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Sachsen-Anhalt-Tag Sachsen-Anhalt-Tag: In Thale war der Teufel los

Von STEPHAN NEEF 14.06.2009, 16:56

THALE/MZ. - Dieses Prädikat bekam die rührige Gastgeberstadt bereits in den ersten Minuten des dreitägigen Landesfestes, das am Sonntag zu Ende ging. Während des ökumenischen Gottesdienstes, an dem Landesvater Wolfgang Böhmer, Minister, Landräte und Abgeordnete teilnahmen, pries Pastorin Ursula Meckel ihre sagenhafte Heimatstadt und zeigte sich stolz, "zu den Einladenden gehören zu können". Mit Thalix, dem ungeliebten, weil teuflischen Maskottchen, schienen die Kirchenoberen um Bischof Gerhard Feige ihren Frieden gemacht zu haben. "Und wenn die Welt voll Teufel wär'" blieb trotzdem das Motto der vielen kirchlichen Auftritte.

Trubel auf 21 Bühnen

Thalix und seine mausgrauen Jünger dominierten das Stadtbild ohnehin nicht. Um so zahlreicher tummelten sich große und kleine Thale-Besucher, die aus allen Regionen des Landes und den Nachbarländern angereist waren, vor den 21 Bühnen und in den fünf Regionaldörfern, auf den (Themen-)Straßen und Plätzen der Innenstadt. Chef-Festmanager Frank Hirschelmann sprach Sonntagvormittag bereits von etwa 125 000 Gästen, die allein an den ersten beiden Festtagen nach Thale kamen. Dabei war unübersehbar, dass der bunte Budenzauber Jung und Alt gleichermaßen faszinierte.

"Hits für Generationen" hieß dann auch der musikalische Glanzpunkt der großen Party. Eine schier unübersehbare Menschenmenge bejubelte am Freitagabend auf dem Rathausplatz zwei legendäre Rockbands: Die "Roten Gitarren", die 2010 ihren 45. Geburtstag feiern, und die "Puhdys", die anlässlich ihres 40-jährigen Band-Jubiläums durch die Lande touren. "40" wird 2009 auch die unvergessene "Anna-Maria", die in Thale von den sechs Polen, die noch immer ganz in Weiß auftreten (aber inzwischen auch mit blauer Gitarre), wiederbelebt wurde. Die Puhdys genossen eine Ehrung der besonderen Art: Vier Halberstädter Fans fuhren per Bollerwägelchen 40-jährige Bonsai-Bäumchen auf und wünschten den Alt-Rockern, dass sie die Gehölze, die steinalt werden können, noch überleben mögen. Ein anderer Fan rockte mit eigener Gitarre vor dem Bühnenrand. Bei manchem Titel übernahmen die Massen den Gesangspart.

Großes Gedränge herrschte auch vor dem Podium, auf dem Rock-Poet Heinz-Rudolf Kunze auftrat. Die 19-jährige Annemarie Eilfeld, der wohl jüngste Star der Thalenser Live-Konzerte, brachte mit ihren Kollegen - nach Angaben des veranstaltenden Rundfunksenders SAW - über 8 000 Fans auf die Hubertusinsel. Die sympathische Blondine unterstrich spätestens mit einer Unplugged-Zugabe, nur von der Gitarre begleitet, ihre stimmlichen Qualitäten und wurde lautstark gefeiert.

Wo sind die Thalaner?

Im Schatten der Großen spielten dutzende Amateur-Bands leider oft vor leeren Rängen, obwohl sie - wie die Stendaler Funfolk-Gruppe "Nobody knows" - faszinierende Überraschungen boten. "Wo sind die Thalaner?", fragten die afrokaribischen Musiker der Gruppe "Timbila", die nach einem Holz-Xylophon benannt ist. Donnernde Musik bildete auch den akustischen Hintergrund für eine mitternächtliche Laser-Show, ein Massenspektakel, bei dem der Hang des Roßtrappen-Plateaus stakkatoartig illuminiert wurde. Zuvor hatte eine weiße Riesen-Fee des Berliner Lufttanztheaters in Baumkronen-Höhe mit dem Feuer gespielt.

