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Veranstaltung in Quedlinburg Veranstaltung in Quedlinburg: "Advent in den Höfen" ist gefährdet

22.05.2014, 15:06
Wie lange leuchtet der Stern zur Adventszeit noch über Quedlinburgs Höfen?
Wie lange leuchtet der Stern zur Adventszeit noch über Quedlinburgs Höfen? archiv/chris wohlfeld Lizenz

quedlinburg/MZ/iku - „Cincinnati und Nashville haben uns eingeladen“, sagt Gabriele Vester. Auch eine Delegation aus Süddeutschland habe sich voller Begeisterung den „Advent in den Höfen“ angeschaut. Nur in Quedlinburg, dem Geburtsort des „wohl ungewöhnlichsten Weihnachtsmarkts Deutschlands“ (der „Stern“), will man das vorweihnachtliche Großereignis samt Organisatoren um „Advent“-Erfinderin Vester nicht mehr haben.

Das zumindest ist der Eindruck der Frauen, die jedes Jahr zusammensitzen, planen, schmücken - und an mittlerweile drei Wochenenden ihre Höfe öffnen. „Das Schlimmste ist die Art und Weise, wie die Stadt mit uns umgeht“, sagt Gabriele Vester, die ihren Hof zum ersten Mal 1996 präsentierte. „Mir ging es oft so, dass ich überlegt habe, aufzuhören“, sagt ihre Mitstreiterin Dagmar Hoppe.

Welche Probleme gibt es?

Was aber ist das Problem, das die Weihnachtsmarkt-Experten mit der Verwaltung haben? „Es kommt immer wieder der Spruch, dass die Stadt nichts davon hat“, sagt Gabriele Vester. „Wir bringen Unruhe und sind dafür verantwortlich, dass man sich in der Verwaltung Gedanken über die Sicherheit machen muss.“ Andrea Weyhe, die auch einen Hof betreibt und nach eigenen Angaben jedes Jahr ab Februar Woche für Woche an den Planungen für den „Advent in den Höfen“ sitzt, will in einer Sitzung mit Vertretern des Rates und der Stadtverwaltung gar den Satz vernommen haben „Uns wäre es lieber, es würde nicht stattfinden“.

„Der ,Advent in den Höfen‘ ist für die gesamte Stadt ein herausragendes Ereignis, das zum guten Ansehen Quedlinburgs beiträgt, das kulturell, touristisch und auch wirtschaftlich für unsere Kommune von erheblicher Bedeutung ist“, heißt es dagegen in einer Stellungnahme der Stadtverwaltung. Das ändert aber nichts daran, dass der „Advent“ akut gefährdet ist. Die permanenten Kostensteigerungen für das Sicherheitskonzept zwingen die Hofbetreiber in die Knie. „Einige haben schon das Handtuch geworfen, weil sie es finanziell nicht hinkriegen“, sagt Vester. „Von den 24 Höfen sind letztes Jahr nur 19 angetreten.“ Vester zählt auf, was die Sicherheit des „Advents“ alle Höfe pro Jahr insgesamt kostet: 2011 - 560 Euro, 2012 - 1 742 Euro (ab jetzt mit drei statt zwei Veranstaltungs-Wochenenden), 2013 - 7 312 Euro, für 2014 sind 9 140 Euro angekündigt. 5 700 Euro - 300 pro Teilnehmer - könnten die Betreiber maximal leisten, sagt Vester. Die meisten wirtschafteten plus/minus null.

Verschiedene Rechnungen

Doch das Sicherheitskonzept orientiere sich an Vorgaben des Innenministeriums, hält die Stadt dagegen. Und: „Die von Frau Vester vorgelegten Zahlen sind Eigenangaben und von der Stadtverwaltung nicht nachprüfbar“, so Sprecherin Sabine Bahß. „Die Kosten im Jahr 2013 für den Veranstalter der ,Adventsstadt‘ - die Quedlinburg-Tourismus-Marketing GmbH - setzen sich aus der Brandwache, dem Sanitäts- und Ordnungsdienst zusammen und betragen etwa 25 000 Euro.“ Die Einnahmen aus allen Ständen der „Adventsstadt“ inklusive Weihnachtsmarkt hätten 11 600 Euro betragen - für das Defizit von gut 14 000 Euro sei die Stadt aufgekommen.

„Der Advent in den Höfen“ hat sich zu einer der wichtigsten Veranstaltungen der Stadt entwickelt. Gabriele Vester hatte vor 15 Jahren die Idee dazu. Der Veranstalter der „Adventsstadt“, die Quedlinburg-Tourismus-Marketing GmbH, zählte 2013 120 000 Besucher.

So sieht die Bilanz der Verwaltung für die „Adventsstadt“ 2013 aus: 25 000 Euro kostete die Umsetzung des neuen Sicherheitskonzeptes. Davon wurden rund 11 000 Euro über die Standumlage von acht Euro pro Tag aufgebracht. Das Defizit trug die Stadt. Der Stadtrat beschloss im April für 2014 um 25 Prozent höhere Standgebühren.  (ho/iku)

Andrea Weyhe macht eine andere Rechnung auf: In ihrem eigenen Geschäft in der Hohen Straße macht sie an den drei „Advent“-Wochenenden elf bis zwölf Prozent ihres Jahresumsatzes. „Wenn ich das nicht hätte, müsste ich meinen Laden schließen“, sagt sie. Nur durch die 120 000 Besucher, die das Großereignis in die Stadt saugt, könnten manche Läden in Quedlinburg überleben. Die Zukunft sieht sie wenig rosig: „Es wird Höfe geben, die die Qualität absenken und weiter mitmachen“, sagt sie. „Und es wird Höfe geben, die aufgeben.“