Geschichte Geschichte: Wende kommt zu früh

Altenbrak/MZ - „Der Zeitpunkt zum Start meines eigenen Cafés konnte kaum ungünstiger sein“, blickt Klaus Koppelmann auf den Juli 1989 zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte Altenbrak noch eine riesige Dichte an Ferienheimen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), in denen fast ständig mehr Gäste untergebracht waren, als der Ort im Bodetal überhaupt Einwohner hatte. „Bei den günstigen Preisen gab es einen riesigen Bedarf an Gastronomie, auch an Kuchen und Kaffee“, weiß der inzwischen goldene Bäckermeister Koppelmann noch. Ab dem Tag der Eröffnung des Cafés „Theodor Fontane“ gab es kaum leere Tische im Haus hoch am Hang über dem Tal.
„Ich hatte mir alles so gut ausgemalt“, erzählt der 77-Jährige, der das Café mit seiner Frau Erika eigentlich nur bis zur Rente führen wollte. „Doch dann kam bald alles ganz anders.“ Die gleichen FDGB-Urlauber, welche zunächst das Haus mit Pension, Küche, Backstube und einer Panorama-Terrasse ordentlich füllten, zog es nach dem Fall der Mauer hinaus in die weite Welt, die vorher unerreichbar schien. „Die Zahl der Kunden ging nach der Wende gewaltig zurück.“
Trotz der Schwierigkeiten hielten Koppelmanns an ihrem Vorhaben fest, das sie nach zweieinhalbjähriger Vorbereitungs- und Bauphase in die Tat umgesetzt hatten. Mit Gastfreundlichkeit und selbst gebackenem Kuchen als Spezialität des Bäckermeisters trotzten sie der schwierigen Situation. „Wir waren fast schon Exoten in der Gegend, so viele Cafés mussten nach der Wende schließen“, sagen sie.
Mit exotischen Tieren jedoch verbringt Klaus Koppelmann seine Freizeit, seit vielen Jahren züchtet er Papageien, Aras, Beos oder Kakadus. Gerade hat er wieder eine der Volieren umgebaut. „Das ist ein schöner Ausgleich“, betont er.
Der 1936 als Sohn eines Gastwirtes in Sorge geborene Klaus wuchs in Altenbrak auf. 1952 begann er in seinem Wohnort eine Lehre in der Bäckerei Reulecke und beendete sie 1955 als Facharbeiter. Während der anschließenden Anstellung in der Konsum-Konditorei Blankenburg qualifizierte er sich nebenbei zum Konditor. Zusätzlich absolvierte Klaus Koppelmann noch die Meisterausbildung im Bäckerhandwerk, die er 1962 mit den Prüfungen in Dresden erfolgreich abschließen konnte. Der Lohn folgte prompt: Ab sofort durfte der nun bestens qualifizierte Fachmann als Brigadier in der Blankenburger Firma arbeiten.
„Ich blieb allerdings nicht mehr lange“, sagt der rüstige Rentner, „1964 habe ich mich selbstständig gemacht und die Bäckerei Meier in Ditfurt übernommen.“ Nach fünf Jahren gab er sie zugunsten der nächsten zehn Jahre für die Bäckerei Bauermeister in Thale auf. „Ich habe sie nicht nur geleitet, sondern auch in der Stadt gewohnt“, blickt er zurück. Ab 1980 war er für den FDGB als Objektleiter im Einsatz, auf der letzten Station vor dem „Fontane“ als Gaststättenleiter des FDGB-Cafés „Zur Treseburg“ im Nachbarort. „Das ist vielen besser unter dem Namen Wellblech-Café in Erinnerung.“
Fast schien der Vater von zwei Söhnen und einer Tochter auf einer Handwerker-Walz zu sein, allerdings nicht im eigentlichen Sinne. In Orten wie Blankenburg, Ditfurt, Thale, Wernigerode und Treseburg hinterließ er Eindruck mit seinen Fähigkeiten. Erst nach vielen Jahren, mit einem kurzen Zwischenstopp in der Bäckerei „Steffen“, kehrte Koppelmann endgültig, nach Altenbrak zurück - mit seinem eigenen Café „Theodor Fontane“.
„Auf den Namen kam ich bei einem Weimar-Besuch“, erzählt der goldene Meister. Dort seien auch berühmte Leute wie Goethe, Schiller und andere verewigt. „Warum nicht Theodor Fontane?“ Das fragte er sich danach. Schließlich sei dieser Ende des 19. Jahrhunderts bei Wanderungen durchs Bodetal nachweislich in Altenbrak gewesen und habe zu der Zeit an seinem Roman „Cecile“ gearbeitet.
Bis zum 70. Geburtstag lenkte Klaus Koppelmann die Geschicke des Cafés selbst und baute es weiter aus. Erst im Jahr 2006 übergab es an seinen Sohn Lutz und dessen Frau Dorothea. „Beide kommen aus der Gastronomie, mein Sohn hat auch Bäcker gelernt“, weiß Klaus Koppelmann die Nachfolge innerhalb der Familie in guten Händen.
„Wenn Not am Mann ist, packe ich schon noch mal mit an“, bekennt er. Viel lieber aber genießt er die Ruhe am Waldrand und die herrliche Aussicht von der Panorama-Terrasse. Koppelmann: „Von hier gibt es den schönsten Blick ins Tal und auf Altenbrak.“