plädieren, der eine verkehrsmedizinische Qualifikation nachweisen kann.
Ein Automatikfahrzeug oder spezielle Umbauten können angeordnet werden. Im Falle des jungen Allstedters haben die Eltern die Angelegenheit selbst in die Hand genommen und bereits Umbauten an dem Fahrzeug vornehmen lassen, das ihr Sohn künftig fahren soll. „Das ist unüblich“, wundert sich Wagner. Normalerweise sei die Kreisbehörde in jedem Punkt des Genehmigungsverfahrens auch Herrin des Verfahrens und treffe die Entscheidungen. Im Allstedter Fall sei da nicht regelgerecht vorgegangen worden.
Familie Hussels bekommt viel Zuspruch für Konstantin
Dass Behörden medizinische Gutachten anordnen, ist nicht selten. Wagner: „Sie müssen jedes Mal tätig werden, wenn ihnen Tatsachen bekanntwerden, die an der Fahreignung eines Verkehrsteilnehmers zweifeln lassen.“ Dabei kann es sein, dass sie von der Polizei, von einem Arzt oder von Angehörigen informiert werden. „Mit Diskriminierung hat das nichts zu tun. Es geht um die Sicherheit im Straßenverkehr.“
Aus der Kreisverwaltung gab es auf die Nachfrage, wer genau denn die Begutachtung des jungen Allstedters vornehmen werde, und mit welchen Kosten der Jugendliche rechnen muss, bislang noch keine Auskunft.
Allerdings erfährt er von Menschen, die seine Geschichte gehört und haben, viel Zuspruch, sagt seine Mutter. „Patienten sprechen uns in der Praxis an und wollen wissen, ob Konstantin denn nun seine Fahrerlaubnis machen darf. Sie sprechen ihm Mut zu, dass er dranbleiben soll.“ (mz)