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Geschichte Geschichte: Apfel trug Namen Halberstadts in die Welt hinaus

Von uwe Kraus 22.02.2012, 10:47

halberstadt/MZ. - Aus den Plantagen verbannt

Nun werfen die zunehmenden Angebote einschlägiger Biobaumschulen ein ganz neues botanisches Licht auf die Micky-Mouse-Geschichte. Verbirgt sich dahinter doch der Halberstädter Jungfernapfel. Ob auf einer verwilderten Streuobstwiese bei Leipzig, im Botanischen Garten der Universität Tübingen oder bei der Oberlausitz-Stiftung zum Erhalt seltener Obstsorten, überall trifft man auf diese Äpfel. Unter den "Tarnnamen" Prinzenapfel, Rheinische Schafsnase oder Ziemerling hat es das Vorharzer Obst auch in weit entfernte Gegenden verschlagen.

Doch wie Boiken, Kaiser Wilhelm, Winterglocken-, Danziger Kantapfel oder Gewürzluiken findet der Kunde den Halberstädter Jungfernapfel so gut wie nie in den Supermärkten. Obwohl er sehr robust sowie wenig krankheitsanfällig ist und schmackhafte Früchte trägt, verbannte man ihn aus den Obstplantagen.

Solche kraftstrotzenden Halberstädter sind aus ganz banalen Gründen nicht gefragt: Ihre Kronen sind zu groß und ihre Früchte können nicht bequem vom Boden aus gepflückt werden.

Und ein Schickimicki-Defizit hat das Obst auch: Die Äpfel alter Sorten wirken manchmal etwas unscheinbar, obwohl sie den Nachteil mit ihrem Geschmack wettmachen. Schließlich gilt der Jungfernapfel aus dem Harz als großer, rundlicher, leuchtend rot gestreifter, säuerlicher Tafelapfel, der von Pomologen (Apfelkundlern) als locker, sehr saftig mit wenig Würze und vorherrschend angenehmer Säure charakterisiert wird. Kaum ein Apfel eignete sich einst so gut zum Saften wie der "Halberstädter Jungfernapfel".

Nur noch in der Öko-Ecke zu finden

Dass er kräftig im Saft stand, bewies der Jungfernapfel schon vor über 75 Jahren. Reichen die Wurzeln des nach seinem Erstanbaugebiet rund um Halberstadt benannten Jungfernapfels nach Expertenmeinung zwischen 210 und 180 Jahre zurück, sorgte die Sorte später für Nachwuchs besonderer Art. Unter "Geheimrat Breuhahn" verbirgt sich der Nachkomme, der aus einem Seitensprung entstand: Dieser Apfel wurde um 1893 in der Königlichen Lehranstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisenheim am Rhein als Zufallssämling aus dem "Halberstädter Jungfernapfel" gewonnen.

1934 wurde er dem Handel übergeben, wo er wie sein Vorfahre nur noch im wirklich sehr gut sortierten Apfelregal in einer Öko-Ecke zu finden ist.