Anwohnerversammlung zum Bauprojekt vor der Wigbertikirche Anwohnerversammlung zum Bauprojekt vor der Wigbertikirche: 100 Bürger - 100 Fragen in Allstedt

Allstedt - Es hätte der große Schulterschluss sein können; die Antwort auf so viele offene Fragen. Doch nach der Anwohnerversammlung im Allstedter Thälmannhaus scheint die Kluft zwischen Bürgern und Wohnungsgesellschaft tiefer denn je. Und dabei hatte alles so vielversprechend angefangen: Nach heftigen Diskussionen über ein geplantes Mietshaus in der Weimarischen Straße und der Gründung zweier Bürgerinitiativen hatten die Bauherren jetzt die langersehnte Informationsveranstaltung angesetzt. Rund 20 Nachbarn des Neubaus vor der Wigbertikirche, dem sogenannten Dom, waren gekommen, um von Antje Siemann, der Geschäftsführerin der Wohnungsgesellschaft, und Bauplaner Kai Dittmann Antworten zu erhalten.
Was zunächst mit einer sachlichen Beschreibung des Baus begann, wurde schnell zur hitzigen Debatte. Spätestens als die Folie mit einer Skizze des zukünftigen Sechsparteienhauses auf dem Beamer erschien, machte sich Empörung im Raum breit. Ausgerechnet jene Abbildung, die bereits im Vorfeld heftig wegen fehlender Details kritisiert wurde. „Mir fehlt immer noch die Relation zum Dom“, bemängelte Manjana Bielig von der Bürgerinitiative und auch die übrigen Gäste formulierten ihren Vorwurf deutlich: „An unseren Dom denkt niemand.“
Ihr Kommen sei überflüssig, so die gängige Meinung im Saal, wenn nicht endlich die geforderte Gesamtansicht des Straßenbildes gezeigt wird. „Der Bau ist etwa 50 Zentimeter höher als das Vorgängergebäude und der obere Teil des Doms bleibt sichtbar“, betonte der Bauleiter immer wieder. Die Gesamthöhe von 11,9 Metern wurde erst nach der Versammlung gegenüber der MZ verdeutlicht. Während der hitzigen Diskussionen übernahm Bürgermeister Jürgen Richter (CDU) die Rolle des Vermittlers. Bisher habe er sich in dieser Debatte bewusst zurück gehalten, doch nun ergriff er erstmals das Wort: „Die springenden Punkte fehlen“, kritisierte er . „Wer in diesem Fall gute Öffentlichkeitsarbeit machen will, muss Alt und Neu gegenüberstellen. Sonst stellen sich 100 Bürger weiterhin 100 Fragen ohne Ende.“
Seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Noch während der Versammlung wurde die Darstellung durch die geforderten Daten ergänzt. Doch die gewünschte Einstellung aller Arbeiten kann auch er nicht bewirken. „Die Baugenehmigung ist gerechtfertigt erteilt. Wie jede Private können wir sie nicht einfach widerrufen.“ Das verstehen die Anwohner nicht. Christine Märzke brachte die Bedenken auf den Punkt. „In gewisser Weise ist das auch unser Baugrund. Wir sind schließlich die Bürger von Allstedt.“ Das alte Gebäude sei weg, die Sicht auf den Dom erstmals frei. Warum sollte man das wieder „zumauern“? „Wir haben doch nicht mehr viel Sehenswertes in der Stadt außer dieser Historie“, so Märzke.
Es ist der Dom, der den Anwohnern Bauchschmerzen bereitet. Die Statik des sich ohnehin schon neigenden Gebäudes wurde schließlich zum Streitpunkt. „Kann der Dom durch das Gebäude davor noch weiter kippen und vielleicht sogar umfallen?“, fragte ein Mann. Doch zu diesem zynisch als „Müntzers Rache“ bezeichnetem Szenario enthielt Planer Dittmann sich und kündigte Überprüfung an. Die knappen Antworten der Bauherren verärgerte die Bürger. Informationen wurden bewusst zurückgehalten, um Protest zu vermeiden, so der Vorwurf.
Vor allem Manjana Bieling und Kai Dittmann diskutierten über bautechnische Probleme, scheinbar widersprüchliche Aussagen des Denkmalamtes und ein befürchtetes „Verkehrschaos“ durch den Bau. Die Wohnungsgesellschaft berief sich auf „Ausnahmegenehmigungen“. Doch gerade dieses häufig wiederholte Wort, erzürnte die Bürger nur noch mehr. Schließlich verließ ein Mann aufgebracht die Versammlung, die anderen folgten ihm. Zurück blieben Enttäuschungen und Fragen auf beiden Seiten. (mz)