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Tafel der Awo in Quedlinburg Warum dieser Mann Lebensmittel ausliefert

Heimarbeit trifft Ehrenamt: Yves Ballin meldete sich im Rahmen der Aktion „Werde Zeitspender!“ und berichtet von seinen Aufgaben.

Von Petra Korn 18.05.2021, 10:00
Yves Ballin ist Zeitspender. Alle zwei Wochen unterstützt er die Tafel des Awo-Kreisverbandes und bringt Lebensmittel zu Tafel-Kunden, die gerade selbst keine Ausgabestelle aufsuchen können.
Yves Ballin ist Zeitspender. Alle zwei Wochen unterstützt er die Tafel des Awo-Kreisverbandes und bringt Lebensmittel zu Tafel-Kunden, die gerade selbst keine Ausgabestelle aufsuchen können. Foto: Petra Korn

Quedlinburg - Frisches Gemüse, Brot, Gebäck – 14 prall gefüllte Beutel lädt Yves Ballin an diesem regnerischen Mittag in seinen Transporter, der auf dem Hof beim Kreisverband Harz der Arbeiterwohlfahrt (Awo) steht. Gepackt haben die Tüten die Mitarbeiter der Tafel in der Quedlinburger Weberstraße – sieben mit frischen und sieben mit haltbaren Lebensmitteln.

Yves Ballin bekommt dazu einen Zettel mit den Namen und Adressen der sieben Empfänger, denen er in der folgenden Stunde die Lebensmittel bringen wird. In einer Stunde ehrenamtlicher Arbeit, die er spendet: Yves Ballin ist Zeitspender.

Den Aufruf „Werde Zeitspender“ hatte der Awo-Kreisverband Harz im Rahmen einer landesweiten Aktion im vergangenen Jahr gestartet. Die Idee: Gefunden werden sollten so in der Corona-Krise ehrenamtliche Helfer, die etwas von ihrer Zeit abgeben. Und die in dieser Zeit die Tafeln unterstützen, indem sie beispielsweise Menschen mit Lebensmitteln versorgen, die sonst zur Tafel kommen, aber zu Risikogruppen gehören und ihre Kontakte reduzieren sollen.

„Ich fand den Gedanken sehr charmant, wenn man mal ein, zwei Stunden aufbringt“, sagt Yves Ballin, der sich auch beim Quedlinburger Sportverein (QSV) engagiert, hier Abteilungsleiter Handball ist und für die SPD im Quedlinburger Stadtrat mitarbeitet. Bei Fraktionskollegin Anke Schleritt, die beruflich bei der Awo tätig ist, hatte er sich bereits zu Beginn der Pandemie erkundigt, wie geholfen werden könnte.

„Es ging im ersten Moment um Menschen, die Tafelkunden und in Quarantäne waren“, berichtet Yves Ballin. Als dann der „Zeitspender“-Aufruf gestartet wurde, folgten der Quedlinburger und weitere QSV-Handballer diesem.

„Ich fand den Gedanken sehr charmant, wenn man mal ein, zwei Stunden aufbringt.“

Yves Ballin, Stadtrat in Quedlinburg

Seit inzwischen einem Jahr sind sie dabei, wenn Lebensmittel ausgefahren werden sollen oder auch schon mal für allein Lebende einzukaufen ist. „Wir haben unseren Handballchat, und da wird dann gefragt, wer bereit ist.“ Bei vielen sei das beruflich schwierig, sagt Yves Ballin, der selbst bei der Investitions- und Marketinggesellschaft in Sachsen-Anhalt arbeitet und gerade viel im Homeoffice ist.

Sein Arbeitgeber lasse ihm Freiraum, „und ich nutze dann meine Mittagspause zum Ausfahren.“ Alle zwei Wochen mal durch den Harz zu fahren, das könne jeder machen, der einen flexiblen Arbeitstag habe, meint der Quedlinburger und fügt hinzu: „So ist es ganz einfach, etwas Gutes zu tun und die Gemeinschaft zu stärken.“

Die Lebensmittel fahre er mit dem eigenen Auto auf eigene Kosten aus. „Es wurde angeboten, dass man das abrechnen kann. Aber wenn man da ein Mal in zwei Wochen durch den Harz düst… “, winkt Yves Ballin ab. Wenn eine Tour bevorstehe, bringe er hin und wieder auch private Spenden zum Verteilen mit.

Beispielsweise Nudeln und Tomatensoße in Dosen – das komme immer gut an. Bei seinen Lieferrunden sei er auch schon mal ganz schön herumgekommen – „bis nach Schierke“, sagt der 31-Jährige mit einem Schmunzeln. Egal, in welchem Ort die Tafelkunden wohnten - „dankbar sind sie alle.“

An diesem Tag stehen ausschließlich Quedlinburger Adressen auf der Liste der mit Lebensmitteln zu Versorgenden. Dazu gehört auch Natalie Fersch. Die alleinerziehende Mutter freut sich über die Lieferung. „Ich finde das Klasse“, sagt sie. Wenn Schulen und Kitas geschlossen seien, sei es schwierig, mit den Kindern zur Tafel zu gehen und Lebensmittel zu holen, erklärt sie. „Als wir erfahren haben, dass Leute das für alleinerziehende Mütter auch bringen, haben wir uns bei der Awo angemeldet.“

Der Awo-Kreisverband Harz sucht weitere Zeitspender, die den Lieferdienst unterstützen und alle ein bis zwei Wochen Lebensmittel zu Tafel-Kunden bringen, die aus verschiedenen Gründen gerade selbst keine Ausgaben aufsuchen können. Interessenten können sich beim Leiter der Tafeln, Robin Gerloff, Telefon 03946/96 11 210, melden. (mz)