1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Prozess gegen "Radlader-Bande" aus dem Harz: Prozess gegen "Radlader-Bande" aus dem Harz: Tresorknacker im Schlafanzug

Prozess gegen "Radlader-Bande" aus dem Harz Prozess gegen "Radlader-Bande" aus dem Harz: Tresorknacker im Schlafanzug

Von Andreas Bürkner 10.07.2015, 19:12
Dieser Baumarkt in Gernrode war eines der Ziele der „Radlader-Bande“, die bei drei Überfällen insgesamt 167.000 Euro erbeutete.
Dieser Baumarkt in Gernrode war eines der Ziele der „Radlader-Bande“, die bei drei Überfällen insgesamt 167.000 Euro erbeutete. Wohlfeld Lizenz

Harzgerode/Magdeburg - Egal, welcher der Angeklagten am zweiten Prozesstag am Magdeburger Landgericht gegen die „Radlader-Bande“ den Ablauf der drei Überfälle in Gernrode, Königerode und Harzgerode aus dem Vorjahr schilderte - es gab immer mindestens einen unter den Komplizen, der dazu den Kopf schüttelte oder die Miene verzog. Spätestens, als der von Staatsanwalt Klaus Bleuel ausgemachte 57 Jahre alte Kopf der Bande durch seinen Verteidiger erklären ließ, nur den Plänen des Fahrers der Baumaschinen gefolgt zu sein, gab es erstaunte Gesichter auf der Anklagebank.

Auch ein „Baumaschinenfachmann“ war dabei

Auch von den Mitangeklagten wurde der 57-Jährige als Kopf der mutmaßlichen Tresorknacker-Bande benannt. „Er hat uns gesagt, was wir machen sollen, und auch Druck ausgeübt“, sagte ein 25-Jähriger, der nach eigener Aussage bei allen drei Coups im Sommer 2014 dabei war. Auf die Anklageschrift angesprochen, erklärte der junge Mann: „Im Großen und Ganzen war das so.“

Ein 52-jähriger Angeklagter erklärte, der Kopf der Bande habe ihn als „Baumaschinenfachmann“ für die „Deals“ angeworben. Er selbst hatte die Radlader nach eigener Aussage gestohlen und gefahren - weil er Geld brauchte. „Wer braucht denn heutzutage keins?“

Wie sich die Angeklagten gegenseitig belasten und wer etwas über die Gesamtsumme der Einbrüche wusste, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Ein anderer Angeklagter berichtete vom nächtlichen Tresorknacken in Schlafanzug und Pantoffeln. „Die standen im April plötzlich mit dem Ding vor der Tür“, sagte der 53-Jährige im Landgericht aus. „Ich wusste nicht, dass die kamen. Ich war sprachlos und hektisch.“ Dennoch habe er den zuvor gestohlenen Geldschrank auf seinem Grundstück geöffnet. Mehr Details kenne er nicht. Zur Höhe der Beute und seinem „Lohn“ hat er Erinnerungslücken. „Als vorn in der Küche gezählt wurde, habe ich hinten schon saubergemacht.“ Auch die anderen beiden Tresore habe er geöffnet. Aus Angst, wie er auf Nachfrage sagte.

Neben dem mutmaßlichen Denker und Lenker sitzt auch dessen Ehefrau auf der Anklagebank. Sie ist nach eigener Aussage aber nur eine „Beobachtungsperson“ gewesen, habe also Schmiere gestanden.

Zwar waren die Beteiligten meist beim Öffnen zugegen, die Frau des mutmaßlichen Bandenchefs habe allerdings die Gesamtsumme verschwiegen. „Wie viel es jeweils war, erfuhr ich erst von der Polizei“, erklärte der 25-jährige Angeklagte, der mit einem Kleintransporter die beiden Tresore des Gernröder Baumarkts und der Bank in Königerode sowie den Geldautomaten aus Harzgerode abgefahren haben soll.

Der von den anderen als Bandenkopf benannte Angeklagte ließ von seinem Verteidiger eine Erklärung verlesen. Darin schob er dem „Baumaschinenfachmann“ die Rolle des Instrukteurs zu und stellte klar: „Wir waren keine Kumpel. Keiner hat dem anderen getraut.“ Vorher habe man lockere Freundschaften gepflegt, gefeiert und Alkohol getrunken. Der jüngste Beschuldigte bezeichnete sich selbst als süchtig nach Crystal.

Einig waren sich die Angeklagten nur in einem Punkt. Eine Serie von Überfällen sei damals nicht geplant gewesen. Der Prozess wird am kommenden Mittwoch vor dem Magdeburger Landgericht fortgesetzt. (mz)

Der durch den Bagger stark beschädigte Hagebau-Markt in Gernrode nach dem Einbruch am 17. April 2014
Der durch den Bagger stark beschädigte Hagebau-Markt in Gernrode nach dem Einbruch am 17. April 2014
Archiv/wohlfeld Lizenz