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Tagesklinik in Neinstedt Tagesklinik in Neinstedt: Nach Umzug alle beisammen

Von Andreas bürkner 10.12.2013, 19:20
Als Besucherhund hat „Kalle“ die Herzen der Patienten erobert. Das freut besonders Regina Kreutzer (Mitte) und Schwester Annette Nielebok (r.).
Als Besucherhund hat „Kalle“ die Herzen der Patienten erobert. Das freut besonders Regina Kreutzer (Mitte) und Schwester Annette Nielebok (r.). Chris wohlfeld Lizenz

NeinstedT/MZ - Seit die Tagesklinik der evangelischen Stiftung Neinstedter Anstalten im April 2013 in das „Lukashaus“ auf dem Osterberg umgezogen ist, herrscht nicht nur bei den Patienten eitel Sonnenschein. Auch Diplom-Medizinerin Regina Kreutzer, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie und zugleich leitende Ärztin des Bereiches, freut sich: „Endlich ist alles an einer Stelle, auch das Personal.“ Großzügig eingerichtete Räume und mehr Platz würden die Möglichkeiten für die ambulante Behandlung von psychisch Kranken deutlich erweitern. „Zudem können sich die Mitarbeiter besser über die Patienten verständigen.“

Was zuvor auf Fachkrankenhaus und eine Villa an der Bad Suderöder Straße verteilt war, findet sich nun in den ehemaligen Mitarbeiterwohnungen wieder. „Seit sich abzeichnete, dass sie leer werden, haben wir mit den Planungen begonnen“, erklärt die Leiterin. Die Idee selbst habe aber schon viel länger bestanden.

Bessere Arbeitsbedingungen für Personal

Durch den Umbau können die Mitarbeiter für die durchschnittlich 14 Patienten individuelle Bereiche für Therapie, Entspannung, Aufenthalt, Rückzug oder Aggressionsabbau anbieten. Ergänzt wird das verbesserte Umfeld durch eine kleine Bibliothek und einen weiträumigen Ruhe-Bereich sowie Sozialraum, Küche, Dienst- und Schwesternzimmer. Dadurch verbesserten sich auch deutlich die Arbeitsbedingungen für das Personal „Neben zwei Psychotherapeuten sowie drei Schwestern, die sich ständig um die Patienten kümmern“, so Regina Kreutzer, „ergänzen Musik-, Ergo- und Physiotherapeuten die Behandlung“.

Seit kurzem gehört auch Hund „Kalle“ zu den Helfern. Auf den zutraulichen „Goldendoodle“-Rüden reagieren viele Patienten äußerst positiv. „So manche Verhärtungen schmelzen einfach dahin“, hat Schwester Annette Nielebok beobachtet.

Einzig die Wartezeit auf eine psychotherapeutische Behandlung, die in der Regel über zwölf Wochen geht, ist noch ein Problem. „Üblich sind bei uns etwa drei Monate“, erklärt Kreutzer als betreuende Ärztin. Neben familiären Problemen sowie Folgen der Belastungen und des Umgangs am Arbeitsplatz sind wieder hochkommende Erinnerungen an schlimme Ereignisse im Leben die Gründe für Erkrankungen. „Leider werden es immer mehr, die solche Anpassungsschwierigkeiten bekommen“, sieht die Medizinerin einen negativen Trend. Längst sind zudem „Burn out“ und Depressionen in der Gesellschaft als Krankheiten akzeptiert.

Je nach Symptomen werden die Patienten in zwei Gruppen, entweder stärker verhaltens- oder eher systemtherapeutisch behandelt. Das umfangreiche Therapiespektrum ergänzen Einzel- und Gruppengespräche. „Einmal pro Woche bieten wir mit der Klinikseelsorgerin eine Andacht zur spirituellen Besinnung an, die von den Patienten sehr gern angenommen wird“, sagt Kreutzer.

Montags bis freitags kommen die ansonsten im gewohnten, häuslichen Umfeld lebenden Patienten zwischen 7.30 und 15.15 Uhr in die Tagesklinik, um sich wieder fit für ein selbstbestimmtes Alltagsleben zu machen. Damit wird zugleich ein geregelter Tagesablauf ermöglicht, der lediglich durch das Mittagessen im Bistro unterbrochen wird.

Wichtig ist der Wille

„Wichtig ist der Wille, das Ziel der Selbständigkeit auch erreichen zu wollen“, verweist Kreutzer auf das Mitwirken der Erkrankten an der Heilung. Viele von ihnen wurden zuvor bereits stationär behandelt. Die Patienten würden sich zudem auch nach der Therapie weiter betreuen lassen, um Rückfälle in die Erkrankung zu verhindern. Sie schließen sich einer der Selbsthilfegruppen an, um gute therapeutische Ergebnisse zu stabilisieren.

Regina Kreutzer: „Zudem können die Angehörigen zur Heilung beitragen. Auf Initiative der Therapeuten können sie punktuell an Behandlungsprozessen teilnehmen.“ Vorab könnten Interessenten nach Terminvereinbarung mit den Pflege-Mitarbeiterinnen die Tagesklinik besichtigen. „Erst danach entscheiden sie, ob ihnen diese Therapieform auch zusagt.“

Der Sozialdienst der Tagesklinik kümmere sich auf Wunsch auch um behördliche Angelegenheiten oder einen Arbeitsplatz. „Damit können die Patienten nach der Heilung wieder den Anschluss an das Erwerbsleben finden“, so Kreutzer.

Im Lukashaus selbst werden zudem weitere Angebote genutzt, darunter das Physiotherapiezentrum mit Sporthalle und Bewegungsbecken. „Auch Sprechstunden von Haus- oder Hautarzt sowie Orthopäde und Gynäkologe stehen den Patienten offen“, sagt die Ärztin. „Das sind ideale Bedingungen, von denen wir vorher nur träumen konnten.“

Die Zugabe hat sich Regina Kreutzer für den Schluss aufgehoben - die Dachterrasse. „Wir haben nicht nur frische Luft, sondern auch einen tollen Rundumblick ins Grüne bis hin zum Brocken.“