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1. Juli 1. Juli: Eine ganze Schule packt zusammen

Von BEATE THOMASHAUSEN 13.12.2010, 12:05

ALLSTEDT/MZ. - Eine ganze Schule packt zusammen. Von der Wandtafel bis zum Tafelwerk, vom Stuhl bis zum Essbesteck muss alles mit. Die Sekundarschule Allstedt wird für ein Jahr nach Eisleben ins ehemalige Gymnasium in der Bergmannsallee ziehen. Und im Herbst 2011 das Ganze noch einmal ungekehrt von Eisleben zurück nach Allstedt. Wer jemals mit seinem familiären Hausrat umgezogen ist, kann sich lebhaft ausmalen, welcher Kraftakt hinterm Umzug einer ganzen Schule stecken muss.

Aber es lockt ein schöner Lohn: Das Schulgebäude in Allstedt wird von innen und außen saniert. 4,4 Millionen Euro will der Landkreis Mansfeld-Südharz locker machen. Nicht ganz allein - 3,7 Millionen Euro kommen aus dem Konjunkturpaket der Bundesregierung. Für diese Millionen soll die alte Schulsporthalle abgerissen und eine neue gebaut werden. Auch den Sportplatz will man neu gestalten. Ebenfalls geplant ist ein Anbau ans Schulhaus. Darin sollen ein Speisesaal und Veranstaltungsraum untergebracht und Aufenthaltsmöglichkeiten geschaffen werden. Auf die Aula freuen sich alle sehr. Bisher fanden auch die feierlichen Übergaben der Abschlusszeugnisse in der Sporthalle statt. Und selbst wenn man sich tüchtig Mühe gibt und eifrig schmückt, eine Turnhalle sieht meist wenig feierlich aus.

Doch noch sind Aula und Co. Träume. Der Umzug ist die Realität. Es kracht mächtig. Bestürzt schaut der Möbelträger auf den kaputten Schrank. Die Kollegen rügen ihn für seine Unachtsamkeit und der Vorarbeiter versichert sofort, dass der Schaden auf jeden Fall repariert werde. "Das war ein Schrank aus dem Büro vom Stellvertreter", konstatiert Schulleiter Ditmar Reinhold trocken. "Wo gehobelt wird, fallen auch mal Späne." Reinhold kennt jedes Möbelstück. Er hat in den fast 20 Jahren, die er an dieser Schule Chef ist, wohl jede Schranktür mal selbst geöffnet, aus den meisten Regalen ein Buch genommen. Jetzt hat er ein wenig Muße, beim Möbeltragen zuzusehen. Die Kisten und Kartons sind fertig gepackt. Natürlich war das der Chef nicht allein. Die insgesamt 27 Lehrerinnen und Lehrer, der Hausmeister und die Reinigungskräfte haben tüchtig geschwitzt. So wurden 900 Kartons á 25 Kilogramm verpackt. Die Bibliothek der Schule passte in ungefähr 150 Kartons. Vor allem in den letzten Wochen ging es neben Prüfungs- und Zeugnisstress rund. Auch in den ersten Ferientagen waren die Lehrer täglich an ihrer Schule, um beim Ausräumen mit anzupacken. Außerdem musste ja auch jedes Möbelstück genau gekennzeichnet werden, damit es in Eisleben gleich an den richtigen Platz kommt.

Eigentlich schon das ganze Jahr über wird in der Allstedter Schule alles das eingepackt, was nicht ständig gebraucht wird. Die alten Zeugnisse und Dokumente zum Beispiel. 25 Jahre sind sie aufzuheben. Ein Riesenberg an Kartons. "Wir haben leider keine Möglichkeit gefunden, diese Dokumente für ein Jahr woanders auszulagern", bedauert Reinhold, für den der Umzug die größte und am sehnlichsten erwartete Aktion in seiner ganzen Laufbahn als Schulleiter in Allstedt ist. Der Umzug ist aber auch die letzte Aktion, die er begleitet, denn er wird zum Ende des Monats in Altersteilzeit gehen.

Außer den ungezählten Heften, Büchern, Atlanten, Karten und, und, und schleppen die Möbelträger Stühle über Stühle. Jeweils vier haben sie ineinander gestapelt. Es muss schnell und kräftesparend gehen. Schließlich müssen dieselben 720 Stühle und 360 Schulbänke im Ausweichquartier in der Eisleber Bergmannsallee bis ganz nach oben geschleppt werden. Im Parterre in dieser Schule sind nämlich noch die Grundschüler der Eisleber Thomas-Müntzer-Schule untergebracht. Auch deren Schulhaus wird saniert. Die Kleinen wollten zwar schon über die Sommerferien in ihr frisch saniertes Schulhaus ziehen, doch die Arbeiten dauern länger als geplant.

Immerhin tragen beide Schulen den Namen des Predigers Thomas Müntzer. "Man wird sich arrangieren müssen. Auch wenn das sicher nicht einfach wird, Kinder und Jugendliche von der ersten bis zur zehnten Klasse auf einem Pausenhof und in einem Schulgebäude zu betreuen", meint Reinhold aus seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Lehrer.

Mit der Sanierung werden auch die Kunstwerke der Schüler verschwinden, die manche Wand zieren. Reinhold: "Wir hatten in den vergangenen Jahren viele Projekte, in denen die Schüler ihre alte Schule ein bisschen neu gestaltet haben." Aber es wird neue, eigene Kunstwerke geben. So wie es jetzt geplant sei, werde die Kunsterziehungslehrerin einen Streifen der Fassade selbst gestalten. Vorschläge der Schüler wurden im Vorfeld zusammengetragen. "Das Thema lautete Müntzer. Ich bin gespannt, was daraus wird", freut sich Reinhold und sieht auch schon die Vorteile eines Schulleiters a.D. vor sich: "Ich werde oft hierher zur Baustelle kommen, um mit der Kamera den Baufortschritt festzuhalten und die Kollegen zu informieren."