Musik im Vorharz Wie sich die Schalmeienkapelle Ditfurt seit ihrer Gründung vor fünf Jahren entwickelt hat
Die Schalmeienkapelle Ditfurt hat sich vor fünf Jahren neu gegründet. Wie sich die Truppe entwickelt hat und warum Interessierte unbedingt vorbeischauen sollten.

Ditfurt/MZ - Nur die tiefen Töne der Großen Trommel hallen durch den Raum. Christopher Fiege schlägt sie leise und zügig: Es klingt wie das ferne Trommeln in einem Indianer-Film, ehe eine Schlacht beginnt. Ganz plötzlich, fast schon überraschend setzen die Schalmeien mit ihrem lauten, scharfen Klang ein. Das Lied „Da sprach der alte Häuptling“ spielt die Schalmeienkapelle Ditfurt an ihrem Probenabend im Aufenthaltsraum des Schießstandes. Der Zuhörer möchte am liebsten singen, sein linker Fuß wippt im Rhythmus mit.
15 der 16 aktiven Mitglieder sind an dem Abend voller Musik, Spaß und Gesellschaft dabei. Sie kommen gerne, nehmen dafür zum Teil eine 20-Kilometer-Anreise in Kauf. So wie Janine Klapproth aus einem Ort bei Aschersleben. „Ich mag diese Musik einfach“, sagt sie. Zum Hineinschnuppern war sie vor wenigen Monaten mit ihrer Tochter gekommen, blieb und spielt jetzt die Becken mit deren Zischen.

Verstärkung gesucht
Becken und verschiedene Trommeln sind die Schlaginstrumente der Ditfurter Kapelle; den Ton an geben allerdings meist die Schalmeien: Blechblasinstrumente in verschiedenen Tonlagen kommen zum Einsatz. Um die Instrumente aller Arten zu besetzen, reicht zwar die aktuelle Zahl der Musiker. Doch wenn einmal mehrere ausfallen, könnte ein geplanter Auftritt schon auf der Kippe stehen. Darum wirbt die Gruppe, die jetzt seit fünf Jahren besteht, um neue Mitglieder. Dafür seien Ende vergangenen Jahres Visitenkarten zum Verteilen und Plakate mit den Kontaktdaten gedruckt worden, berichtet Christopher Fiege. Er ist seit der jüngsten Wahl der neue Vorsitzende des Vereins.
Etwa ein Jahrzehnt lang gab es keine Schalmeienkapelle in Ditfurt, der frühere Verein musste sich auflösen. Mit ihm war Nathalie Bartels, die heutige Kassenwartin, verbunden. „Ich war als Kind schon dabei, und nach der Auflösung blieb mein Herz daran hängen“, sagt sie. Mit Christopher Fiege, Patrick Becker und Karin Baumann wollte sie die Ditfurter Tradition unbedingt wiederbeleben. Die vier hielten Ausschau nach Mitstreitern für eine neue Kapelle, die 2018 gegründet wurde.

Mitglieder der früheren Musikgruppe schlossen sich an, auch viele neue Erwachsene und Kinder kamen. Anfangs musste ordentlich geprobt werden, die Truppe spielte nur für sich. Doch schon bald gab es erste Auftritte bei Geburtstagen, wo die Schalmeienkapelle Ständchen brachte. Mittlerweile ist sie gefragt – nicht nur im Heimatort. Beispielsweise begleitete sie den diesjährigen Faschingsumzug in Quedlinburg. Dafür legte sie im Februar extra ein Marschtraining in der Ditfurter Turnhalle ein: Im Gleichschritt gehen und gleichzeitig die Instrumente spielen, ist gar nicht so einfach. „Das hat aber gut geklappt“, so Fiege.
Stolz auf seine Delle
Er ist stolz auf den Alters-Mix der Kapellenmitglieder, sie sind zwischen 11 und 73 Jahre alt. Der alte Hase in den Reihen ist Peter Meißner. Er erklärt die Schalmei. Sie hat meist drei Ventilknöpfe, die mit Zeige-, Mittel- und Ringfinger einer Hand bedient werden. Und dann gibt es noch den Fingerring am Instrument, durch den der Musiker seinen kleinen Finger der Hand steckt, um Halt zu haben. „Mein Finger hat davon eine Delle“, zeigt Meißner: Nach Jahrzehnten an der Schalmei passiere das.

Jahrzehnte haben die Mädchen und der Junge, die am Donnerstag bei der Probe sind, noch vor sich. Wie kommt man zu einem solchen Hobby? Eine Nachwuchsmusikerin brachte ihre Freundin mit, auf deren Geburtstag gab es ein Schalmeien-Ständchen („Rivers of Babylon“), das gefiel der anderen, die nun auch mitmacht. Und bescheiden von sich behauptet, unmusikalisch zu sein. Die Schalmei zu spielen, klappe aber trotzdem gut.
Ein wenig musikalisches Gehör und Taktgefühl brauche es auch, wenden die Erwachsenen ein. Noten muss man nicht unbedingt lesen können. Manche markieren die entsprechenden Passagen auf dem Notenzettel mit drei Zahlen – für die drei Knöpfe –, andere färben die Zeilen ein, andere brauchen keine Lesehilfe.

Es solle schließlich ein Hobby sein und bleiben, so Christopher Fiege. Die Gemeinschaft gehört auf jeden Fall dazu. Und so geht Kathrin Fischbach – sie ist die musikalische und Nachwuchsleiterin – bei der Probe mit ihrem Hefter geht durch die Reihen, zeigt ihren Musikern ein Notenblatt. „Ja?“, fragt sie kurz und knapp. „Ja!“ ist stets die Antwort. Sie spielen „Happy Birthday“ für eine Kameradin. Der Spaß kommt am Donnerstag auch nicht zu kurz. Es wird viel gescherzt, und der Musiker an der Lyra – eine Art Glockenspiel – stimmt das Ping aus der Telekom-Werbung an.
Jeder, der reinschnuppern oder mitmusizieren möchte, ist gerne gesehen. Instrumente hat die Kapelle da. Sie stammen aus dem Bestand des früheren Vereins, werden nach und nach instand gesetzt.
Die Schalmeienkapelle Ditfurt probt jeden Donnerstag. Interessierte melden sich unter Telefon 0170/9 96 28 23, per E-Mail an [email protected] oder schauen auf die Facebookseite.