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Betriebsfeier Betriebsfeier: «Im Leben nicht alles falsch gemacht»

Von Manfred Deideck 06.09.2002, 16:34

Edersleben/MZ. - "Es gab eine Zeit, da dachte ich, es geht nichts mehr." Jochen Franke hält inne, der Rückblick auf die letzten zehn Jahre bewegt in sichtlich. "Da wollte ich schon das Haus verkaufen, um flüssig zu sein", erinnert sich der 51-Jährige.

Heute sind sein Bruder Lothar (48) - gelernter Landmaschinenschlosser - und er - gelernter Triebfahrzeugschlosser - gleichberechtigte Geschäftsführer der Autolackierung "Jolo" im Gewerbepark Edersleben. Vor zehn Jahren wurde für die neue Existenz der Grundstein gelegt und zwar in Allstedt.

Als Arbeitslose spuckten Lothar und Jochen mit Unterstützung der Familien sowie von Freunden kräftig in die Hände, um eine eigene Existenz aufzubauen. Man wollte sich nicht dem Schicksal Arbeitslosigkeit ergeben. Zu dieser Situation war es gekommen, weil mit der Öffnung der Mauer keiner mehr die Auto-Kunststoffteile, die zu DDR-Zeiten sehr gefragt waren, haben wollte. Jochen Franke hatte sich nämlich bereits zwei Jahre vor der Wende selbstständig gemacht. Schon damals keimte die Idee, eine eigene Lackiererei einzurichten. Man empfand es irgendwie fad, die gefertigten Kunststoffteile dem Kunden als Rohling anzubieten.

Gesagt, getan. 1992 wurde mit dem lackieren in der eigenen Werkstatt in Allstedt begonnen. Vier Leute zählte das kleine Unternehmen damals. Doch schon nach einem halben Jahr stellten die Brüder fest, die räumliche Kapazität reicht nicht aus. "Die Leute standen Schlange", schildert Jochen Franke, der heute den Meisterbrief als Maler und Lackierer an der Wand hängen hat, den damaligen Zustand.

Es musste ein neuer Standort gefunden werden. Aber wo? Bedingung. Das Grundstück sollte an einer Bundesstraße liegen. "Wir wollen doch gesehen werden", so die Begründung. Der Umzug zu den neuen Produktionsstätten nach Edersleben im Gewerbepark erfolgte dann 1994. Inzwischen wurde noch erweitert. Jetzt können auch Lkw und Busse einen Lackanstrich erhalten. Rund eine Million Euro wurden in den zehn Jahren investiert, wird eine Zahl ins Feld geführt. Jede Pleite eines Autohauses im Einzugsgebiet traf mehr oder weniger auch die Frankes. "In den letzten vier Jahren mussten wir Verluste von rund 35 000 Euro hinehmen", schätzt der Geschäftsführer ein. Autohäuser beglichen ihre Aufträge nicht. "Alles Geld, das fehlt", wird die Rechnung aufgemacht. "Aber Lack, Energie und so weiter müssen bezahlt werden. Da lässt keiner locker", beschreibt Jochen Franke die wirtschaftliche Realität.

Erfahrungswerte besagen zudem, dass derzeit aus finanziellen Gründen viele länger mit einer Beule in der Karosserie rumfahren als früher. Gegenwärtig sind in der Autolackierung "Jolo" mit Lehrling 16 Leute beschäftigt. So auch Jochens Söhne, Alexander (29) und Sascha (24), sowie Ehefrau Christa.

Jochen Frankes Lebensmaxime: "Selbstständig zu sein, heißt selbst arbeiten und das ständig, nicht nur acht Stunden am Tag." Das Ergebnis der zehn Jahre fasst er mit den Worten zusammen: "Es macht uns stolz, zeigen zu können, dass wir im Leben nicht alles falsch gemacht haben." Ein Zurück gibt es nicht. "Nicht einen Schritt", sind sich beide Brüder einig und haben sich am Sonnabend zur Feier des Tages Geschäftskunden und Freunde eingeladen. Zehn erfolgreiche Jahre sind Grund genug, um feiern zu dürfen.