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Hilfe geben, um Menschen im Leben Fuß fassen zu lassen

11.08.2009, 15:53

VON UWE KRAUS BALLENSTEDT/MZ. - Schwester Bärbel, wie sie Alteingesessene nennen, hat vor der Wende in der Mütterberatung Kinder und deren Eltern betreut. Später tat sie es nicht weniger engagiert als Sozialarbeiterin in der Sozialpädagogische Familienhilfe des Diakoniewerkes. Sie hat vermocht, Menschen zu helfen ohne sich aufzudrängen und hat sich selbst in komplizierten Fällen vor ihre betreuten Kinder gestellt.

Für deren Träger, die "Kanzler von Pfau'sche Stiftung", ging mit dem Ruhestand von Bärbel Köhler ebenfalls eine Ära zu Ende. Die Trägerschaft für die Sozialpädagogische Familienhilfe übernimmt die St. Johannis GmbH, eine Einrichtung der Stiftung Evangelische Jugendhilfe, während die "Kanzler von Pfau'sche Stiftung" weiter ihre Kernkompetenz in der Seniorenarbeit ausbaut.

Sowohl Stiftungsdirektor Andreas Schindler als auch St. Johannis GmbH-Geschäftsführer Klaus Roth unterstrichen, dass es für die betroffenen Kinder und Eltern keine einschneidenden Veränderungen gibt. Die Beratungsstelle bleibt im Johannisstift in der Ballenstedter Allee 23 angesiedelt. Nur werden künftig zwei junge Frauen die verantwortungsvolle Arbeit übernehmen: die aus Dankerode stammende Annett Füchtner und Kirstin Erfurt.

Stiftungsdirektor Andreas Schindler (Kanzler von Pfau'sche Stiftung) würdigte die Beispielhaftigkeit des Wirkens von Bärbel Köhler, die mit einem Netzwerk dafür sorgte, dass benachteiligte Kinder in Kindergärten und Schulen Essen bekamen, dass Schuhe gekauft und Bekleidung ausgegeben wurde. Dazu kamen Aktivitäten weit über die Wände der Beratungsstelle hinaus, ob Familienwandertage und oder gemeinsames Plätzchenbacken, was keineswegs Selbstverständlichkeiten in den von ihr betreuten Elternhäusern sind.

"Sie als Spinne in einem Netzwerk zu bezeichnen, mag ein falsches Bild sein, aber Frau Köhler war immer mittendrin, vermochte zu ermutigen und zu motivieren." Sie verfüge über einen nüchternen Realitätssinn, der manchmal wieder auf den harten Boden zurückhole. Davon profitierte die Region um Ballenstedt und werden junge Menschen und Familien auch unter der neuen Trägerschaft zehren können. "Geradlinig und herzlich", nennt Beatrice Reimann vom Jugendamt des Landkreises Bärbel Köhler, die viel für die betreuten Familien erreicht habe.

"Ihr Credo war es, Menschen so zu stärken, dass sie im Leben Fuß fassen können", meint Edith Gurke, die sich aktiv in die "Otto-C.-Kiep-Stiftung" einbringt. Sie ist so eine Masche im Köhlerschen Netzwerk, das Kinder aus benachteiligten Familien Unterstützung gibt. "Die Erlöse aus der Stiftung kommen Bedürftigen in Ballenstedt zu Gute und helfen, unbürokratisch Hilfe zu leisten." Es gehe darum, über die Kinder an die Eltern heranzukommen, bei denen zumeist die Wurzeln des Problems liegen.

Nach Angaben der Sozialpädagogische Familienhilfe werden von Ballenstedt aus etwas sieben Familien mit bis zu 30 Kindern betreut. Jedoch sei der Hilfebedarf deutlich höher.

"Wer möchte beispielsweise am Gymnasium zugeben, dass er hungert und das Mittagessen von der Stiftung finanzieren lassen", meint Edith Gurke nachdenklich.