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Reform beim Bundeskleingartengesetz Reform beim Bundeskleingartengesetz: Angst um Schrebergärten

Von Christian Rüdiger 13.11.2019, 10:56
Trügerische Gartenidylle - viele Vereine haben zu kämpfen.
Trügerische Gartenidylle - viele Vereine haben zu kämpfen. Pülicher

Quedlinburg - Rund 16 Prozent der Gärten stehen bei den Gartenfreunden Thale leer, weil viele Menschen aus altersbedingten Gründen ihre Parzelle abgeben. In Gernrode sind es sogar 50 Prozent. Nachfolger zu finden ist schwierig. „Kämpfen muss jeder“, sagt Susanne Kliesch, Vorsitzende der Gartenfreunde, auf die Frage nach der aktuellen Situation von Kleingartenvereinen.

In ihrer Anlage sind derzeit 35 von insgesamt 213 Kleingärten nicht belegt. Bei den Anlagen, die einen Besitzer haben, lasse sich dagegen keine feste Alterstendenz ausmachen, wie sie sagt. „Wir haben ein gemischtes Publikum aus älteren Menschen und jungen Familien“, erzählt die Vorsitzende. In Gernrode beträgt der Altersdurchschnitt 55 Jahre.

Reform beim Bundeskleingartengesetz: Viele geben im hohen Alter den Garten ab

Ein besorgniserregendes Bild gibt es in Gernrode. In der Anlage „Einigkeit zur Rose“ sind 32 von 62 Parzellen nicht verpachtet - fünf Pächter haben ihren Garten in diesem Jahr abgegeben, zwei sind dazugekommen. „Die Situation ist drastisch“, sagt der Vorsitzende Sven Hablitschek. Auch hier gäben viele im höheren Alter ihren Garten ab, sagt er.

Neue Menschen zu finden, die eine Parzelle haben wollen, ist nicht leicht. „Es fällt schwer, weil besonders Familien ein eigenes Grundstück mit Garten haben“, erzählt er.

Das sind zwei Beispiele von insgesamt 63 Kleingartenvereinen im Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg. In den Orten Thale, Ballenstedt, Harzgerode, Quedlinburg und den dazugehörigen Ortsteilen werden insgesamt 3.800 Kleingartenparzellen bewirtschaftet.

Reform beim Bundeskleingartengesetz: Ein lebensfremdes Gesetz

Um zukünftig mehr Menschen zu finden, die eine Parzelle ihr Eigen nennen möchten, will der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) das aktuelle Bundeskleingartengesetz ändern. Hintergrund ist eine Anhörung von Kleingartenvertretern und Bundestagsabgeordneten in Berlin. „Die Vertreter der Kleingärtner haben übereinstimmend gesagt, dass das Bundeskleingartengesetz mittlerweile lebensfremd sei“, so VDGN-Präsident Christian Gräff.

Die aktuelle Verordnung sieht unter anderem vor, dass im eigenen Kleingarten zwingend Obst und Gemüse angebaut werden müssen und Lauben eine Größe von maximal 24 Quadratmetern nicht überschreiten dürfen. „Es ist höchste Zeit, das Gesetz vom Muff zu befreien“, sagt Gräff.

Ein Vorschlag der Unterstützung erhält. „Ich bin grundsätzlich ein Fan von Reformen“, sagt Susanne Kliesch.

Reform beim Bundeskleingartengesetz: Größe der Lauben erhöhen und familienfreundlich gestalten

Mit den Reformen sollen die Regeln aus dem seit 1983 bestehenden Bundeskleingartengesetz gelockert werden. Konkret fordert der Verband, dass die Größe für Lauben auf 34 Quadratmeter erhöht wird, damit Kleingärten auch für Familien mit mehreren Kindern taugen. Ein Vorschlag, den Hablitschek teilt. „24 Quadratmeter sind für eine Familie mit Kindern zu wenig.“

Weiterhin soll das neue Gesetz eine Strom- und Wasserversorgung sowie eine geregelte Entsorgung des Abwassers in den Kleingärten gewährleisten, um „den Bedürfnissen des Menschen im 21. Jahrhundert Genüge zu tun“, wie der Verband in einer Pressemitteilung schreibt.

Reform beim Bundeskleingartengesetz: Pläne werden mit Skepsis betrachtet

Diese Forderung kann Hablitschek nicht nachvollziehen. „Einen Strom- und Wasseranschluss gibt es in so ziemlich jeder Anlage, aber Toiletten mit Abwasser sind in Kleingärten einfach nicht erlaubt. Die Menschen kommen zum Erholen und zur Gartenarbeit, nicht, um dort zu leben.“ sagt er und äußert sich hier skeptisch über die Reformpläne.

Wann oder ob die aktuelle Verordnung geändert wird, ist nicht abzusehen. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer kündigte an, einen neuen Gesetzentwurf erarbeiten zu wollen.

Ob es unbedingt eine neues Gesetz braucht, damit Kleingärten, wie vom VDGN beschrieben, attraktiver werden?

„Wenn die Dachfläche versetzt gebaut wird, dürfen Lauben auch jetzt schon eine Größe über 24 Quadratmeter haben“, sagt der Vorsitzende Hablitschek.

In Gernrode und bei den Gartenfreunden Thale sind außerdem alle Gärten mit einem Strom- und Wasseranschluss ausgestattet - und das ohne ein erneuertes Bundeskleingartengesetz. „Kleingärten sind wieder im Kommen“, so die Auffassung von Kliesch. Warum das so ist, macht sie an einem ökologischen Wandel in der Gesellschaft fest.

„Obst und Gemüse werden teurer, deswegen nehmen sich jetzt wieder mehr junge Menschen einen Kleingarten, um dort eigene Lebensmittel anzubauen.“

Reform beim Bundeskleingartengesetz: Junges Publikum soll angesprochen werden

Bei den Gartenfreunden Thale soll auch ohne neues Gesetz viel dafür getan werden, die eigenen Anlagen attraktiver zu machen, sagt Kliesch. Unter anderem soll ein Spielplatz gebaut werden. „Wir wollen ein junges Publikum ansprechen“, berichtet sie. In Gernrode besteht auch der Wunsch, solche Attraktionen zu errichten, es fehlt allerdings das Geld. „Wir würden sofort einen Spielplatz bauen. Dafür brauchen wir Hilfe vom Regionalverband“, sagt Hablitschek.

Gerade junge Leute müssen seiner Meinung nach angesprochen werden. Die Kinder von heute seien die Gartenbesitzer von morgen, sagt er. Attraktive Gartenanlagen seien kein Problem des aktuellen Gesetzes, sondern eher eine Frage des Geldes. In beiden Anlagen sind der Wunsch und das Interesse da, Parzellen möglichst interessant und attraktiv zu gestalten - egal ob mit oder ohne reformiertes Kleingartengesetz. (mz)