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Feuerwehr Ballenstedt Feuerwehr Ballenstedt: Feuer löschen wie vor hundert Jahren

Von Rita Kunze 03.06.2016, 12:09
Wie es sich anfühlt, eine 120 Jahre alte Spritze zu bedienen, wollten Jan-Philipp, Jamis und Luca wissen.
Wie es sich anfühlt, eine 120 Jahre alte Spritze zu bedienen, wollten Jan-Philipp, Jamis und Luca wissen. Chris Wohlfeld

Ballenstedt - „So Jungs, jetzt gebt noch mal alles!“ Stadtwehrleiter André Waligora sitzt im Einsatzwagen und spornt über Lautsprecher die Männer an, die am Mittwochabend wie vor 100 Jahren ein Feuer auf dem Ballenstedter Schlossplatz löschen: Mit aller Kraft drücken sie den großen Bügel der Handdruckspritze - Baujahr 1906 - immer wieder nach unten. Das Wasser, das anfangs nur plätscherte, wird zum kräftigen Strahl. In kurzer Zeit sind die lodernden Flammen im Feuerkorb, der ein paar Meter entfernt steht, gelöscht.

Die Männer in historischer Uniform - blaue Jacke, weiße Hose, schwarze Stiefel und Pickelhaube - packen zusammen. „Das war ja nur Spaß, aber wenn man das über eine längere Zeit machen muss, dann braucht man alle 30 Minuten eine Ablösung“, sagt Haribert Michalk. Er gehört zur Ehren- und Altersabteilung der Feuerwehr Rieder, die zusammen mit dem Oldtimertrupp der Ballenstedter Wehr Brandbekämpfung auf die alte Art demonstriert. Und die ist nicht ohne: „Es kam erst kein Wasser, wir haben eine ganze Anzahl Schläge gebraucht“, sagt der Feuerwehrmann.

Die Vorführung ist Teil der großen Schauübung, mit der die Stadtfeuerwehr Ballenstedt die Feiern zu ihrem 150-jährigen Bestehen und zum 111. Gründungsjahr der Feuerwehr Rieder eingeläutet hat. 40 Feuerwehrleute aus allen Ortswehren und der Malteser Katastrophenschutz sind beteiligt, neben der historischen Technik aus Rieder und Ballenstedt werden auch moderne Fahrzeuge im Einsatz gezeigt. Mit dabei ist das gemietete Hubrettungsfahrzeug, das anstelle der defekten Drehleiter genutzt wird. Es fährt seinen Arm bis zum Dach des Schlosstheaters aus. Rauch quillt aus dem Gebäude, und mit eingeschalteten Martinshörnern rollt ein Feuerwehrfahrzeug nach dem andern heran. Die Zuschauer halten sich die Ohren zu. Feuerwehrleute verlegen Schläuche, andere legen Atemmasken an und klettern über Leitern in den ersten Stock des Gebäudes. Nach einer Weile kommen sie mit einigen „Verletzten“ heraus, die zur medizinischen Versorgung gebracht werden. Im Einsatzfall werden die Mitglieder der Feuerwehr über Digitalfunk alarmiert, erklärt Waligora den Zuschauern. Über den Pieper könnten sie sehen, um welchen Einsatz es sich handelt.

80 Feuerwehrmänner einst in Rieder

Zuerst rollt die Besatzung eines so genannten LF 20 auf den Schlossplatz. „Das hat alles, was wir für den Erstangriff brauchen“, sagt der Stadtwehrleiter. Ausgerüstet ist das Löschfahrzeug unter anderem mit einer Wärmebildkamera und einem Sprungtuch. „Das ist ein himmelweiter Unterschied zur Handdruckspritze“, sagt Waligora über die Ausstattung der Wehr in heutiger Zeit.

Die von zwei Pferden gezogene Handdruckspritze aus dem Jahr 1906 gehört der Feuerwehr in Rieder. Sie wird gepflegt, „aber die Teile funktionieren nicht mehr so wie früher“, erklärt Michalk. „Eine effektive Brandbekämpfung wie heute war damals natürlich nicht möglich. So kam es zu Großfeuern.“ Selbst wenn viele bei den Löscharbeiten geholfen haben: „Es gibt noch alte Bilder, und man staunt, wie viele da im Einsatz waren“, so Michalk. „Bis zu 80 Mann waren es in Rieder.“ Von solcher personellen Besetzung ist die Stadtfeuerwehr heute weit entfernt, doch die Sicherheit ist gewährleistet. Hätte es am Mittwochabend während der Schauübung tatsächlich einen Brand gegeben, wäre zuerst die einsatzbereite Besatzung aus Rieder ausgerückt, sagt Waligora. (mz)

Glückwunsche mit einem Schlauch in Ballenstedt
Glückwunsche mit einem Schlauch in Ballenstedt
Chris Wohlfeld