Orgelbau in Heteborn Orgelbau in Heteborn: Die Pfeifen sind zurück

Heteborn/MZ - Seit Jahren schwieg die Orgel in der Heteborner Kirche. Das alte Stück hatte zwar bis zum Beginn der Dachsanierung vor rund sechs Jahren noch ordentliche Töne von sich gegeben, war danach aber dem Schmutz der brüchigen Deckenkonstruktion zum Opfer gefallen. „Als der erste Dreck von oben herabrieselte oder gar purzelte, wurde sie zu ihrem Schutz ausgebaut und die Teile wegen des gleichbleibenden Klimas in der Kirche aufbewahrt“, erinnert sich Martin Lodahl aus Dingelstedt.
Der Orgelbauer ist zusammen mit seinem Kollegen Thomas Filter derzeit dabei, die einzelnen Pfeifen zu reinigen, notfalls kleinere Reparaturen auszuführen und sie wieder einzubauen. „Rund 400 müssten es wohl insgesamt sein“, schätzt Lodahl. Von den kleinsten aus Metall bis hin zu den Meter hohen aus Holz müssen sie geputzt werden. Manchmal hilft nur eine Bürste mit langem Stiel, wie sie Thomas Filter vor dem Gotteshaus verwendet. „Ich habe den Beruf des Orgelbauers zu DDR-Zeiten richtig gelernt“, erzählt er.
Intensive Auseinandersetzung
Der Einbau bietet auch die Möglichkeit, sich etwas genauer mit der Entstehung des Instruments zu befassen. „Daran haben sich schon viele beteiligt“, ist sich Martin Lodahl sicher, der eigentlich Drechslermeister ist. „Erst ab 1991 habe ich mich intensiv mit Orgelbau befasst und umgeschult“, sagt er. 2001 hat er sich selbstständig gemacht, nachdem er die in vier Generationen bestehende Familienwerkstatt übernommen hatte.
„Das Gehäuse mit dem Orgeltisch stammt vermutlich aus der Zeit des Einbaus vom Altar in die Kirche“, vergleicht Lodahl beide vor allem von der Optik her. „Sie sind sich sehr ähnlich.“ Schaue man genauer hin, dann gebe es einen weiteren Hinweis: „Auf der Tastatur fehlen die großen Cis-Töne, die waren erst etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts bei solchen Orgeln gebräuchlich.“
Was ebenso auffällt, sind ein nachträglich ausgebautes und abgedecktes sowie zwei freie Register. Lodahl: „Da wurde im Laufe der Jahre doch einiges verändert.“ Einst habe es sogar mal zwei Laden gegeben, stellt er fest. Gemeint ist ein Teil der Orgel, auf dem fast alle Pfeifen aufgestellt sind und mit Wind versorgt werden. Alten Unterlagen ist zu entnehmen, dass das vormalige Instrument 1848 durch eine gebrauchte Orgel der Firma Adolf Reubke ersetzt wurde, die über zehn Stimmen (zwei im Pedal, acht im einzigen Manual) und eine Pedal–Manual–Koppelung verfügte. Das decke sich auch mit seinen Erkenntnissen, sagt Lodahl, der die Herkunft der Pfeifen auf das 18. und 19. Jahrhundert schätzt. Der vermutlich letzte größere Umbau ist in den 1950er Jahren durch die Halberstädter Orgelbaufirma Sohnle erfolgt, weiß Lodahl. Wilhelm Sohnle leitete die Halberstädter Filiale der seit April 1937 unter „E. Palandt & Sohnle KG“ firmierenden und nach Hildesheim verlegten Orgelwerkstatt, bevor er 1944 zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Der Betrieb in Halberstadt schloss, die Verbindung zu Palandt wurde durch die Teilung Deutschlands nach 1945 ganz aufgegeben. Sohnle gründete in Halberstadt sein eigenes Unternehmen, das nach dem Krieg viele kleinere und größere Orgeln sanierte.
Verschönerung der Registerknöpfe
Martin Lodahl prüft jede einzelne Pfeife auf ihren Ton, bevor er sie wieder an die Stelle setzt, an der er sie vor Jahren beim Abbau heraus nahm. Nebenbei verschönert er sogar noch die Registerknöpfe mit selbst gedrechselten Kappen. Vorher gab es an dieser Stelle unansehnliche, beschriftete Porzellanschilder. Binnen kurzer Zeit wollen die Orgelbauer ihren Auftrag erfüllen, das „Wieder-bespielbar-machen“ des Instruments. Ob es dafür eine Extra-Einweihung geben wird, ist ihnen nicht bekannt. Was Lodahl aber weiß: „Sie wird auf jeden Fall erklingen, selbst wenn der Strom für das Gebläse ausfallen sollte.“ Möglich mache es der noch vorhandene manuelle Blasebalg aus früheren Zeiten, auch wenn dieser leicht reparaturbedürftig sei.
