Stadtjubiläum Gute Stimmung bei den Hoftagen in Quedlinburg: Endlich wieder draußen
1.100 Jahre Quedlinburg werden 2022 groß gefeiert. Die Hoftage am Wochenende waren der Auftakt zu einer mehrwöchigen Festzeit. Und sie haben gezeigt: Nach zweieinhalb Jahren Corona ist die Sehnsucht nach Festen und Feiern groß.

Quedlinburg/MZ - Die Corona-Pandemie ist noch lange nicht überstanden, und es herrscht Krieg in Europa. Und Quedlinburg feiert. Bewusst, sagt Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU) am Freitagabend zur Eröffnung der Hoftage; sie sind Auftakt der 1.100 Jahr-Feier der Stadt.
Gerade jetzt, unter diesen schwierigen Bedingungen, „brauchen wir alle ein Stück Normalität und freudige Ereignisse“, so Ruch. Am Sonntag zeigt er sich „wunschlos glücklich“: „Ich bin froh, dass unser Konzept aufgeht und dass die Stimmung entspannt ist.“ Das Wetter mit warmen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein meint es gut mit der Stadt, Menschen schlendern - zum Teil dicht gedrängt - über Steinbrücke, Marktplatz und Kornmarkt. Die meisten haben dabei auf die nun nicht mehr verordnete Maske verzichtet. Ein Problem für den OB angesichts der aktuellen Coronazahlen? Ruch spricht sich dafür aus, dass „die Menschen solidarisch miteinander umgehen und dass sie - mit und ohne Maske - miteinander mit Respekt umgehen.“
Die Hoftage seien „eine kleine Kompensation“ dessen, „was in den vergangenen zweieinhalb Jahren verloren gegangen ist“, sagte bereits am Freitagabend Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der das Fest gemeinsam mit dem Quedlinburger OB eröffnet hat. Es herrsche Krieg in Europa, trotzdem wolle man ein Zeichen setzen für Bürgersinn und friedliches Zusammensein und an das anknüpfen, was vor Jahrhunderten auf den Weg gebracht wurde. Ohne Quedlinburg gäbe es kein heutiges Sachsen-Anhalt und kein heutiges Deutschland, so Haseloff; die vielen Quedlinburger, die ihm zuhören, spenden laut Beifall.
Haseloff erinnert an die politische Bedeutung Quedlinburgs zu König Heinrichs Zeiten, an die Hoftage und Osterfeiern, an denen hier große Politik gemacht wurde: „In Quedlinburg haben sich die Nationen getroffen, wurde friedlich verhandelt und Probleme gelöst. Lasst uns wieder dort ansetzen und eine friedliche Zukunft gestalten.“
Quedlinburg sein ein „Place of Power“ gewesen, ein „Ort der Macht“, sagt der Historiker Stephan Freund von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Immerhin hat sich hier im Mittelalter Europas Politprominenz versammelt: In Quedlinburg wurde Hof gehalten, Recht gesprochen, wurden internationale Verhandlungen geführt. Freund verweist auf den Chronisten Thietmar von Merseburg, der über die Ostertage im März 973 berichtet, an denen Griechen, Ungarn, Dänen, Slawen, Bulgaren ihre Gesandten in den Harz schickten: „Alle Fragen fanden eine friedliche Schlichtung“, so Thietmar.

Die Bevölkerung werde gestaunt haben angesichts des Prunks, so Freund, doch dies sei nur ein Teil der Geschichte. Der Glanz Heinrich I. habe die Stadt zu einem besonderen Ort gemacht. Er habe das Reich geeint, und in Tradition dieser Reichsintegration sei Quedlinburg zu einem symbolischen Ort geworden: „In auffälliger Häufung“ seien die deutschen Könige nach ihrer Wahl hierher gekommen. „Die Königserhebung wurde hier demonstrativ zeichenhaft vollendet“, sagt der Historiker. Aus dem Aufenthalt in Quedlinburg hätten die Herrscher „einen Teil ihrer Legitimation bezogen“. Das mache die Stadt zu einem Ort der Macht. Aufgabe unserer Zeit sei es, das reiche kulturelle Erbe zu pflegen, „wie es in Quedlinburg in vorbildlicher Weise getan wird“.
Das Mittelalter war denn auch am Wochenende sehr präsent im Stadtbild - Handwerkerstände, Mittelalter-Darsteller und deftiges Essen prägten die Meile bis zum Rathaus.