Aktuelle Umfrage im Landkreis Harz Einkaufen mit Termin hilft allen ein bisschen
Seit einem Monat gibt es das sogenannte Click and Meet. Wie das System bei Händlern in der Region ankommt.
Quedlinburg/Gernrode/Thale/Ballenstedt - Spontan vom einen ins nächste Geschäft schlendern, einkaufen und dabei die Zeit aus den Augen verlieren - derzeit ist all das ohne eine vorherige Terminabsprache undenkbar. Fünf Gewerbetreibende erzählen, wie das sogenannte Click and Meet läuft.
Tim Wiesenmüller-Kune, Parfümerie Flair in Quedlinburg
Tim Wiesenmüller-Kune betreibt in der Altstadt von Quedlinburg die Parfümerie Flair. Er bietet das Einkaufen mit Termin seit März an. „Anfangs wussten die Kunden nicht, dass das Geschäft wieder geöffnet ist und wie sich das Einkaufen gestalten würde.“ Es hätten die Informationen gefehlt, so Wiesenmüller-Kune. Deshalb wurde schnell Abhilfe geschaffen. „In Quedlinburg hatten wir gemeinsam mit der Werbegemeinschaft Steinbrücke einen Stand auf der Straße aufgebaut und haben dort jeden Tag die Kunden informiert.“ Mit der jetzigen Regelung komme er gut zurecht. Sie werde auch von den Kunden gut angenommen, sagt Tim Wiesenmüller-Kune. „Natürlich ist das keine Normalität. Und natürlich sind da keine normalen Umsätze.“ Das Kaufverhalten der Menschen habe sich spürbar verändert. Geschenkartikel würden kaum nachgefragt. Daran merke er, dass weniger Familienfeiern stattfänden. Das Verkaufssegment, das jedoch am stärksten eingebrochen sei, seien jedoch die Lippenstifte, die durch das Tragen von Masken einfach nicht mehr verwendet würden.
Sonja Schulz, CS Jeans-Laden Thale
Sonja Schulz sagt, sie nutze Click and Meet als Möglichkeit, um überhaupt öffnen zu können. Das Einkaufen mit Termin werde von den Kunden sehr gut angenommen. Es sei zwar nicht so bequem, vorher anzurufen, aber die Kunden verstünden die Notwendigkeit. „Viele Kunden kommen auch spontan vorbei. Wenn im Laden gerade niemand ist, schicke ich sie nicht weg.“ Sie sei für ihre Kunden da. Und die dankten es ihr. Im Schnitt sind es jeden Tag mindestens zehn, verrät sie nach einem Blick auf die Kontaktlisten. „Ich kann mich nicht beklagen.“
Damit das Einkaufserlebnis so angenehm wie möglich ist, nimmt sich Sonja Schulz Zeit. „Es wird immer eine individuelle Beratung stattfinden. Wir rechnen pro Termin mit mindestens 45 Minuten. Das kommt aber auch individuell auf den Kunden an.“ Stephie Böhme aus Gernrode ist eigentlich nur vorbeigekommen, um geänderte Kleidung abzuholen - und probiert dann doch etwas an, das ihr gefällt. Es sind außer ihr keine Kunden im Laden. „Ich bin mit dem Einkaufen mit Termin sehr zufrieden und komme immer wieder gern“, ist ihr Fazit.
Volker Ritter, Möbelhaus Ritter in Gernrode
„Das Einkaufen mit Termin ist eine Bombenalternative zum Zumachen“, findet der Geschäftsführer des Möbelhauses Ritter in Gernrode. Die Kunden hätten das Angebot sofort angenommen. Sie seien froh, wieder ins Geschäft kommen zu können und beraten zu werden. Während der Schließung habe es zwar auch Verkäufe im Online-Shop gegeben – hauptsächlich Angebotsware. Doch ein neues Sofa müsse man sich eben vor Ort anschauen, sagt der Möbelhauschef. Die Terminvereinbarungen erfolgten fast ausschließlich telefonisch. Das Einkaufserlebnis in der 5.500 Quadratmeter großen Ausstellung sei fast dasselbe wie vor Corona. Ein Termin werde mit dem Kundenberater abgesprochen, der den Kunden am Servicetresen abhole und dann für ihn da sei. „Ein Termin dauert so lange, wie er dauert. Wenn jemand eine Küche kaufen will, dauert es eben länger. Es wird nie gesagt: Ihr Termin ist vorbei. Jetzt müssen Sie gehen. Die Kunden schätzen das.“ Volker Ritter bilanziert zu Click and Meet, es reiche, um die laufenden Kosten zu decken.
Doris Müller, Juwelierin aus Ballenstedt
Auch Doris Müller hat ihre Werkstatt für Uhren und Schmuck wieder für Kunden geöffnet. Seit über 30 Jahren betreibt sie ihr Geschäft in der Ballenstedter Innenstadt und ist dankbar für ihren treuen Kundenstamm. „Am Anfang sind die Kunden gekommen, als ob nie zu war. Jetzt ist das etwas verhaltener.“ Einfach ist die Lage für Doris Müller nicht. „Das Trauringgeschäft ist rückläufig“, sagt sie. Geheiratet werde trotzdem, wenn auch weniger. Sorge bereite ihr auch der Warenbestand. Der werde immer kleiner, denn seit über einem Jahr seien die Schmuckmessen in München und Leipzig, auf denen sie einkauft, gestrichen, ebenso die internationalen Messen. Es fehle an Nachschub und neuen Designs. Derzeit könne sie sich nur im Internet informieren. Dabei wolle sie ihren Kunden schöne, neue Sachen zeigen. Wenn sie daran denkt, wie es weitergeht, sind ihr Sorge und Unmut anzuhören. „Es ist schwerer geworden, ich muss mit weniger Umsatz leben. Wenn ich pausenlos immer wieder schließen muss, wäre das nicht gut“, sagt die Goldschmiedin. Trotz der schwierigen Situation gibt es Lichtblicke. „Meine Kunden melden mir, dass sie dankbar sind, dass ich durchhalte. Und dass sie froh sind, dass es mich gibt.“
Göran Wendler, Bergwerk Quedlinburg
„Wir haben die Öffnung über die sozialen Medien kommuniziert, und das wird auch ganz gut angenommen“, berichtet Göran Wendler, Inhaber von Bergwerk, einem Fachgeschäft für Wanderausrüstung. Für ihn lohnt sich das Einkaufen mit Termin. „Wir haben festgestellt: Die Leute, die jetzt kommen, kaufen in der Regel auch.“ Die Termine werden bei ihm ausschließlich telefonisch vereinbart, wobei ein Termin von fünf Minuten bis über eine Stunde dauern könne.
Click and Meet ist seiner Meinung nach eindeutig besser als Click and Collect, bei dem sich die Kunden die Ware bestellen und abholen konnten, ohne sie im Laden anprobieren zu können. „Einen Wanderschuh kann man zum Beispiel nicht einfach so bestellen. Dazu braucht man eine Auswahl und Beratung.“ Nachgefragt werde derzeit alles rund ums Fahrradfahren und Wandern. „Die Leute sind viel aktiver, und das merkt man. Und sie achten mehr auf Qualität.“ Göran Wendler hofft, dass das Geschäft weiter offen bleibt, damit er nicht auf der Sommerware, die er schon im vergangenen Herbst bestellt hatte, sitzen bleibt. (mz)