Pölle 8 in Quedlinburg Pölle 8 in Quedlinburg : Renaissancebau erstrahlt wieder

Quedlinburg - „Es war schwierig“, sagt Hans-Joachim Scherlach, „aber letztendlich kann man stolz sein, alles geschafft zu haben.“ Damit bezieht sich der 74-jährige Apotheker auf sein nach langer Umbauphase fertiggestelltes Projekt, das aus dem Jahr 1560 stammende Renaissancehaus in der Pölle 8 in neuem Glanz erstrahlen zu lassen.
Nach der Komplett-Sanierung beherbergt das Gebäude künftig das Restaurant „anno 1560“ – die Eröffnung fand am Donnerstag statt – sowie sieben Ferienwohnungen. Bis es so weit war, mussten jedoch einige Hürden genommen werden.
Begonnen hat alles im August 2011 mit den Arbeiten am Markt 7, womit das letzte unsanierte Gebäude am Marktplatz herausgeputzt wurde – und der 74-Jährige sowohl mit einer seiner Apotheken als auch dem Restaurant „M7“ eingezogen ist. Aufgrund kurioser Grundstückszuschnitte – die Hofzufahrt zum Markt 7 erfolgt über die Pölle 8, so dass eine Nutzung der Pölle 8 einzig für den Eigentümer des Markt 7 sinnvoll erscheint - trat die Denkmalpflege an ihn heran, berichtet Scherlach. „Wollen Sie die Pölle 8 nicht auch sanieren?“, habe damals die Frage gelautet.
Nach einiger Bedenkzeit habe er schließlich zugesagt, „auch, weil ich der Meinung war, dass das in der Pölle 8 befindliche Tonnengewölbe aus Sandstein für die Öffentlichkeit zugänglich sein muss“. Außerdem habe man niemandem zumuten können, tagtäglich das marode und möglicherweise einsturzgefährdete Tor in der Pölle 8 passieren zu müssen.
Startschuss im November 2014
Ende November 2014 sei dann der Startschuss für die Sanierungsarbeiten gefallen, sie dauerten bis Juli dieses Jahres, „dann war alles fertig“ – insgesamt 564 Quadratmeter zu einem Quadratmeterpreis von rund 2 300 Euro, erzählt Scherlach.
Die sieben Ferienwohnungen kämen auf eine Gesamtgröße von 335 Quadratmetern, Restaurant und Nebenräume auf 229 Quadratmeter. „Gefördert wurden etwa 350 Euro pro Quadratmeter“, Förderer sei die Baubecon gewesen, der Sanierungsträger der Stadt Quedlinburg.
Im Laufe der Sanierung habe die komplette Fassade ausgebaut werden müssen, „eigentlich war das Gebäude abbruchreif“, erinnert sich Scherlach.
Es sei aber auch eine Menge Arbeit gewesen, den nun fertiggestellten Zustand zu erreichen. „Vor allem ist versucht worden, es möglichst originalgetreu hinzubekommen.“ Es sei immer wieder kontrovers diskutiert worden, um die bestmögliche Lösung zu finden. So wurde beispielsweise hinter das vorhandene Fachwerk neues Fachwerk gesetzt und das Ganze zwecks Wärmedämmung mit Lehm verputzt, schildert der Bauherr.
Viele morsche, verfaulte oder vom Schwamm befallene Balken hätten ausgetauscht werden müssen, darunter sogar ein tragender Hauptbalken. Das Dach sei sowohl mit alten als auch neuen Ziegeln gedeckt worden, und einige Fenster seien nun ein wenig anders angeordnet als im Originalzustand.
Kuriose Entdeckungen
Im Gebäudeinneren – bedingt durch mehrere Ausbauten im Laufe der Historie – gebe es an vielen Stellen Stufen, um ungerade Passagen auszugleichen. „Meine ursprüngliche Idee war ja, alles zu begradigen, um diese Stufen wegzubekommen, aber dazu kam es dann doch nicht.“
Auch die eine oder andere kuriose Entdeckung habe es im Verlauf der Arbeiten gegeben. So wurde in einer großen Kiste ein ganzer Berg an voradressierten Tütchen für Samen gefunden, auch ein Stapel Hypothekenpfandbriefe sei aufgetaucht.
Höhepunkt seien aber sechs hölzerne Palmetten - einst Schmuckmotive am Fachwerkhaus - sowie einige Sandsteinpfeiler im Gewölbe gewesen. „Bei den Pfeilern hat sich herausgestellt, dass sie wohl noch älter sind als das Gebäude, die Palmetten stammen nach Untersuchungen aus dem Jahr 1535 und wurden im Anschluss an einem Windbruch allem Anschein nach im Haus als Bodenelemente verbaut.“
Für die Gäste der Ferienwohnungen hat sich Scherlach etwas Besonderes einfallen lassen: Jedes der Zimmer – jeweils zwischen 30 und 65 Quadratmeter groß – soll unter dem Motto einer geschichtsträchtigen Persönlichkeit stehen, die in Quedlinburg beheimatet war, „darunter Heinrich I, Otto I, II und III, Kaiserin Theophanu oder Äbtissin Anna II. zu Stolberg“.
Zu DDR-Zeiten sei es in dieser Ecke der Pölle eher trist und dunkel gewesen, nun sei das Ganze ein wenig lebendiger gestaltet worden – „jetzt haben wir einen kleinen Hingucker geschaffen“, sagt Scherlach. „Seit 43 Jahren lebe ich nun hier, daher bin ich ja selbst ein Quedlinburg-Fan.“ (mz)

