Rotarier in Quedlinburg bauen Afrika-Hilfe aus Praktikanten aus Ghana sollen in Welterbestadt lernen
Aus Perspektivlosigkeit verlassen junge Menschen in Ghana ihre Heimat. Der Rotary Club Quedlinburg hat darum mit einem internationalen Hilfsprojekt ein Schulzentrum für jene Region geschaffen, die als Brennpunkt der illegalen Migration im Land gilt. Jetzt soll noch mehr getan werden, und die Welterbestadt ist mit dabei.

Quedlinburg/MZ. - „Sehen Sie sich dieses Bild an“, sagt Pater Martin Oduro Bilson und zeigt ein Foto von Kindern, die auf bunt zusammengewürfelten Plastikstühlen unter Bäumen sitzen. „Das ist ein Klassenzimmer.“ Der Bildungsbeauftragte der Diözese Techiman in Ghana ist nach Quedlinburg gekommen und spricht hier über den Alltag in dieser Region des westafrikanischen Landes, die er als Brennpunkt der illegalen Migration in Ghana bezeichnet.
Die Hälfte der Bevölkerung lebe unter der Armutsgrenze, von rund zwei Dollar am Tag, die Hälfte der Schulen sei überfüllt und nur fünf Prozent der Jugendlichen hätten einen regulären Schulabschluss.
Durch den Bau eines dörflichen Bildungszentrums mit Schule und Erwachsenenbildung in dem Ort Nsuta soll sich die Situation nachhaltig verbessern, und Hilfe dafür kam und kommt vor allem aus dem mehr als 7.000 Kilometer entfernten Quedlinburg.
Quedlinburg unterstützt Bildung in Afrika
Vor mehreren Jahren hat der hiesige Rotary Club ein großes internationales Hilfsprojekt gestartet, das nun auch nach seinem Abschluss weitergeführt werden soll. Partner waren die Rotary Clubs in Sandy (Großbritannien) und Techiman, der Rotary-District 1800, die Rotary Foundation und das Bundeswirtschaftsministerium sowie die Diözese Techiman.
„Es ist nicht nur eine Schule entstanden, sondern auch ein nachhaltiges Ausbildungszentrum im Sinne der Erwachsenenbildung. Die Ausbildung vor Ort ist von größter Wichtigkeit, da sie dazu beiträgt, dass Zukunftsperspektiven vor Ort geschaffen werden und ein Leben in Ghana zum Beispiel der Auswanderung vorgezogen wird“, betont der Quedlinburger Rotarier-Präsident Markus König. „Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir vor, weitere Kooperationsprojekte ins Leben zu rufen.“ Die Stadt ist dabei mit im Boot, wie Oberbürgermeister Frank Ruch erklärt.
Betriebe sind bereit, Praktikanten aufzunehmen.
Frank Ruch, Oberbürgermeister von Quedlinburg
Regionale Kooperationen könnten helfen, sinnvoll, praktikabel und ethisch vertretbar Fluchtursachen zu vermeiden. Mit der Unterstützung von Projekten für die Gesundheitsversorgung, Bildung und Landwirtschaft wolle die Stadt „niederschwellig, aber nachhaltig an dem Projekt weiterarbeiten und es hier in der Region verankern durch viele Praktikumsplätze“, sagt Frank Ruch. König spricht unter anderem davon, dass Hospitanten aus Ghana in die Verwaltung, ins Krankenhaus, in Schulen und Handwerksbetriebe eingeladen werden sollen.
Quedlinburgs Bürgermeister: Heimische Unternehmen wollen sich am Projekt beteiligen
Die Verwaltung will das nicht im Alleingang tun, sondern hat sich dafür der Unterstützung des Stadtrates versichert. Das Wichtigste sei nun, bürokratische Hürden abzubauen und den Betrieben, die bereit sind, Praktikanten aufzunehmen, dies so leicht wie möglich zu machen, betont Ruch. Denn er habe bereits Zusagen; Unternehmen wollen demnach auch Geld geben, beklagen aber die Bürokratie, die damit verbunden sei. „Wir werden das in den Griff kriegen“, so Ruch.

Das mit Hilfe der Rotarier geschaffene Bildungszentrum in Nsuta hat Vorbildcharakter, sagt Pater Oduro Bilson. Es solle auf andere Orte übertragen werden, um den dort lebenden Menschen eine bessere Ausbildung zu ermöglichen. Denn: „Migration kann man nicht stoppen. Aber man kann sie kontrollieren.“