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Harz Harz: Wochenstube unter Schutz

Von PETRA KORN 17.12.2010, 13:42

MEISDORF/MZ. - Als Begräbnisstätte für das Adelsgeschlecht fungiert es aber längst nicht mehr. Das neogotische Bauwerk ist heute ein geschütztes Fledermausquartier. Im Sommer ist hier das Große Mausohr zu finden, weiß Bernd Ohlendorf, Leiter der Referenzstelle Fledermäuse Sachsen-Anhalt. Im Winter dient das Gebäude meist kleineren Arten als Unterschlupf für den Winterschlaf. Bernd Ohlendorf nennt hier beispielsweise Zwergfledermäuse, Mops- und Fransenfledermäuse. Aber auch so das eine oder andere Mausohr findet sich hier im Winter ein - ausschließlich männliche Tiere. "Frauen mögen es warm", sagt Bernd Ohlendorf mit einem Schmunzeln, und im Mausoleum ist's dem weiblichen Mausohr dann ganz einfach zu kalt.

Errichtet wurde die Begräbnisstätte im Jahr 1834. Bestattet im "Neuen Gewölbe" wurden zwischen 1869 und 1919, so weist es eine Schautafel aus, 13 Frauen und Männer. Auch der letzte Graf vom Falkenstein, Fritz Graf von der Asseburg, welcher in den 1940er Jahren starb, soll hier beigesetzt worden sein; allerdings soll ihn sein Diener, bevor zum Kriegsende die Russen kamen, wieder herausgeholt und in gräflichem Grund und Boden bestattet haben. So ist es überliefert, erzählt Bernd Ballin, der sich seit zwölf Jahren um das Fledermausquartier kümmert und, teils ehrenamtlich, teils im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für das Biosphärenreservat, hier wöchentlich ein- bis zweimal nach dem Rechten schaut.

In den 1970er Jahren waren die Zinnsärge der Asseburger umgebettet worden, weil in das Mausoleum immer wieder eingebrochen worden war. Pläne, das Bauwerk gar zu sprengen, wurden wieder verworfen. Noch zu DDR-Zeiten begann der Meisdorfer Heimatverein, das teils eingefallende Mauerwerk sowie das schmiedeeiserne Tor in Ordnung zu bringen. Doch um das imposante Portal war es schlecht bestellt. "Das war völlig kaputt." Die Familie Busche als neuer Eigentümer des Waldes ließ schließlich das Mausoleum im Jahr 2007 restaurieren, so dass es nun wieder in altem Glanz erstrahlt.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Fledermäuse hier längst ihr neues Quartier gefunden. "Wir sind der Meinung, dass sie vorher im ,Falken' auf dem Boden waren. Nachdem es dort gebrannt hatte, waren sie auf einmal weg. Bis sie dann durch Zufall im Mausoleum entdeckt wurden", erklärt Bernd Ballin, während er das schmiedeeiserne und das dahinter liegende Holztor zum Mausoleum öffnet.

Das sich öffnende Holztor, das im Winter geschlossen bleibt, um etwas mehr Wärme im Gebäude zu halten, gibt den Blick frei in das Innere der einstigen Begräbnisstätte: in einen runden Raum mit Kuppel, der durch Sandstein-Säulen, welche von Bögen überspannt werden, von dem fast umlaufenden breiten Gang getrennt ist. Hoch oben mündet die Kuppel in einer Rundöffnung, welche mit einer Holzdecke verschlossen ist. Dort oben bezieht das Große Mausohr Quartier, zeigt Bernd Ballin in rund neun Meter Höhe. 300, 400 Alttiere kommen, sobald das Wetter draußen gut ist, in jedem Jahr hierher. Ausschließlich Weibchen, denn Männer werden in der "Wochenstube" nicht geduldet. Die Fledermäuse bringen hier ihre Jungen zur Welt. Wenn die Jungtiere nach etwa acht Wochen flügge sind und gemeinsam mit den Alttieren im Juli / August das Mausoleum verlassen, werden alle abgefangen und beringt. So wissen die Fledermaus-Experten genau, seit wie vielen Jahren ein Tier hierher kommt und ob unter den "angestammten" Mausohren auch mal ein neues, zugeflogenes ist, welches noch nicht in der "Wochenstube" war.

Wird es draußen kalt, finden sich dann die Wintergäste ein. Weil es in dem Gebäude doch relativ wenig Nischen gibt, hat Bernd Ballin extra Betonkästen gebaut und an den Wänden aufgehängt. "Damit die Fledermäuse auch Unterschlupf haben", weist er auf die zahlreichen Kästen in unterschiedlichen Größen sowie Formen. Und tatsächlich sind einige der Kästen "bewohnt". "Das sind Zwerge", erkennt Ballin sofort.