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Feuerwehr Feuerwehr: Breitunger mit Nachwuchssorgen

Von RALF KANDEL 04.08.2013, 18:08
Beim Ausscheid ging es ziemlich schnell zu...
Beim Ausscheid ging es ziemlich schnell zu... Ralf Kandel Lizenz

BREITUNGEN/MZ - Tim und Ina wuseln voller Elan über den Sportplatz in Breitungen. Nicht weit davon entfernt schaut die acht Monate junge Charlotte aus ihrem Kinderwagen interessiert auf das Treiben. Alle drei Knirpse tragen T-Shirts, auf denen es um die Feuerwehr geht.

Szenen wie diese sind es, die Hagen Schwach optimistisch machen. Der 54-jährige Chef der Freiwilligen Feuerwehr Breitungen freut sich riesig, wenn er den Nachwuchs sieht. Gerade an Tagen wie diesen, feiert doch die Breitunger Feuerwehr am Wochenende ihr 125-jähriges Bestehen. Ein Umzug durch den Ort im Südharz, ein Ausscheid im Löschangriff und ein buntes Festprogramm auf dem Sportplatz stehen unter anderem an. Gleich an zwei Tagen geht es rund, Vorbereitungen wurden getroffen, die Polit-Prominenz aus dem Landkreis wurde eingeladen und hat ihr Erscheinen zugesagt. Präsent im Ort wollen sie sein, die Breitunger Feuerwehrleute, auf sich aufmerksam machen und vor allem möglichst Nachwuchs für die eigenen Reihen gewinnen.

Woher der Nachwuchs kommen soll? „Es ist unheimlich schwer, neue Leute zu gewinnen. Es ist kaum Nachwuchs da“, so Wehrleiter Hagen Schwach. Dann untermauert er seine Aussage mit beeindruckenden Zahlen: „Seit der Wende wurden in Breitungen nicht einmal 30 Kinder geboren. Wir haben 480 Einwohner im Ort, zwei Drittel davon sind über 65 Jahre alt.“

So ist es für Schwach und seine Mitstreiter unheimlich schwer, neue Leute zu gewinnen. Die Konkurrenz anderer Vereine ist groß. Dazu kommen einige mehr oder weniger hausgemachte Probleme um ein verkauftes Feuerwehrauto, das Gerätehaus und eine im Verband Südharz fehlende Drehleiter . „Das hängt uns nach. Die Leute können den Knatsch nicht mehr hören, sind froh, wenn nicht mehr drüber geredet wird“, fügt Schwach hinzu.

Einmal in Rage gekommen, bringt der Breitunger Wehrleiter noch einige andere Fakten ins Spiel, die untermauern, wie schwierig es in kleineren Orten ist, Werbung in Sachen Feuerwehr zu machen. Und mit welchen Vorurteilen die Freiwilligen zu kämpfen haben. „Die Meisten wissen doch gar nicht, was in der Feuerwehr geleistet wird. Das mit der Feierwehr, in der nur getrunken wird, passt doch längst nicht mehr. Wir werden zu allen möglichen Sachen geholt, Menschenrettung, technische Hilfeleistung, Einsätze im Katastrophenfall und um die Katze vom Baum zu holen. Es werden immer mehr Aufgaben“, so Hagen Schwach. „Aber wenn es darauf ankommt, die technischen Voraussetzungen zu untermauern, tun sich die Verantwortlichen schwer“, fügt Schwach, immerhin schon seit 1993 Wehrleiter, mit bitterem Unterton hinzu. Seiner Meinung nach ist es schon schwer genug, Nachwuchs für die Feuerwehr zu überzeugen, noch schwerer sei es aber, Männer oder Frauen für verantwortungsvolle Positionen innerhalb der Wehr zu gewinnen. „Wer soll sich denn vorn dran stellen, wenn der nötige Rückhalt fehlt“, fragt er. Und angesichts der Schlagzeilen, die es um die Feuerwehr Breitungen und nicht zuletzt seine Person in den letzten Wochen und Monaten gab, erklärt er: „Von 18 Uhr bis morgens um sechs Uhr morgens soll ich das Dorf retten, in den anderen zwölf Stunden bin ich der Looser der Nation. Das hat doch alles Auswirkungen, auch auf die Familie.“

Von all den Schwierigkeiten bekommen Ina Und Tim nichts mit. „Minilöscher“ steht auf den T-Shirts der Knirpse. „Minilöscher“ sind sie im benachbarten Roßla, in Breitungen gibt es eben wegen der mangelnden Anzahl von Mädchen und Jungen keine Kinderfeuerwehr. Daran wird sich wohl auch in absehbarer Zeit nicht viel ändern, auch wenn die Breitunger an ihren Geburtstag viel Wirbel in Sachen Feuerwehr machen.

Nicht nur deshalb ist es einfach schade, dass sich am Vormittag kaum Besucher auf den Sportplatz verlaufen, als der ausgeschriebene Löschangriff ansteht. Und auch dieser Wettbewerb zeigt, dass das Personal-Dilemma nicht nur die Breitunger betrifft. Mit Uftrungen, Dietersdorf und den Gastgebern sind gerade drei Wehren aus dem Abschnitt Südharz am Start.

Die große Hoffnung, dass Tim, Ina und Charlotte später bessere Feuerwehr-Zeiten in Breitungen erleben, bleibt jedenfalls trotz aller derzeitigen Probleme bestehen.

...zuvor beim Umzug durch den Ort dagegen beschaulicher.
...zuvor beim Umzug durch den Ort dagegen beschaulicher.
RALF KANDEL Lizenz