Harz Harz: Neuer Start mit Druck
harzgerode/MZ. - Den Buchdruck gibt es seit mehr als 560 Jahren. Eine schon recht lange Tradition hat er auch in Harzgerode: Bereits 1872 existierte hier nachweislich eine Buchdruckerei. Seit Jahrzehnten ist das Drucken in Harzgerode mit dem Namen Krebs verbunden, seit gut zwei Jahren auch mit dem Namen Ferun Becker. Jetzt ist Ferun Becker als Gründerin des Monats April 2012 des Landes Sachsen-Anhalt ausgezeichnet worden.
Ego-Pilotin Kristina Fischer-Gerloff, die Ferun Becker bei der Existenzgründung begleitet und sie auch für die Auszeichnung vorgeschlagen hat, überreichte der Inhaberin der Druckerei Krebs in Harzgerode die Urkunde im Namen der Investitionsbank des Landes Sachsen-Anhalt und der Landesregierung und gratulierte gemeinsam mit Harzgerodes Bürgermeister Jürgen Bentzius (SPD).
Die gelernte Schriftsetzerin hat ihre Druckerei am 1. Januar 2010 gegründet. Damit setzte Ferun Becker eine Familientradition fort: 1955 hatte ihr aus Gotha kommender Großvater seine Schwester in Harzgerode besucht und hier von einer vor ein, zwei Jahren still gelegten Druckerei erfahren. Hans-Heinrich Krebs kaufte der Familie Truelsen diese Druckerei ab und betrieb sie, bis sie 1982 sein Sohn, Heimer Krebs, übernahm. Dessen Tochter, Ferun Becker, wurde praktisch mit der Druckerei groß, entschied sich aber erst relativ spät, in die Fußstapfen von Großvater und Vater zu treten. "Ich wollte eigentlich Töpferin werden. Ich bin durch die ganze DDR gereist, habe aber keine Leerstelle gefunden", erzählt die heute 42-Jährige.
So wurde es doch die Druckerei. Ganz bewusst aber wollte sie nicht im väterlichen Unternehmen lernen. "Ich habe mir gesagt, das, was er kann, kann ich immer noch von ihm lernen. Ich wollte sehen, wie andere Betriebe funktionieren." Bei Diagrammdruck Quedlinburg absolvierte sie eine Ausbildung als Schriftsetzerin im Bleisatz. Nach deren Abschluss wechselte sie ins väterliche Unternehmen und arbeitete hier mit. Nach der Wende schulte sie auf Computersatz um. Sie arbeitete in der Layoutgestaltung, der zugehörigen Filmbelichtung und -montage sowie der Druckplattenbelichtung und dem Offsetdruck bis hin zur Weiterverarbeitung. 1998 absolvierte sie bei der Handwerkskammer in Magdeburg eine Fortbildung zur Fachkauffrau Handwerkswirtschaft; weitere Weiterbildungen folgten. Auch die Druckerei wurde weiterentwickelt: Im Jahr 2004 kam der Digitaldruck als neues Arbeitsfeld hinzu.
Als sich abzeichnete, dass ihr Vater in den Ruhestand gehen wollte, begann Ferun Becker sich zu informieren. "Es war der Wunsch von beiden Seiten, dass ich das fortführe." Es gab schon ein paar schlaflose Nächte, räumt sie ein. "Das war mein Schmerz in der Vorbereitung: ob sich das trägt, ob man konkurrenzfähig ist." Doch andererseits, so die Überlegungen der zweifachen Mutter, könne sie die Zeit, die sie hätte aufwenden müssen, um zu einem anderen Arbeitsort zu fahren, auch dafür nutzen, "mich mit dem Büroalltag vertraut zu machen". Nach sorgfältigem Abwägen, bei welchem sie Unterstützung durch Ego-Pilotin Kristina Fischer-Gerloff erhielt, entschied sie sich. Nachdem Heimer Krebs seine Druckerei zum Jahresende 2009 geschlossen hatte, gründete Ferun Becker die Druckerei Krebs zum 1. Januar 2010 neu.
Jetzt, gut zwei Jahre später, kann sie eine positive Bilanz ziehen. "Ich bin gut ausgelastet", sagt sie. Möglich geworden sei das Dank der treuen Kunden. "Ich habe einen Großteil Stammkunden und monatlich wiederkehrende Arbeiten", erklärt sie. Zwischenzeitlich habe sie auch einige Neukunden gewinnen können. Das Arbeitsfeld der Druckerei reicht von Visitenkarten und privaten Einladungen über Prospekte, Kalender, Broschüren oder Kataloge bis hin zur kompletten Geschäftsausstattung sowie Beschriftungen und Stempel.
Von der Auftragsannahme über Layout und Gestaltung sowie dem Druck bis hin zur Auslieferung liegt alles in den Händen von Ferun Becker. Bei Bedarf stehe ihr Vater mit Rat und Tat zur Seite. Zudem pflege sie auch gute Kontakte zu anderen Druckereien, erzählt die Inhaberin, die besonders gern am Computer arbeitet: Layouts von Drucksachen zu gestalten, ist ihr "Steckenpferd".
Die Betreuung durch die Ego-Pilotin, die Unterstützung der Investitionsbank, der Gründerzuschuss haben ihr den Start erleichtert, sagt Ferun Becker. Die Existenzgründung zu wagen, sei "definitiv" die richtige Entscheidung gewesen. "Das war das Beste, was ich hätte machen können."