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Quedlinburg Quedlinburg: Aurora ehrt Aurora

Von petra korN 29.04.2012, 18:29

Quedlinburg/MZ. - Eine illustre Gesellschaft hat sich am Sonnabendmittag auf dem Schlossberg versammelt, als die Glocken zu einer Andacht in die Stiftskirche rufen. Um Maria Aurora Gräfin von der Königsmarck, derer an diesem Tag gedacht werden soll, scharen sich unter anderem Friedrich der Große, Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel und Vertreter des Hofstaats August des Starken, dessen Geliebte Aurora war. August selbst ist zwar nicht dabei, dafür ist ein Prinzregent aus Frankreich mit nach Quedlinburg gekommen - Louis Philip Herzog von Orleans und Herzog von Anjou.

Antlitz und Stimme geben den historischen Persönlichkeiten Mitglieder des Traditionsvereins Dresdner Barock. Sie wollen dabei sein, wenn an Aurora, deren Geburtstag sich am Sonnabend zum 350. Mal jährte, erinnert wird. "Sie gehörte auch zu Dresden", begründet Rudolf Fritzsche, der den Prinzregenten verkörpert.

Vor allem aber ist Aurora mit der Geschichte Quedlinburgs verbunden: Über viele Jahre Pröpstin des kaiserlich freiweltlichen Damenstifts und diesem auch 14 Jahre lang vorstehend, hat Aurora, die in Quedlinburg starb und der Fürstengruft der Stiftskirche beigesetzt ist, hier Spuren hinterlassen. So wird die Andacht zu einer Zeitreise in die Geschichte.

Aurora war eine Frau mit großer Ausstrahlung, stark, eigenwillig und schillernd, sagt Ekkehard Steinhäuser, theologischer Vorstand der Domschätze Halberstadt und Quedlinburg und Pfarrer in der Stiftskirche. Als junge Gräfin kam die am 28. April 1662 in Stade Geborene an den Dresdner Hof, wo sie August den Starken durch ihre Schönheit bezauberte und dessen Geliebte wurde. Sie schenkte ihm 1696 einen Sohn, fiel aber bald darauf in Ungnade und wurde noch im gleichen Jahr in das Quedlinburger Damenstift abgeschoben.

Dieses wurde damals von Anna Dorothea, Herzogin von Sachsen-Weimar, geleitet, welche Pläne hatte, dass Aurora hier einmal Äbtissin werden sollte. So wurde sie am 24. Mai 1700 als Pröpstin eingeführt, und von 1704 bis 1718 stand sie dem Stift während einer Sedisvakanz, einer Zeit, in welcher das Äbtissinnen-Amt nicht besetzt war, vor. Äbtissin aber wurde Aurora aufgrund von Intrigen nie, berichtet Ekkehard Steinhäuser.

Wie er weiß, hat sich Aurora auch baulich um die Stiftskirche verdient gemacht. So berichtet eine historische Quelle, dass 1711 ein Stück Mauer der Kirche eingestürzt ist, eine andere sogar von einem Einsturz der gesamten Mauer. Auf der südlichen Seite des Kirchenschiffes befindet sich eine lateinische Inschrift in der Wand. Hier heißt es, dass unter der Herrschaft von Aurora diese Wand neu errichtet worden ist.

Überliefert ist auch, dass der Blitz in den Turm der damals noch eintürmigen Kirche einschlug. Der Turm brannte aus, die Glocken zersprangen. Ein Jahr später wurden drei neue Glocken gegossen. "Aurora hatte beim Kaiser und bei der Bevölkerung Geld gesammelt, um diese Glocken bezahlen zu können", sagt Steinhäuser. Als Zeichen der Dankbarkeit sei später die größte, 3,2 Tonnen schwere Glocke nach Aurora benannt worden.

So ehrt am Sonnabend Aurora Aurora: Zum einen legt Silvia Weise, die Vorsitzende und Aurora beim Traditionsverein Dresdner Barock, eine rote Rose nieder auf dem Kreuz, welches die Stelle kennzeichnet, auf welcher der Sarg der 1728 verstorbenen Pröpstin in der Gruft steht. Und zum anderen wird am Ende der Andacht, welche von Wojciech Swiatek mit der Gitarre musikalisch umrahmt wurde, die Aurora-Glocke von Hand geläutet.

Welche Bedeutung Aurora für die Kirche hat? "Sie war eine machtbewusste Frau, aber sie hat mit dieser Macht nie gespielt. Macht ist bei ihr stets in Zusammenhang mit Verantwortung zu sehen. Sie hat vermocht, menschliche Gemeinschaft herzustellen und zu prägen", sagt Ekkehard Steinhäuser.