Harz Harz: Leckerei vom Stock
WERNIGERODE/MZ. - In Schweden heißt er Spettekaka, in Griechenland Obelisa, in Frankreich Gateau de brioche, in Ungarn Kürtocs Kalacs und in Rumänien Agnethler. In Deutschland ist der König der Kuchen schlicht als Baumkuchen bekannt.
Wie wird dieser jedoch hergestellt? Die Antwort von Rolf Dieter Friedrich kommt prompt: "Der Baumkuchen wächst am Baum." Er zeigt dabei auf das Außengelände, wo tatsächlich ein Baum mit Baumkuchenbehang steht und gern als Fotomotiv von den zufriedenen Gästen auserwählt wird. Na ja, gibt der Chef des Harzer Baumkuchenhauses Nr. 1 wenige Augenblicke später schmunzelnd zu: "Man muss die Leute doch neugierig machen."
Der Baumkuchen wächst natürlich nicht am Baum - auch wenn es wiederum gar nicht so weit hergeholt ist. Über die Geschichte und Verbreitung des Baumkuchens können die Besucher in der kleinen, aber einzigartigen Ausstellung in Wort, Bild, Modellen und natürlich mit Technik einiges erfahren. So ist es interessant zu wissen, dass die Geschichte des Baumkuchens eng mit der Geschichte der Menschheit sowie des Backens und Bratens vor offenem Feuer zusammenhängt. Bereits in Griechenland wurde vor 2 000 Jahren ein Brot gebacken - das so genannte Obeliasbrot - welches bereits mit Honig gesüßt war.
Baumkuchen ist eine biskuitartige Masse, die Schicht für Schicht auf einer sich waagerecht drehenden Walze vor offenem Feuer gebacken wird, erklärt der Konditormeister. Davon können sich die Besucher des Baumkuchenhauses jeden Freitag und Samstag von 14 bis 16 Uhr beim Backen von Baumkuchen überzeugen und natürlich den noch warmen Baumkuchen kosten. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts wurde zum Backen gut getrocknetes Buchenholz verwendet, welches dann von Elektrizität und Gas abgelöst wurde. Die dafür notwendige Backwalze gibt es in verschiedenen Formen und sie hat auch verschiedene Namen, die vom Spieß, Prügel bis hin zum Baum (daher der Name) reichen. Sie wird mit Papier oder Alufolie umwickelt und erhitzt. Die recht dünnflüssige "eierkuchenartige" Masse wird dann Schicht für Schicht in einem Spezialbackofen nach jedem Backvorgang aufgetragen. So entstehen dann die wie Jahresringe eines Baumstammes aussehenden Schichten. Glatte Baumkuchen bekommt man mit einer geringen Geschwindigkeit der Walze, verrät Konditormeister Friedrich. Die Zacken entstehen durch eine hohe Geschwindigkeit der Walzen in der Backmaschine. Erst nach dem Auskühlen wird der Kuchen weiterverarbeitet. Er ist übrigens das Symbol des Konditorenbundes in Deutschland - weil es viel Geschicklichkeit und Fachwissen braucht, diesen herzustellen und weiter zu bearbeiten. "Hier steckt eine Menge handwerkliche Arbeit drin", sagte der Wernigeröder.
Gemeinsam mit seiner Frau Regina griff er 1992 die Harzer Baumkuchentradition auf. So wurde dieser in einer Hinterhofbäckerei im Ortsteil Hasserode hergestellt. Das Baumkuchenhaus Nr. 1 entstand aus einer jahrelangen Idee, weiß der Chef zu berichten. "Wir wollten aufzeigen, dass es neben normalen Cafés auch Spezialcafés geben kann."
Am Neustadter Ring 17 eröffneten die Friedrichs ihr Baumkuchenhaus im September 2008 als Bäckerei, Café und Museum. Mit seiner markanten Baumkuchenarchitektur ist es nicht zu übersehen. Insgesamt acht Mitarbeiter zählen zum Team. Etwa 15 bis 18 Tonnen des Kuchens werden im Jahr produziert und auf Wunsch auch weltweit versandt. Sogar bis nach Japan und Australien, weiß Friedrich zu berichten. Dass die Qualität stimmt, davon zeugen nicht nur die vielen Zertifikate und Auszeichnungen. Es sind die rund 100 000 Besucher pro Jahr, die sich die Harzer Attraktion nicht entgehen lassen wollen und gern wiederkommen, wie die Einträge im Gästebuch beweisen. "Bei uns gibt es keine Leerlaufzeiten", betonte der Chef. Deshalb sei es auf alle Fälle ratsam, sich vorher Plätze im Café zu reservieren. Rund 40 verschiedene Variationen stehen auf der Speisekarte. So beispielsweise Baumkuchen mit Vollmilch oder Zartbitterüberzug. Als Spitzen oder Riegel. Gefüllt oder ungefüllt. Als Glocke oder Kugel. Sogar Baumkuchen mit Würzfleisch wird angeboten, verrät der Chef.