1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Viele hirtenhafte Menschen auf dem Weg getroffen

Viele hirtenhafte Menschen auf dem Weg getroffen

Von UWE KRAUS 30.06.2009, 16:15

Halle/MZ. - Eigentlich plante er, 2010 eine Auszeit zu nehmen, um den Kopf klar zu bekommen.' "Und wenn es nur ein Vierteljahr ist, als Gärtner in einem abgeschiedenen Kloster oder mit meiner Frau in einer einfachen norwegischen Hütte."

Nun startet er noch einmal durch. Am Sonntag verabschiedete quasi sein Amtsvorgänger Propst i. R. Dr. Matthias Sens, der am 15. März 2009 nach zwölf Jahren im Propstamt in den Ruhestand ging, den Harzer Superintendenten, der am 11. Juli als neuer Regionalbischof in Stendal eingeführt wird. "Mein schönes Propst-Kreuz wartet auf Sie". Hackbeils Propstsprengel umfasst die Kirchenkreise Egeln, Elbe-Fläming, Halberstadt, Haldensleben-Wolmirstedt, Magdeburg, Salzwedel und Stendal mit insgesamt über 170.000 Gemeindemitgliedern. Die Kirche stellt sich neu auf und seine Propstei ist größer als bisher. Nach der Fusion der Kirchenprovinz Sachsen mit der Thüringer Landeskirche zur Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gibt es fünf Propstsprengel in der neuen Landeskirche

Weil Christoph Hackbeil die Altmark, wo in Stendal der Propst-Sitz ist, wie den Harz kennt, sieht er die Vertrautheit mit dem Norden des Landes als großen Vorteil für das Propst-Amt. Der 1956 Geborene trat nach Studium und evangelischer Studentenarbeit in Halle sein erstes Gemeindeamt im altmärkischen Mieste an. "15 wunderbare und spannende Jahre", nennt er die Zeit, die er dort verbrachte und in der Wendezeit für das Neue Forum am Runden Tisch saß.

Der scheidende Harzer Superintendent betont seit langem, dass die Kirche ihren Blick für den ländlichen Raum schärfen muss, "denn die Menschen dort haben Schule und Konsum verloren, die Verwaltung sitzt weit weg. Nur die Kirche ist ihnen geblieben." Das Propst-Amt setze neue, andere Schwerpunkte als das des Nordharzer Superintendenten, es sei nicht so verwaltungslastig, denkt Hackbeil. "Auf unserem Weg möchte ich Mitarbeitern wie Gemeinden vermitteln, sie werden mitgenommen und haben Möglichkeiten der Mitwirkung." Zudem mache es Christoph Hackbeil "Freude, theologische Fragestellungen zu diskutieren". Als er im Jahr 2000 Superintendent in Halberstadt wurde, waren die Kirchenstrukturen im Wandel. Aus kleinen, auseinanderdriftenden Halberstädter Kirchgemeinden wuchs ein Kirchspiel mit großen Potenzen. Er verantwortete in der Kirche das, was die Politik 2007 nachvollzog: die Bildung größerer Strukturen. Der evangelische Kirchenkreis Halberstadt, zu dem auch Gemeinden zwischen Quedlinburg, Thale und Friedrichsbrunn gehören, entstand.

Auch wenn ihm kraft Amtes viele neue Ämter zufallen, missen möchte er den direkten Kontakt zu den Gemeindegliedern ebenso wenig wie die ökumenischen Begegnungen in der Region. Für ihn muss die kirchliche Arbeit "ein freundliches Selbstbewusstsein ausstrahlen." Er freute sich am Sonntag, dass mündige Kirchengemeinden viele Initiativen getragen haben, Frauen- und Hauskreise gründeten. Er habe viele "hirtenhafte Menschen" kennen gelernt, die sich um scheinbar Verlorene gekümmert haben. Er nannte die Großmutter, die um den Drogen abhängigen Enkel rang und die Mitarbeiter des Rauhen Hauses in Halberstadt. Am Beginn seines Wirkens stritt er mit für die Etablierung der Christlichen Grundschule, zum Ende hin entstand die Bahnhofsmission wieder.

Manchmal suchte sich Christoph Hackbeil, der Schüler der Leipziger Thomasschule war, im Dom selbst einen Ort der Stille, dort wo einst die alten Domherren in ihren Kirchenstühlen saßen. Er hält es für zweitrangig, ob er Halberstadt verloren gehe. Viel mehr treibt ihn um, dass die Würde des Amtes nicht solche Dinge abhanden kommen lässt wie das Klavierspiel, das Lachen oder die Unbefangenheit.

Superintendent Hackbeil nimmt heute Abschied vom Amtssitz am Halberstädter Domplatz. Und er weiß, zum abendlichen Spaziergang durch seinen Garten, "so ein richtiger Pfarrgarten mit Buchsbaumhecke", wird er künftig weniger kommen. Und dort mit seiner Frau Ulrike seltener auf der Bank mit dem tollen Blick auf das Kloster Drübeck sitzen; dort, wo seine Frau ihre Pfarrstelle und Residenzpflicht hat.