Feuer spuckte auch ein kleiner Vulkan, der den Eingang eines "Zeittunnels" markierte, den das Thalenser Sozialzentrum Bode installiert hatte. Inmitten des Festgebietes konnten wagemutige Besucher in die Epochen der Menschheitsgeschichte eintauchen, begegneten dem leibhaftigen Fred Feuerstein (Thomas Richardt) und seinen Rätseln, den auferstandenen Göttern der germanischen Mythologie und ihren Spielchen und einem Koboldwald, aber auch Kaiser Lothar III. (Axel Hiegemann) samt Feldlager und Ritterschar. Nach dem Passieren der "Gegenwart" erreichte der Zeitenwanderer die "Zukunft". Hier konnte er Visionen und Wünsche hinterlassen, die auch per Heliumballon verschickt wurden. "Ich möchte ein Pferd", schrieb Sarah. "Ich will Pilot werden", teilte Sören mit. Die Zukunft zeigte sich auch wenige Meter weiter: Während Lothar III. seine "mittelalterliche Kohlsuppe" über dem offenen Feuer erhitzte, ließ die Naturschutzjugend ihre Kartoffeln "mit Sonnenschein kochen". Der einem Parabolspiegel ähnliche Solarkocher ermögliche auch das Backen und Braten, erläuterte Juliane Bäthge, die ein solches, 200 Euro teures Gerät seit drei Jahren besitzt.

Hunderte Verkaufs- und Präsentationshütten flankierten die Bummelmeilen in manchmal kurioser Abfolge. Da hatte die Rosa-Luxemburg-Stiftung gewisse "Dudel-Gewürze" als Nachbarn, aber auch "Saris zum Anprobieren" und eine pfeifende Miniaturausgabe der Harzer Schmalspurbahnen, auf die sogar ausgewachsene Besucher steigen können. Eine Renaissance erlebte die Bowle, die es an fast jeder Ecke in bizarren Farbschattierungen und Riesengläsern gab, allerdings ohne den früher üblichen Käse-Igel.

Sportliche Wettkämpfe

Am Rande der Landesfete wurden aber auch sportliche Erfolge gefeiert: Marco Hösel, sechsfacher Weltmeister und 19-facher Deutscher Meister im Radsport-Trial, sprang mit seinem Zweirad aus dem Stand auf ein 2,80 Meter hohes Podest und dann - einem Messerwerfer vergleichbar - mit jeweils einem Rad zwischen die Extremitäten auf dem Boden liegender Probanden herum. Auch das war ein Rekord: Die Oberhäupter von 111 Städten und Gemeinden aus sechs Bundesländern beteiligten sich am Bürgermeister-Enten-Rennen, das im Rahmen der Harzer Sommertage stattfand, die diesmal in den Sachsen-Anhalt-Tag integriert wurden. Sieger wurde ein ausländischer Gast - Thales lettische Partnerstadt Aizkraukle.

435 Plastetiere schickte das "gemeine Volk" ins Bode-Rennen, das schnellste war die Ente mit der Nummer 304. Ihre Besitzerin erhielt einen Kurzurlaub im Bodetal-Hotel "Königsruhe". Beim Wettschwimmen passierte eine der wenigen Festpannen: Eine fünfköpfige Familie kniete, offenbar in Unkenntnis der Spielregeln, am Ufer und angelte - freudig erregt - die Enten reihenweise aus dem Wasser. Nach einer zünftigen Belehrung wurden die Tierchen wieder frei gelassen, doch ihre Siegeschancen waren dahin. Viele Festgäste werden nach ihrem Besuch die Meinung von Jugendtheater-Prinzipal Ronny Große teilen, der in seinem Sachsen-Anhalt-Lied versprach: "Thale ist eine Sagenstadt, die viel zu bieten hat".