Leben Der wahrscheinlich älteste DJ Mitteldeutschlands wohnt in Allstedt und legt noch locker auf
In 56 Jahren als Freizeitmusiker hat Heinz-Georg Szor die wildesten Sachen erlebt. Von seiner Frau gab es ein ganz besonderes Geschenk.

Allstedt/MZ - Was macht man so mit 73? Enten füttern im Park? Kreuzworträtsel am Kaffeetisch? Kur im böhmischen Bäderdreieck? Heinz-Georg Szor hat für all das keine Zeit. Der Allstedter legt Musik auf. Dass er der älteste DJ Mitteldeutschlands ist, hat er zwar nicht amtlich. „Bei Radio Thüringen haben sie letztens aber mal eine Umfrage gemacht“, erzählt er. Und da sei keiner genannt worden, der älter war.
Man kann also zumindest davon ausgehen, dass Szor, auch bekannt als DJ Schorschi, einer der ältesten Aktiven seiner Zunft ist, nicht nur in Mitteldeutschland.
Bei den „Amigos“ am Schlagzeug
Den Künstlernamen Schorschi haben sie ihm schon vor Jahrzehnten verpasst. „Nach George von den Beatles“, erzählt er. Mit der Musik hat er angefangen, als die Vier ihre ersten Hits feierten - Anfang der 60er. Damals hatte die Gemeinde Winkel Instrumente gekauft, um eine Kapelle zu gründen. Szor lernte Schlagzeug und wurde Teil der „Amigos“, die fortan die Tanzsäle der Umgebung unsicher machten.
Später spielte er zehn Jahre in der Blaskapelle Mittelhausen und half zwei Jahre in der Forstkapelle Ziegelroda aus. Zwischendrin absolvierte Szor auch eine seriöse Berufsausbildung zum Maler. Der Nebenjob als Musiker ist aber immer seine große Leidenschaft gewesen - und die brennt bis heute.
Irgendwann war es dann Zeit für seine eigene Kapelle - das „Original Szor Trio“ war geboren, das eine Mischung aus Livemusik und aktuellen Hits vom Tonband bot. „In Winkel haben wir illegale Diskos veranstaltet und Mitschnitte von Radio Luxemburg gespielt“, erzählt Szor.
Als die Polizei den Saal stürmte
Einmal wurde es richtig brenzlig. „Vor dem Lokal in Winkel gab’s eine Schlägerei und so ein verkappter Parteisekretär hat die Polizei gerufen“, erzählt der 73-Jährige. Als die anrückte und mit gezückten Gummiknüppeln den Saal räumte, habe er das als „Nazimethoden“ bezeichnet - und ziemlichen Ärger bekommen.
Den gab es auch immer mal wieder wegen des Musikprogramms. Eigentlich war in der DDR ein Verhältnis von 60 zu 40 vorgeschrieben - mindestens 60 Prozent mussten Titel aus dem Osten sein, der Rest durfte aus dem Westen kommen. „Bei mir war es mindestens andersrum“, erzählt Szor und lacht. Wegen Nichteinhaltung der Regel gab’s dann immer mal ein Ordnungsverfahren.
Aus dem Trio wurde später ein Duo, mit seinem Kumpel Joachim Heidinger schaffte Szor „die beste Klangorgel aus Klingenthaler Produktion“ an und tourte nach Feierabend durch Säle, Vereinsheime und private Gartengrundstücke. Für 60 Mark pro Nase bestritten sie ganze Tanzabende, bis zu 145 Stück im Jahr.
Begeisterte Wessis
Bald nach der Wende hatten die beiden auch gleich ihren ersten Westauftritt. „Die Leute aus Allstedts Partnerstadt Trendelburg hatten uns im Sportlerheim spielen sehen und wollten, dass wir unbedingt bei ihnen auftreten“, erinnert sich Szor. Es wurde ein sehr stimmungsvoller deutsch-deutscher Abend.
Seit Ende der Neunziger ist er nun allein unterwegs - mit seiner „Tanzdisco Allstedt“. „Ich lege noch richtig selbst auf“, betont Szor den Umstand, dass bei ihm keine digital vorgemixten Soundtracks laufen. 3.000 CD’s verschiedenster Musikrichtungen besitzt der Allstedter, die jüngsten sind 2022 rausgekommen. Um die 300 bringt er zur Veranstaltung mit und füttert damit seine Anlage. „Drei Schnellwechsler und eine Top-Lichtanlage mit Laser“, zählt er sein Equipment auf. Welche Scheiben laufen, das entscheidet sich immer vor Ort. „Ich gucke auf die Leute an den Tischen. Wenn da die Beine und Finger wippen, ist es das Richtige“, erklärt Szor.
Wie lange er noch weitermachen will
Seine Frau Ingrid und die drei Töchter? Haben ihn in seinem zeitaufwändigen Nebengewerbe immer unterstützt. „Meine ganze Familie steht hinter Vati“, stellt er fest. Und erzählt nicht ohne Rührung, wie seine Frau ihn zu DDR-Zeiten mit einem Original Trowa-Schlagzeug aus der Trommelfabrik Weißenfels überraschte. Das spielt er noch heute.
Inzwischen lässt es DJ Schorschi aber etwas ruhiger angehen, bespielt nur noch 60 bis 80 Partys im Jahr. Den Frühschoppen beim Bergmannsverein ebenso wie den 80. Geburtstag mit hundert Gästen. „Da gibt’s Polterabende, wo’s über Tische und Bänke geht, bei anderen läuft es ruhiger“, weiß Szor. Das Wichtigste: „Ich möchte den Menschen Freude machen!“
So lange das klappt und er so viel Spaß dran hat wie jetzt, macht er weiter - ohne Altersgrenze.